Details

Autor Winnicott, Donald W.
Verlag Psychosozial-Verlag
Auflage/ Erscheinungsjahr 05.2020
Format 21 × 14,8 cm
Einbandart/ Medium/ Ausstattung Paperback
Seiten/ Spieldauer 378 Seiten
Gewicht 561
Reihe Bibliothek der Psychoanalyse
ISBN 9783837929836

Zu diesem Buch

Die in diesem Band veröffentlichten Abhandlungen Winnicotts über Psychoanalyse und Entwicklung des Kindes basieren auf der Freudschen Erkenntnis, daß psychische Störungen und Fehlentwicklungen in der frühen Kindheit beruhen. Winnicott kann jedoch darüber hinaus in Anlehnung an Melanie Klein zeigen, daß nicht alle Störungen im klassischen Ödipuskomplex wurzeln, sondern oft weit tiefer in die Kindheit zurück reichen. Winnicott schreibt dazu: »Das anfänglich entstehende Ich ist zunächst fast absolut abhängig vom stützenden Ich der Mutterfigur und von der sorgfältig abgestuften Verweigerung ihrer Anpassung. Dies ist ein Teil dessen, was ich als ›ausreichend gutes Bemuttern‹ bezeichnet habe; auf diese Weise nimmt die Umwelt ihren Platz unter den anderen wesentlichen Zügen der Abhängigkeit ein, in der sich der Säugling entwickelt und in der er primitive psychische Mechanismen einsetzt.«

Winnicott gehört zweifellos zu den charismatischen Gestalten der Psychoanalyse. Er hat wesentlich dazu beigetragen, dass sich die psychoanalytische Perspektive auf die frühkindlichen (präödipalen) Störungen erweitert hat und die frühe Mutter-Kind-Beziehung als emotionale Grundlage der menschlichen Entwicklung anerkannt wurde. Ohne zu übertreiben, kann man sagen, dass Winnicotts Beitrag die Psychoanalyse revolutioniert hat.

Der Band enthält die Entfaltung und Begründung psychoanalytischer Begriffe, Konstrukte und Gedanken, die inzwischen zum Grundvokabular der Psychoanalytikerinnen und Psychoanalytiker gehören: »Die Fähigkeit zum Alleinsein«, »Die Rolle der mütterlichen Fürsorge«, »Die Entwicklung der Fähigkeit zur Besorgnis« und »Das wahre und das falsche Selbst«.

Aus der Einführung des Autors

"Hauptthema dieser gesammelten Schriften ist die Zurückführung der Anwendung Freudscher Theorien auf die frühe Kindheit. Freud hat uns gezeigt, daß die Psychoneurose ihren Ursprung in den interpersonalen Beziehungen zur Zeit der ersten Reife hat, die dem Kleinkindalter zugehört. Ich habe bei der Erforschung des Gedankens, nach dem die zur Hospitalisierung führenden psychischen Störungen mit Entwicklungsausfällen im Säuglingsalter zu tun haben, eine Rolle gespielt. Schizophrenie erscheint so als das Negativ von Prozessen, die sich bis ins einzelne im Säuglings- und Kleinkindalter des Individuums als positive Reifungsprozesse aufspüren lassen. Die Abhängigkeit in der frühen Kindheit ist eine Tatsache, und ich habe in diesen Arbeiten versucht, die Abhängigkeit in die Theorie von der Entwicklung der Persönlichkeit ganz mit hineinzunehmen.

Ich-Psychologie ist nur sinnvoll, wenn sie fest auf der Tatsache der Abhängigkeit ruht; sie muß sich sowohl auf die Erforschung der frühen Kindheit als auch auf die Erforschung primitiver psychischer Mechanismen und Prozesse stützen. Das anfänglich entstehende Ich ist zunächst fast absolut abhängig vom stützenden Ich der Mutterfigur und von der sorgfältig abgestuften Verweigerung ihrer Anpassung. Dies ist ein Teil dessen, was ich als »ausreichend gutes Bemuttern« bezeichnet habe; auf diese Weise nimmt die Umwelt ihren Platz unter den anderen wesentlichen Zügen der Abhängigkeit ein, in der sich der Säugling entwickelt und in der er primitive psychische Mechanismen einsetzt. Ein Aspekt der durch ein Versagen der Umwelt hervorgerufenen Störung der Ich-Entwicklung besteht in der Dissoziation, die beim »Borderline-Fall« in Form des wahren und des falschen Selbst auftritt. Ich habe dieses Thema auf meine Weise entwickelt und diese Dissoziation einmal bei Gesunden und im »gesunden Leben« betrachtet (wo das »private« Selbst für Intimsituationen reserviert, das »öffentliche« Selbst den Notwendigkeiten des gesellschaftlichen Umgangs angepaßt ist), habe aber auch die »kranke« Ausprägung des gleichen Zustands untersucht. Im Extremfall der Krankheit sehe ich das wahre Selbst als ein Potential, das vom fügsamen falschen Selbst verborgen und verwahrt wird. Dieses letztere ist dann eine Abwehrorganisation, gegründet auf die verschiedenen Funktionen des Ich-Apparats und auf Selbstschonungstechniken. Dies hängt mit dem Konzept vom beobachtenden Ich zusammen (...)"

Inhalt

Einführung

Teil I: Abhandlung über die Entwicklung

  • 1. Psychoanalyse und Schuldgefühl
  • 2. Die Fähigkeit zum Alleinsein
  • 3. Die Theorie von der Beziehung zwischen Mutter und Kind
  • 4. Ich-Integration in der Entwicklung des Kindes
  • 5. Versorgung des Kindes in Gesundheit und Krise
  • 6. Die Entwicklung der Fähigkeit der Besorgnis (Concern)
  • 7. Von der Abhängigkeit zur Unabhängigkeit in der Entwicklung des Individuums
  • 8. Moral und Erziehung

Teil II: Theorie und Technik

  • 9. Über den Beitrag direkter Beobachtung von Kindern zur Psychoanalyse
  • 10. Kinderanalyse in der Latenzperiode
  • 11. Klassifikation: Gibt es einen psychoanalytischen Beitrag zur psychiatrischen Klassifikation?
  • 12. Ich-Verzerrung in Form des wahren und des falschen Selbst
  • 13. Bindfaden: Eine Technik der Kommunikation
  • 14. Gegenübertragung
  • 15. Die Ziele der Psychoanalytischen Behandlung
  • 16. Eine persönliche Ansicht zum Beitrag Melanie Kleins
  • 17. Die Frage des Mitteilens und des Nicht-Mitteilens führt zu einer Untersuchung gewisser Gegensätze
  • 18. Die Ausbildung in der Kinderpsychiatrie
  • 19. Die Psychotherapie von Charakterstörungen
  • 20. Die psychisch Kranken unter den Fällen der Sozialarbeiter
  • 21. Störungen aus dem Bereich der Psychiatrie, bezogen auf infantile Reifungsprozesse
  • 22. Klinikpflege als Zusatz zur intensiven Psychotherapie in der Adoleszenz
  • 23. Abhängigkeit in der Säuglingspflege, in der Kinderpflege und im psychoanalytischen Milieu

Bibliographie I / Bibliographie II /Bibliographie III
Namen- und Sachregister

Der Autor

D. W. Winnicott kam unter dem Einfluss Melanie Kleins von der Pädiatrie zur Psychoanalyse. Er zählt neben Anna Freud, Melanie Klein und den Vertretern der Pariser Schule (Serge Lebovici und René Diatkine) zu den bedeutendsten Kinderanalytikern unserer Zeit.

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