Details

Autor Schmid, Rafaela
Verlag Velbrück
Auflage/ Erscheinungsjahr 1. Aufl. 07.2022
Format 22,2 × 14 cm
Einbandart/ Medium/ Ausstattung Paperback
ISBN 9783958322950

Zum Inhalt

Vor allem im Zuge der Kriegskinderforschung wird die Abwesenheit des biologischen Vaters und das Aufwachsen nur bei der biologischen Mutter als problematisch für die (psychische) Entwicklung von Kindern postuliert. Begründet wird dies explizit – sowie implizit – in Anlehnung an psychoanalytische Konzepte, beispielsweise der Triangulierung und des Ödipuskomplexes. Dabei findet nicht nur eine Verwechslung bzw. Vermischung der symbolischen Ebene psychoanalytischer Theorie mit der Ebene tatsächlich gelebter Beziehungen statt, sondern es werden auch patriarchale Strukturen deutlich, die den Diskurs um ›Vaterlosigkeit‹ bestimmen.
Rafaela Schmid nähert sich dieser Problematik exemplarisch anhand hermeneutischer Lektüre und Interpretation des Fachdiskurses über sogenannte ›Besatzungskinder‹. Dabei arbeitet sie eine dominante und einseitige Erzählung über deren ›Vaterlosigkeit‹ heraus, die von einer Zentrierung auf den biologischen Vater bestimmt ist und auf Psychologisierungen und einem alltagspsychologischen Verständnis psychoanalytischer Theoreme fußt. In dieser dominanten Erzählung wird einer patriarchalen Logik folgend ein ›Heilsversprechen‹ dem (abwesenden) biologischen Vater überantwortet, was zeitgleich mit der Abwertung der Erziehungsleistung der Mutter einhergeht.
Anhand gründlicher Auseinandersetzung mit der Stellung des Vaters in der Theorie Freuds – vor allem in der Konzeption des Ödipuskomplexes – kann Schmid die im ›Vaterlosigkeitsdiskurs‹ über ›Besatzungskinder‹ enthaltenen Verkürzungen psychoanalytischer Konzepte nicht nur sichtbar machen, sondern sie vermag auch mit Hilfe der freudschen Theorie eine Dezentrierung des biologischen Vaters vorzunehmen. Ebenso besteht mit Freud die Möglichkeit, das im Mainstream des Fachdiskurses über ›Besatzungskinder‹ unbegründet aufgeworfene Identitätsverständnis, welches eine ›einheitliche‹ und ›vollständige‹ Identität an die Kenntnis des biologischen Vaters knüpft, sowie das damit einhergehende ›Vollständigkeitspostulat‹ infrage zu stellen.

Über den/die Autoren

Rafaela Schmid ist Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Professur für Historische Bildungsforschung mit dem Schwerpunkt Gender History der Universität zu Köln. Sie studierte Soziale Arbeit in Wiesbaden und Erziehungswissenschaft in Köln, wo sie 2021 promoviert wurde. Zwischen 2015 und 2018 war sie wissenschaftliche Mitarbeiterin im von der DFG geförderten Projekt ›Besatzungskinder‹ in Nachkriegsdeutschland. Bildungs und Differenzerfahrungen.

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