Details

Autor Renz, Ursula
Verlag Klostermann, Vittorio
Auflage/ Erscheinungsjahr um ein Nachwort erweiterte Auflage 2020; 09.2020
Format 21,5 × 14 cm
Einbandart/ Medium/ Ausstattung Paperback
Seiten/ Spieldauer 372 Seiten
Gewicht 464
Reihe Klostermann Rote Reihe
ISBN 9783465045335

Zu diesem Buch

Hinter Spinozas Ethik steht eine ebenso simple wie programmatische Überzeugung: Subjektive Erfahrung ist erklärbar, und ihre gelungene Erklärung ist von ethischer Relevanz. Denn sie macht uns klüger, freier und glücklicher. Dies ist die programmatische Überzeugung, die hinter Spinozas Ethik steht und zahlreiche der darin vorgebrachten Thesen motiviert.

Ursula Renz zeigt, welche eine Theorie des menschlichen Geistes diesem Programm zugrunde liegt. Als entscheidender Schachzug erweist sich die in der Architektur der Ethik angelegte systematische Unterscheidung von Theorieteilen: Auf einen Theorieteil, der sich mit Fragen der Ontologie des Mentalen befasst, folgt mit der Definition des menschlichen Geistes eine Art Subjekttheorie, welche wiederum von einem mit der Konstitution von Inhalten befassten Theorieteil getrennt ist. Dieser Aufbau macht es möglich, verschiedene bei der Erklärung von Erfahrung auftauchende Probleme getrennt zu behandeln. Im Endeffekt gelingt es Spinoza, sowohl Reduktionismen als auch Skeptizismen bereits im Ansatz zu vermeiden. So werden zwei Intuitionen zusammen geführt, die oft für unvereinbar gehalten werden: einerseits die Auffassung, dass Erfahrung etwas irreduzibel Subjektives sei, andererseits die Annahme, dass es bessere und schlechtere Erklärungen von Erfahrungen gibt.

Aus dem Inhalt

EINLEITUNG: Die Erklärbarkeit von Erfahrung

  • a) Vorrang und Rechtfertigung eines realistischen Rationalismus
  • b) Die verschiedenen Ebenen von Spinozas Theorie des menschlichen Geistes
  • c) Wissensgrundlagen: Zur Struktur des zweiten Buchs der Ethica
  • d) Methode: Der argumentative Anspruch hinter dem mos geometricus
  • e) Zum Aufbau der Arbeit

TEIL I
RAHMENBEDINGUNGEN: SYSTEMATISCHE VORGABEN DER ETHICA

KAPITEL 1: Die Dissoziation von Substanzbegriff und Subjekttheorie
KAPITEL 2: Die Metaphysik-Konzeption von de Deo und ihre Implikationen

  • a) Der Anspruch von de Deo: Metaphysik als allgemeine Ontologie
  • b) Substanzmonismus als Verpflichtung auf einen Realismus
  • c) Zur kategorialen Differenz von Substanz und Modus
  • d) Der metatheoretische Anspruch von Spinozas Nezessitarismus und seine Implikationen für die Kausalitätstheorie
  • e) Was es heißt, dass Menschen bzw. der menschliche Geist Modi sind

KAPITEL 3: Der Begriff des Individuums und seine Reichweite

  • a) Definition: Wann ist etwas ein Individuum?
  • b) Physik und Metaphysik: Welche Arten von Seiendem sind Individuen?
  • c) Staaten und Geister: Eigentliche und uneigentliche Individuen

TEIL II
DIE ONTOLOGIE DES MENTALEN: ZUR BEZIEHUNG ZWISCHEN SEIN UND DENKEN

KAPITEL 1: Der Primat der Metaphysik vor der Theorie des Geistes
KAPITEL 2: Der Ideenbegriff und seine Logik

  • a) Ideen als Konzepte des Geistes: Die Definition von idea im Kontext
  • b) Repräsentationsgehalt und Erkenntniswert: Das Problem der Inhalte von Ideen bei Spinoza
  • c) Spinozas epistemischer Determinismus: Die Zurückweisung der Spontaneität von Fiktionen

KAPITEL 3: Zur Rechtfertigung des realistischen Rationalismus

  • a) Denken als Attribut: Zur Realität des Mentalen
  • b) Die Annahme einer idea Dei: Erkennbarkeit als Eigenschaft des Seienden
  • c) Notwendigkeit, Unendlichkeit, Einzigkeit: Von der Erkennbarkeitsthese zum Erkenntnisbegriff

KAPITEL 4: Körper und Geist: Der Anspruch von Spinozas Identitätstheorie
TEIL III
SUBJEKTTHEORIE: DIE KONZEPTION DES MENSCHLICHEN GEISTES UND IHRE VORAUSSETZUNGEN

KAPITEL 1: Das Problem der numerischen Differenz von Subjekten
KAPITEL 2: Endlichkeit oder die bedingte Erkennbarkeit von Einzeldingen

  • a) Dauernde Ideen von dauernden Dingen: Die Kenntnis der Existenz von Einzeldingen und ihr empirischer Ursprung
  • b) Die Erkennbarkeit von Ereignissen oder die Notwendigkeit eines view from somewhere

KAPITEL 3: Die Definition der mens humana in ihrer Herleitung

  • a) Das aktuale Sein des Geistes: Der Geist ist Wissen und nicht Träger von Wissen
  • b) Die Inhalte des Geistes: Holismus und Adäquatheit oder der menschliche Geist als Teil des infiniten Intellekts
  • c) Die Funktion des Geistes: Die epistemische Voraussetzung der Wahrnehmung von Affektionen
  • d) Die Unübertragbarkeit des Geistes: Die unverwechselbare realitas objectiva unseres Selbstwissens

KAPITEL 4: Panpsychismus oder die Frage: Was ist Subjekt von Erfahrung?
ZWISCHENBETRACHTUNG: Die Funktion der Physik für die Philosophie
TEIL IV
PSYCHOLOGIE UND ERKENNTNISTHEORIE: KONSTITUTION, ERLEBNISQUALITÄT UND ERKENNTNISWERT VON INHALT

KAPITEL 1: Die Konstitution von mentalem Gehalt in der imaginatio

  • a) Intension und Extension von Spinozas Begriff der imaginatio und ihre Implikationen
  • b) Synthesis ohne Spontaneität: Zur Wahrnehmung der Affektionen des eigenen Körpers und ihrer Implikationen
  • c) Übergänge zwischen Psychologie und Semantik: Assoziationen und andere genetische Kontingenzen

KAPITEL 2: Emotionen oder Erklärbarkeit von Erlebnisqualitäten

  • a) Zur Ontologie der Affekte: Was Emotionen sind und warum wir sie haben
  • b) Affekte und ihre Geschichten: Die genetische Rekonstruktion der Sekundäraffekte und ihre Prinzipien

KAPITEL 3: Erkenntnistheorie: Die Möglichkeit gelungener Erklärungen

  • a) Wahrheit, Adäquatheit und das Spektrum inadäquaten Erkennens: Begriffliche Grundlagen von Spinozas epistemischem Perfektionismus
  • b) Die Möglichkeit von Selbstreflexion: Die Konzeption der idea ideae und ihre Implikationen
  • c) Das Funktionsprinzip der notiones communes und die Begründung der Möglichkeit eines allgemeinen Wissens vom Menschen
  • d) Der Abschluss des realistischen Rationalismus oder der Begriff der intuitiven Erkenntnis
  • e) Was Erklärungen von subjektiven Erfahrungen sind und was sie voraussetzen

SCHLUSS: Gelungene Erklärung von Erfahrung und praktische Philosophie

Literaturverzeichnis / Personenregister / Sachregister / Verzeichnis der Lehrsätze

NACHWORT ZUR ZWEITEN AUFLAGE
Auswahlbibliografie zur jüngeren Spinoza-Literatur

Stimmen zu diesem Buch

"Ursula Renz setzt mit ihrer ebenso scharfsinnigen wie kenntnisreichen Argumentation Maßstäbe für die Auseinandersetzung mit Spinozas Ethik."

Johannes Haag, in: Deutsche Zeitschrift für Philosophie

"Wie kaum eine andere Untersuchung bietet die subtile Studie nicht nur erhellende Interpretationsvorschläge für notorische dunkle Passagen der Ethik, sondern wirft einen neuen Blick auf das gesamte Buch."

Dominik Perler, in: Archiv für Geschichte der Philosophie

Die Autorin

Ursula Renz ist seit 2009 Professorin für Philosophie an der Universität Klagenfurt. Ihre wichtigsten Punlikationen sind Die Rationalität der Kultur (2002), Die Erklärbarkeit von Erfahrung (2010, engl. 2018) und – als Herausgeberin – Self-Knowledge. A History (2017).

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