Wie wir wurden, was wir sind – Ehemalige Wegbegleiter, Mitarbeiter und Unterstützer

Klein, aber fein: Die Anfänge der Sigmund-Freud-Buchhandlung reichen zurück in die Mitte der 80er Jahre des vergangenen Jahrhunderts. Gründungsort war die hessische Universitätsstadt Marburg an der Lahn: Keine üblichen Buchhändler, niemand, der da einen alteingesessenen Familienbetrieb übernommen und der Buchhandlung bloß einen neuen Namen gegeben hätte.

Nein, die Motivation und leitende Idee für die Gründung einer thematisch ausgerichteten Buchhandlung und Literaturagentur war ganz dem inhaltlichen Interesse an den Literaturen der Psychoanalyse und Kulturwissenschaften einerseits sowie der Beobachtung geschuldet, daß es bis dato eine dezidiert und kompetent aufgestellte Spezialbuchhandlung in diesem Bereich nicht gab.

So etwas wie der Spiritus Rector in dieser Gründungsphase war dabei ein stückweit auch Manfred Pohlen, Professor für Medizin an der Universität Marburg, indem dieser einen seiner Studenten und Zivildienstler in dessen Überlegungen bestärkte, im Feld der psychoanalytischen Literatur und Publizistik seine Kompetenzen einzusetzen und Glück und Befriedigung bei dieser Arbeit zu suchen („Sie als Analytiker würden sich hinter der Couch doch nur langweilen oder die Patienten in Aufruhr versetzen …“).

Die sich über einige Jahre hinziehende Gründungs- und Aufbauphase wurde ermöglicht und unterstützt durch die freie Mitarbeit hoch talentierter Studenten, die ihr unterschiedliches Wissen und ihre jeweiligen Kompetenzen parallel zu ihrem Studium in das Projekt einer leistungsfähigen Zentralbuchhandlung für die Literaturen der Psychoanalyse einbrachten. Nach dem Umzug der SFB im Jahr 2000 nach Frankfurt am Main erweiterte und professionalisierte sich der Kreis der (freien) SFB-Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Manfred Pohlen

Prof. Manfred Pohlen, Marburg, Bild: privat / Uni MR
Prof. Manfred Pohlen, Marburg, Bild: privat / Uni MR

Manfred Pohlen, Jahrgang 1930, umfassend humanistisch gebildet, Arzt, Psychoanalytiker, begnadeter Diagnostiker und Lehrer einer der (Selbst-)Aufklärung verpflichteten, nicht weichgespülten Psychoanalyse, war mit impulsgebend für die Entwicklung und Ausformung der Idee für eine derart spezielle Buchhandlung. Einen Eindruck über sein Lebenswerk vermittelt ein Beitrag von Margarethe Bautz-Holzherr, einer langjägrigen Mitarbeiterin Pohlens, in einem Beitrag für das Onlineportal der Universität Marburg anläßlich des 7o. Geburtstages Pohlens:

(…) Erkenntnisinteresse zeichnet seine ganze klinische Forschungstätigkeit aus: die Entwicklung einer psychotherapeutischen Kommunikations- und Einflusstheorie als Basistheorem für eine fundierte klinische Praxis – entgegen den theorielosen, ekklektizistischen Konzepten in der medizinischen Psychotherapie.

Die Selbstaufklärung des wissenschaftlichen Korpus und der Konvention der Psychoanalyse im Zusammenhang der Analyse des westlichen Aufklärungsdiskurses und seiner konstitutiven Bedingungen und die Neuschöpfung psychodynamischer Theorie und Praxis sind als wissenschaftliche und klinische Hauptwerke in umfassenden Monographien dokumentiert.

Pohlen verstand sich als Psychoanalytiker immer auch als Diagnostiker der Kultur. Auch wenn die psychodynamische Therapie Grundthema seiner Forschung war, so war sein klinisches Denken und Handeln nicht ohne die kritische Reflexion der sozialen Pathologien des modernen Menschen denkbar. In ideologiekritischen Studien analysierte er die Zurichtung des Menschen durch die herrschende Rationalität der Lebenswelt, ihre Befriedung in Sozialagenturen durch gesellschaftskonforme Glücksversprechen in Selbstverwirklichungsidealen. In einer subtilen Analytik der Macht untersuchte er die psychotherapeutische Beziehung. Nicht zuletzt lieferte er eine aufsehenerregende psychohistorische Analyse der Genealogie des Faschismus. Die Aufklärung der dialektischen Antagonismen in seinen intellektuellen Zeit- und Kulturdiagnosen nimmt die eigene Disziplin nicht aus, die er mit den fachimmanenten Erkenntnismitteln analysierte, deren wissenschaftstheoretischen Standort er bestimmte und auf deren Fragen an Psychotherapie als Wissenschaft er Antworten gab, die neue erkenntnistheoretische Dimensionen für die Psychotherapie erschlossen. (…)

Der Lehrer und Therapeut: Der Horizont dieses forscherischen Geistes übte eine besondere intellektuelle Faszination auf alle aus, die Pohlen hörten, Mitarbeiter wie Studenten. Das kritische Element seines unabhängigen Denkens, der Blick aufs Entlegene in der Suche nach dem Unabgegriffenen waren Wohltat und Ermutigung, Chancen für neue Gedanken. Und die Erfahrung seiner spontan-überraschenden Einfälle im Denken, das den Funken immer von der Klinik in die Theorie und von der Theorie in die Praxis springen ließ, hat ein Denken sichtbar gemacht, das seine Bodenhaftung nie verliert: Manfred Pohlen war ein Lehrer des leibhaftigen Denkens. Seine Absage ans herrschende Unwesen konformistischer Wissenschaftsgläubigkeit und das Vorbild seines Denkens aus dem Widerspruchsgeist, das den normativen Gehalt jeder Praxis hinterfragte, war eine Schule der Wahrnehmung."

— Margarethe Bautz-Holzherr, aus einer Würdigung der Universität Marburg anläßlich Pohlens 70. Geburtstag

Jörg Volbers

Jörg Volbers, Jahrgang 1975, inzwischen promovierter Philosoph, Dozent am Institut für Philosophie der FU Berlin und aktuell dort mit einem DFG-Projekt „Kritik als Praxis der Erfahrung“ angesiedelt. Die Schwerpunkte seiner Forschungsarbeit und Lehrtätigkeit liegen in den Bereichen Sprachphilosophie, Pragmatismus und Poststrukturalismus. Jörg Volbers ist Verfasser und Mitherausgeber verschiedener Werke, u. a. „Selbsterkenntnis und Lebensform“ (transcript, 2009, vergriffen).

Jörg Volbers - der Viel-Leser und ein Multitalent: Neben seiner Leidenschaft für das Lesen und die Philosophie - Wittgenstein, Heidegger, Foucault, Bordieu u. a. – ist Jörg Volbers ein herausragender Programmierer und Tüftler. Seine Liebe zu Büchern brachte ihn schon in Marburg in Kontakt mit der Sigmund-Freud-Buchhandlung, wo er bald mit Vorbereitungen für die Programmierung einer multifunktionalen Hausdatenbank begann, welche nach dem Umzug der SFB nach Frankfurt am Main in Betrieb ging, kontinuierlich aktualisiert und ergänzt wurde - und bis heute im Einsatz ist. Jörg Volbers unterstützte die SFB darüber hinaus in sprachlichen Belangen und war auch bei diversen Büchertischen mit dabei.

Frank Schubert

Frank Schubert, Jahrgang 1975: auch er wurde inzwischen zum Dr. rer nat. promoviert, dies an der Universität Bern, wo er am Erziehungswissenschaftlichen Institut Mitarbeiter und Lehrbeauftragter war. Frank Schubert kommt aus Leipzig und ging nach dem Abi – und bald nach der Wende – nach Mannheim, wo er bei Brockhaus eine Ausbildung zum Verlagskaufmann absolvierte. Nach seiner Lehre zog es ihn für ein Studium ebenfalls nach Marburg, wo er zur SFB stieß. Gleichfalls ein Mulitalent in Sachen Organisation, Betriebswirtschaft, Buchhaltung und Netzwerkadministration, war Frank Schubert über Jahre hinweg parallel zu seinem Studium ganz maßgeblich am Aufbau der grundhaften Organisations- und Verwaltungsstrukturen der SFB beteiligt und auch bei vielen Tagungsbüchertischen mit dabei. Nach seiner Zeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Bern ging er 2012 als leitender Mitarbeiter zum Edgenössischen Bundesamt für Statistik der Schweiz in Neuchâtel. Seit 2016 pendelt Frank Schubert zwischen seiner neuen und der alten Heimat, um den Generationswechsel bei dem väterlichen Fachbuch-Verlag in Leipzig vorzubereiten.

Heidemarie Fehlhaber

Heidemarie Fehlhaber ist freie Übersetzerin, u. a. zahlreicher auch psychoanalytischer Bücher und Zeitschriftenartikel, sie arbeitet als Lektorin und war lange Jahre auch Mitarbeiterin der Redaktion der Zeitschrift Psyche. In 2002 kam Heidemarie Fehlhaber als freie wissenschaftliche Mitarbeiterin zur SFB, wo sie an den Bibliografien der Hausdatenbank und insbesondere als Redakteurin und Lektorin bei der Herausgabe der von der SFB edierten Printausgaben des Index Psychoanalyse arbeitete. Heidemarie Fehlhaber hatte zudem die Federführung bei den Lektoratsarbeiten für die meisten der in der Verlagsabteilung der Sigmund-Freud-Buchhandlung, der edition déjá-vu, erschienenen und von der Kritik jeweils von den Inhalten und der Buchgestaltung her gelobten Bücher.

Dirk Franke

Dirk Franke, Jahrgang 1968, studierter evangelischer Theologe, (Dipl.-Theol.), kam 2004 aufgrund seiner Bewerbung als Allrounder und freier Mitarbeiter zur SFB und arbeitete in Frankfurt an der Dateneingabe in die Hausbibliografie und später dann schwerpunktmäßig im Versand. Auch er war bei zahlreichen Büchertischen der SFB mit vor Ort.

Bei der logistischen Bewältigung des Komplettumzuges der SFB von Frankfurt in die Rhön (2008) leistete Dirk Franke einen ganz wesentlichen Beitrag für den reibungslosen Ablauf und guten Transfer des großen Titelbestandes von Frankfurt an das neue Vertriebslager in Oberweid. Heute betreibt Dirk Franke ein eigenes Online-Antiquartiat in Frankfurt am Main.

Felix Meyer zum Wischen

Felix Meyer zum Wischen, Jahrgang 1986, stieß 2005 zur SFB: Soeben sein Abi, den Führerschein und die Zusage zu einem Studienplatz in Frankfurt in der Tasche, gab Felix Meyer zum Wischen seinen perfekten Einstand, indem er für einen bei der SFB gebuchten Büchertische in Köln einsprang und die Sache ganz allein und mit Bravour bewältigte. Das war wirklich eine Steilvorlage für den aktiven Fußballer, Studenten der Philosophie und Religionswissenschaften und begeisterten und talentierten (Hobby-)Schauspieler. Felix arbeitete fortan nebenher mit Akribie an verschiedenen SFB-Projekten und war über den erfolgreichen Studienabschluß hinaus bis 2015 bei zahlreichen SFB-Büchertischen mit dabei. Felix Meyer zum Wischen plant seine Promotion im Fach Philosophie und arbeitet derzeit bei einer Frankfurter Anwaltssozietät.

Matthias Schreiber

… Seit vielen Jahren wird die Sigmund-Freud-Buchhandlung in Sachen Anzeigen- / Newsletter-Design und dem Internetshop unterstützt von Matthias Schreiber, der 2004 – noch als Student an der Hochschule für Gestaltung in Mainz – als freier Mitarbeiter gewonnen werden konnte und der sich bis heute maßgeblich für den Auf- und Ausbau der SFB als Internetbuchhandlung und im Bereich Anzeigen- und Newslettergestaltung engagiert.

Nach einer Lehrtätigkeit an dieser Hochschule führt Matthias Schreiber inzwischen eine eigene Designagentur in Berlin (https://designyourownlife.de/). Herr Schreiber kreiert u. a. auch passgenaue, informative und ansprechende Internetseiten für Psychoanalytikerinnen und Psychoanalytiker – Sie können gerne bei ihm ein Angebot einholen – und er war es auch, der den Kontakt zu den Machern des SFB-Internetauftritts vermittelte.

Christian Kellner

Nicht unerwähnt bleiben soll an dieser Stelle Christian Kellner aus Stuttgart; auch hier reicht der Draht zurück bis zu den Marburger Anfängen der Sigmund-Freud-Buchhandlung. Christian Kellner studierte an der Hochschule für Gestaltung Schwäbisch Gmünd, schloß sein Studium des Designs und Produktdesign mit Auszeichnung ab und gründete unmittelbar nach Abschluß der Ausbildung zusammen mit zwei Kollegen die in Stuttgart ansässige Firma reform-design (https://www.reform-design.de/), die heute zu den Exzellentanbietern in dieser Sparte zählt.

Für die SFB gestaltete Christian Keller die meisten der in der SFB-Verlagsabteilung erschienenen Bücher und Bucheinbände.