Details

Herausgeber Bents, Hinrich; Kämmerer, Annette (Hg.)
Verlag Springer Verlag
Auflage/ Erscheinungsjahr 23.11.2017
Format 23,5 × 15,5 cm
Einbandart/ Medium/ Ausstattung Hardcover
Seiten/ Spieldauer 123 Seiten
Gewicht 274
ISBN 9783662543092

Namhafte Vertreterinnen und Vertreter aus Psychologie, Psychiatrie und Psychotherapie äußern aus unterschiedlichen Blickwinkeln ihre Gedanken und Erfahrungen zum Zusammenhang von Psychotherapie und Würde. Wer eine Psychotherapie aufsucht, hat nicht selten die Erfahrung gemacht, verunsichert, gedemütigt, ungeliebt und damit in seiner Würde verletzt zu sein.

Psychotherapie begründet sich aus dem Anspruch, den verunsicherten Menschen zu würdigen, ihn in seinen erlittenen Verletzungen ebenso wie in seiner Pathologie zu schätzen. Wie müssen psychotherapeutische Erfahrungen beschaffen sein, damit sie über Selbstachtung, Versöhnung, Stolz oder Fürsorge die Würde des Menschen fördern? Aber auch die Kehrseite gilt es zu beachten: Wo besteht die Gefahr, dass Psychotherapeuten ihre Patienten in und durch Psychotherapie in ihrer Würde verletzen?

Aus dem Vorwort der Herausgeber

" (...) Psychotherapie begründet sich aus dem Anspruch, das Normabweichende, das Pathologische, das nicht Gesunde im Menschen in den Blick zu nehmen und wertzuschätzen - also den Menschen auch dann zu würdigen (in seinem Anliegen, in seinem So-Sein, in seinen Ansichten und in seinem Verhalten), wenn uns genau diese Seiten nicht gefallen oder wir selbst uns dadurch angegriffen fühlen. Es ist eben auch zu fragen, wie es uns als Psychotherapeuten gelingt, auch den Menschen zu würdigen, dem gegenüber es uns schwer fällt, Empathie aufzubringen.

Würdigung ist ein aktiver Vorgang, der nur dann heilend ist, wenn er auch die nicht normgerechten, die problematischen und schwierigen, ja die „unsympathischen" Seiten des Patienten umfasst. Denn nur, wenn Patienten sich in allen ihren Facetten wahrgenommen und wertgeschätzt fühlen, ist eine kritische Auseinandersetzung mit ihren pathologischen Mustern möglich - wohl wissend, dass das sowohl die Überwindung als auch eine Akzeptanz des kranken Anteils bedeuten kann.

Weiterhin ist die Frage zu stellen, inwiefern Psychotherapie sich einspannen lässt in die Anforderungen und Leistungsvorgaben der modernen Arbeitswelt. So lange sie besteht, war eine der Kernfragen psychotherapeutischen Handelns immer die nach der Solidarität mit dem System oder mit dem Einzelnen: Ist die Psychotherapie letztlich ein Erfüllungsgehilfe gesellschaftlicher Normvorgaben, die durch die therapeutische Arbeit bewahrt werden? Oder ist sie Solidarpartner der Betroffenen und im Zweifelsfall unterstützende Instanz des Einzelnen gegenüber normativen, institutionellen Forderungen? Und wo bleibt da die Würde?

Nicht zuletzt die Ätiologieforschung hat uns gezeigt, wie stark bestimmte psychopathologische Konzepte mit den gesellschaftlichen Bedingungen, dem „Zeitgeist" verbunden sind. Die lange Geschichte der Hysterie, die sich dann in die Neurasthenie verwandelte, dann in sogenannten psychovegetativen Symptomen zum Ausdruck kam, um schließlich - im Zuge der Differenzierung - zu Essstörungen, Borderline-Persönlichkeitsstörungen oder Burnout zu mutieren, zeigt uns die enge Verwobenheit von gesellschaftlichen Prozessen, Tabuisierungen, Etikettierungen und dem Vokabular, dessen sich Psychotherapie bedient. Das einzige, was übrigens in diesen verschiedenen Zeiten und ihren Störungsbildern gleich geblieben ist, ist das Geschlecht der Betroffenen, denn es waren vorwiegend die Frauen, die diese Etikettierungen erhalten haben. Daran hat sich in den vergangenen hundert Jahren nichts geändert. (...)"

Inhalt

1 Einleitung
Annette Kämmerer, Hinrich Bents

2 „Bei meiner Ehre ... “ – Zum Nutzen des Ehrbegriffs für die Psychotherapie
Annette Kämmerer

  • 2.1 Vorbemerkungen
  • 2.2 Ehre – was ist das?
  • 2.3 Zum Begriff der Würde
  • 2.4 Innere Ehre und das System „Psychotherapie“
  • 2.5 Fazit
  • Literatur

3 Betrachtungen zur Würde als Wort und Handlung: Ergebnisse aus der psychotherapeutischen Forschung
David E. Orlinsky

  • 3.1 Einleitung
  • 3.2 Bedeutung des Begriffs Würde in der Psychotherapie
  • 3.3 Forschungen zum Thema „Psychotherapie und Würde“
  • 3.4 Würde im therapeutischen Verhalten
  • 3.5 Missachtung im therapeutischen Verhalten
  • 3.6 Beispiele aus der klinischen Praxis
  • 3.7 Fazit
  • Literatur

4 Dimensionen der Würde in der Psychotherapie
Luise Reddemann

  • 4.1 Einleitung
  • 4.2 Fazit
  • Literatur

5 Zur Bedeutung von Werten und Zielen als motivationale Komponenten in der Psychotherapie
Martin Bohus, Hinrich Bents

  • 5.1 Motivation in der Psychotherapie
  • 5.2 Werte in der Psychotherapie
  • 5.3 Ordnen und Erfassen von Werten
  • 5.4 Zur Bedeutung von Werten in der Psychotherapie
  • 5.5 Motivation in der Psychotherapie
  • 5.6 Präventionsprogramm „Lebe Balance“
  • 5.7 Fazit
  • Literatur

6 Würde aus der Perspektive der Gerontologie
Andreas Kruse

  • 6.1 Altersbild und Menschenbild
  • 6.2 Allgemeine Menschenwürde und spezifische Würde des Menschen
  • 6.3 Würde im Kontext von Grundbefähigungen und Verwirklichungschancen .
  • 6.4 Würde aus der Perspektive alter Menschen mit Pflegebedarf und ihrer Angehörigen
  • 6.5 Würde am Ende des Lebens
  • 6.6 Verwirklichung von Würde in der Mitverantwortung (Sorge) für andere Menschen
  • 6.7 Fazit
  • Literatur

7 Religion und Spiritualität in der Psychotherapie
Henning Freund

  • 7.1 Das „Etwas“
  • 7.2 Religion und Spiritualität im psychotherapeutischen Rahmen
  • 7.3 Würde und Psychotherapie
  • 7.4 Kennen – Erkennen – Anerkennen
  • 7.5 Religionssensible Kompetenzen
  • 7.6 „Nur was wir würdigend betrachten, öffnet sich uns“
  • 7.7 Fazit
  • Literatur

8 Würde und Akzeptanz in der Psychotherapie
Thomas Heidenreich, Christoph Grober, Johannes Michalak

  • 8.1 Würde – Hintergrund und Konzepte
  • 8.2 Akzeptanz – Hintergrund und Konzepte
  • 8.3 Würde in der Psychotherapie und angrenzenden Disziplinen
  • 8.4 Akzeptanz in der Psychotherapie und angrenzenden Disziplinen
  • 8.5 Verhältnis von Würde und Akzeptanz in der Psychotherapie
  • 8.6 Fazit
  • Literatur

9 Die therapeutische Beziehung in internetbasierten Behandlungsansätzen
Thomas Berger

  • 9.1 Einführung
  • 9.2 Internetbasierte Behandlungsansätze
  • 9.3 Die therapeutische Beziehung in internetbasierten Behandlungsansätzen
  • 9.4 Diskussion
  • 9.5 Fazit
  • Literatur

Serviceteil / Stichwortverzeichnis

Kaufoption

32,99 €