Details

Autor Eckstaedt, Anita
Verlag Psychosozial-Verlag
Auflage/ Erscheinungsjahr 01.2023
Format 21 × 14.8 cm
Einbandart/ Medium/ Ausstattung Paperback
Seiten/ Spieldauer 252 Seiten
Reihe Bibliothek der Psychoanalyse
ISBN 9783837932409

Zu diesem Buch

Die von vielen über Jahre begierig aufgesogene nationalsozialistische Ideologie wurde nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs vom Gros der Deutschen als derzeit offenbar nicht opportun und en vogue ausgeblendet; die mit der Gewaltherrschaft der Nazis verbundenen Greuel und Verbrechen und die eigene Scham und (Mit-)Schuld wurden - psychoanalytisch gesprochen -  verdrängt.

Eine Bearbeitung fand in der Breite nirgends statt, gegenseitig ausgestellte ´Persilscheine` reichten aus und nach einer kurzen anarchischen Phase setzte mit Gründung der alten Bundesrepublik unter Konrad Adenauer ein konservatives, restauratives, geschichtsvergessenes und nicht wirklich geläutertes Regime ein: bezüglich der verstörenden, erst jüngst erlebten Geschichte wurden das Wegschauen, das Schweigen, Verleugnen und intensives Vergessen zur (unausgesprochenen) Staatsräson ...

Während später dann im öffentlichen Raum mittels Mahn- und Gedenkmalen sowie in politischen Sonntagsreden zunehmend an die Gräueltaten der Vergangenheit erinnert wurde, gab es in den öffentlichen Diskursen, in den Schulen und Universitäten etc kein wirkliches Interesse an einer durchgreifenden Aufarbeitung der jüngsten eigenen Geschichte. Das bei den Menschen gleichwohl vorhandene, aber abgespaltete Wissen um die während des Dritten Reichs geschehenen Verbrechen konnte sich so subtil gerade auf dem Wege des von den Eltern und Großeltern eben nicht Gesagte, das Verschwiegene, über ihre diversen Seltsamkeiten und Verklemmtheiten, wirkmächtig auf ihre Kinder und auch die der nächsten Generationen übertragen.

Auch wenn mit der 68er-Generation ein Aufbegehren, der Wunsch nach Aufklärung und durchgreifender Bearbeitung der Vergangenheit lautstark eingefordert wurde und gegen den Muff - nicht nur unter den professoralen Talaren - angegangen wurde, was durchaus auch Erfolge zeitigte, litten die Kriegskinder und Folgegenerationen auch weiter unter dieser sprachlosen Tradierung des so gefühls- und schuldbelasteten Erbes, die, wie man heute feststellen muß, weiter anhält.

Das Anliegen von Anita Eckstaedt ist ganz allgemein die Wahrnehmung für verbliebene Phänomene der NS-Ideologie zu sensibilisieren, um letztlich ähnlichen Entwicklungen von Destruktivität entgegentreten zu können. Dementsprechende Anzeichen oder Einstellungen werden in ihren Zusammenhängen durch die in Analysen gewonnenen Erkenntnisse aufgezeigt. Diese Orientierung ermöglicht auch jenseits des psychoanalytischen Behandlungsraumes ein leichteres sowie frühes Erkennen solcher Gefahr.

Aus der Einleitung der Autorin

"Der Titel des vorliegenden Buches Erinnern allein reicht nicht wirft zunächst die Frage auf: Warum erinnern? Dies ist vorerst leicht zu beantworten, nämlich um nach dem Zweiten Weltkrieg verbliebene mentale Einstellungen und Verhaltensweisen als immer noch bestehende Gefahren der NS-Vergangenheit tiefer, das heißt von ihrer Motivation her wahrzunehmen. Verbote und auch Gesetze reichen nicht. Es sind die verschiedensten Anzeichen und Verhaltensweisen, welche erkannt und zutreffend eingeschätzt werden müssen, um ihnen entgegentreten zu können. Gemeint sind hier Anzeichen von Auswirkungen oder auch Eigenschaften, entsprungen aus bis heute unbearbeitet gebliebenen nationalsozialistischen Mentalitäten, die aus einer inneren Gestimmtheit, aus Kränkung,
Unzufriedenheit, Wut und Perspektivlosigkeit heraus eine Gefahr beinhalten. Maßlosigkeit, Extreme und Grenzenlosigkeit kennzeichnen alle diese letztlich destruktiven Einstellungen, die sich als Macht im zwischenmenschlichen Raum erweisen.

In meine Darstellungen sind die Erfahrungen aus meiner mehr als drei Jahrzehnte psychoanalytisch geführten Praxis eingegangen. Aus diesen Behandlungen stelle ich derartige Anzeichen als besondere Phänomene oder Episoden heraus. Doch gleichzeitig bin ich, 1935 geboren, eine Zeitzeugin, die ihre Kindheit unter dem NS-Regime verbrachte und den ganzen Zweiten Weltkrieg erlebte. (...)"

Inhalt

  • Einleitung
    Ein wacher Blick zurück für den Blick in die Zukunft
  • 1 Die »Stunde Null« und der Beginn des Schweigens
  • 2 Zerstörter Dialog
  • 3 Zerstörte Erinnerung
  • 4 Zwei konträre Schicksale jungerMänner mit ihren Nazivätern
  • 5 Schreckensbilder: Ein deutsches Flüchtlingsschicksal in der »Dritten Generation«
  • 6 Der immerwährende Traumvon der Größe – von Generation zu Generation
  • 7 Ich-syntone Objektmanipulation
  • 8 Führer, Geführte und das Feindbild
  • 10 Verwöhnung als Ausgangspunkt für »Größe«
  • Schlussbetrachtung
    Literatur

Die Autorin

Dr. Anita Eckstaedt, Diplom-Psychologin und Nervenärztin, ist Lehr- und Kontrollanalytikerin (DPV, IPV) im Ruhestand. Vor ihrer 1974 aufgenommenen Praxistätigkeit war sie über viele Jahre wissenschaftliche Mitarbeiterin an Universitätskliniken sowie fünf Jahre am Sigmund-Freud-Institut in Frankfurt am Main unter Alexander Mitscherlich. Ihre Forschungsschwerpunkte sind Diagnostik mittels des szenischen Verstehens und die Indikation zur Psychoanalyse, der Nationalsozialismus und seine transgenerationalen Folgen sowie psychoanalytische Kunstinterpretationen.

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