Details

Autor Glaser, Hermann
Verlag Hanser Berlin
Auflage/ Erscheinungsjahr EA, 1976
Einbandart/ Medium/ Ausstattung gebunden mit Schutzumschlag
Seiten/ Spieldauer 512 Seiten
SFB Artikelnummer (SFB_ID) SFB-006182_MA

Zu diesem Buch

»Dieses Buch erzählt von einem großen Mann und einer armen Zeit; von einem armen Mann in einer Zeit, die in vielem groß war, der aber dann, als sie sich selbst groß wähnte, alles in Scherben zerfiel; es erzählt, wie diese Zeit sich als die Zeit des großen Mannes erwies, und der Mann als Mann der armen Zeit.«

So beginnt Hermann Glaser sein materialreiches Buch über Freud und das 20. Jahrhundert, über die Psychoanalyse und die Möglichkeiten psychoanalytischer Soziologie. Ausgehend von den kulturphilosophischen und gesellschaftskritischen Schriften Freuds wird die »Seele« des Zeitalters beschrieben, wie sie sich in den politischen, sozialen und kulturellen Bewegungen um die Jahrhundertwende bis zum Zweiten Weltkrieg manifestiert - und wie sie Freuds Theorie selber bestimmte: er war ein Bürger dieser Zeit; er deutete seine Zeit als Bürger.

Auf der Couch der Psychoanalyse wurde nicht nur der einzelne analysiert, sondern auch die Gesellschaft, die nach Freud nichts anderes ist als ein »umfangreicher Mensch«. Von der »>Kulturellen< Sexualmoral und die moderne Nervosität« (1908) bis zum »Unbehagen in der Kultur« und zu der Frage »Warum Krieg?« (1933) wird der Weg des Freudschen Denkens nachgezeichnet, das bis heute seine moralische und intellektuelle Kraft nicht verloren hat. Aber Hermann Glaser beläßt es nicht dabei, die individualpsychologisch erarbeiteten Kategorien auf die Sozialpsychologie zu projizieren. Er behält stets die gesellschaftliche und politische Praxis der Gegenwart im Auge, die den Erkenntniswert der Freudschen Traktate erst in Ansätzen zur Kenntnis genommen hat.

So ist sein Buch auch im Hinblick auf das letzte Drittel dieses Jahrhunderts geschrieben und denen empfohlen, die es in der Hand haben oder in die Hand nehmen wollen, den gesellschaftlichen Prozeß in einen menschlichen zurückzuführen.

Aus dem Inhalt

Einleitung

  • Psychoanalyse und politische Psychologie. Sigmund Freud und seine Zeit
  • Zur Methode: Assoziative Hermeneutik oder Warum die Welt so läuft, wie sie läuft
  • Zum Problem: Psychoanalyse, politische Psychologie, psychoanalytische Soziologie oder Begründung für die Übertragung Freudscher Kategorien auf die Gesellschaftskritik
  • Zur Person: Ein Heldenleben oder Leben und Denken eines jüdischen Revolutionärs

Die >Kulturelle< Sexualmoral und die moderne Nervosität

  • Pubertät. Die Welt im Zwielicht
  • Die Amerikanisierung des Lebens
  • Nervöse Charaktere
  • Das Geld und die Transzendenz
  • Neurasthenie als Folge unbewältigter Triebkonflikte
  • Die sexuelle Obsession der Zeit
  • Bürgerliche Fluchtbewegungen. Das Wohnzimmer
  • Heimatkunst
  • Die Salonmalerei. Fidus
  • Jugend in Wien
  • Progenitive Moral und Gründerzeitelan
  • Ventilsitten. Psychologie des Seitensprungs 
  • Bürgerträume um die Jahrhundertwende
  • Zote und Pornographie
  • Prostitution
  • Boheme und Dandyismus
  • Einsame Menschen
  • Die Sexualnot der Jugend
  • Das Kind als »Delegierter« der Eltern
  • Der Jugendstil 
  • Die Jugendbewegung 
  • Die Geburt der Stärke aus dem Geiste der Schwäche
  • Freuds Biedermeierglück
  • Ecce homo. Der Tod des Neurasthenikers

Zeitgemäßes über Krieg und Tod

  • Waffengang. Die vorletzten Tage der Menschheit 
  • Das Ende aller Sicherheit
  • Todesferne - Die Krankheit zum Tode
  • Wahnwitz als Lebensmusik 
  • Regressiver Triumph 
  • Die »Ideen von 1914« 
  • Die dreifache Enttäuschung des Sigmund Freud 
  • Das tiefe Verlangen nach dem Furchtbaren 
  • Ausblutungsstrategie 
  • Aktion Vatermord 
  • Brief an den Vater. Keine Antwort 
  • Von der vaterlosen Gesellschaft zur Brudergesellschaft

Massenpsychologie und Ich-Analyse

  • Am Scheideweg. Das Individuum und seine Gefährdung 
  • Das Ringen um Lebensordnung im Zeitalter der Massen 
  • Die Weimarer Republik: Rekonstruktion von Individualismus angesichts sich formierender Massen 
  • Der methodische Bruch in Freuds Massenpsychologie 
  • Es ist der einzelne, der die Zukunft trägt 
  • Die Großartigkeit von Gebärde und Pose 
  • Die Zwanziger Jahre als kulturelles Kaleidoskop 
  • Sturz und Schrei 
  • Wozzeck und Steppenwolf 
  • Der Untergang des Abendlandes 
  • Aufruf und Empörung. Arbeiterseele 
  • Die Mystifikation des Arbeiters 
  • Topoi antidemokratischen Denkens 
  • Liebe den Menschen 
  • Der böse häßliche Mensch 
  • Masse als Regression 
  • Ethische Massen 
  • Identifizierung, Herdentrieb, Urhorde 
  • Wendepunkt

Das Unbehagen in der Kultur

  • Euphorie. Der Normaltag geht zu Ende 
  • Kleiner Mann - was nun? 
  • Die Welt der Angestellten 
  • Ramponiert, aber zurechtgebogen
  • Die Zukunft einer Illusion 
  • Die verordneten Träume 
  • Die kleinen Ladenmädchen gehen ins Kino 
  • Der milde, berauschende Empfindungscharakter der Schönheit
  • Herz auf Taille. Im Elfenbeinturm 
  • Der Geist als Widersacher der Seele 
  • Der Rationalist der Irrationalisten 
  • Homo homini lupus
  • Von Spießern, Kleinbürgern und Kleinstädtern 
  • Appel an die Vernunft 
  • Das zerbrochene Haus

Warum Krieg?

  • Agonie. Spätes Ende und gleiches Leid 
  • Exodos 
  • Diktatur der Vernunft? Mythologie und Antinomie der Ratio 
  • Aggressivität und Friedenserziehung 
  • Ein Jahrhundert der Angst 
  • Die neue Ethik des Standhaltens

Über den Autor

Hermann Glaser, geboren 1928, Dr. phil., war mehr als ein Vierteljahrhundert – bis 1990 – Kulturdezernent der Stadt Nürnberg; er ist Honorarprofessor für Kulturvermittlung an der TU Berlin. Der Autor gehört zu den maßstabsetzenden Kulturwissenschaftlern und hat zahlreiche Bücher veröffentlicht.

Zum Erhaltungszustand

Im Modernen Fachantiquariat der SFB ein gut erhaltenes Exemplar der Erstausgabe, altersbedingt sind der Schutzumschlag und der obere Buchschnitt leicht fleckig, innen ohn Anstreichungen o.Ä.

Alternativ ist bei der SFB auch der im Fischer Verlag 2016 erschienene Nachdruck erhältlich.

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Geb. Originalausg. 24,00 €