Details

Herausgeber Hierdeis, Helmwart (Hg.)
Verlag Vandenhoeck u. Ruprecht
Auflage/ Erscheinungsjahr 20.02.2013
Format 20,5 × 12,3 cm
Einbandart/ Medium/ Ausstattung Paperback
Seiten/ Spieldauer 255 Seiten
ISBN 9783525462577

Zu diesem Buch

In der Wahrnehmung der breiten Öffentlichkeit kommt Psychoanalyse, verglichen mit den aufregenden Zeiten der 60er bis Ende 70er Jahre in der BRD, kaum mehr vor; in und an öffentlich geführten Debatten ist sie selten bis gar nicht mehr beteiligt - und gefragt. Die leise Stimme der Psychoanalyse ist nur noch mit Hörgerät zu vernehmen. Psychoanalyse vermittelt durch ihre diskursive Absence beim Beobachter vielmehr den Eindruck, als käme ein Hauch von Leben allenfalls dann noch auf, wenn sie ihren Blick insbesondere auf eine vom politischen Tagesgeschehen weitgehend abgekoppelte therapeutische Praxis richtet, die zudem stetig beliebiger werde und sich ganz den Anforderungen des gesundsheitspolitischen Komplexes hinsichtlich "Effizienz" und Kostenoptimierung unterwerfe. 

Ein sich selbst erfüllendes und absehbar abzuwickelndes Auslaufprojekt also? Nicht zuletzt auch deshalb verkürze sich der Blick zusehends auf Nabelbeschau und Absicherung des wirtschaftlichen Status Quo, da sie mangels überzeugender und über die Ingroup hinaus bekannter und geschätzter Anchormänner und -frauen intellektuell kaum noch befruchtet und nach außen durch angesehene, kompetente und streitbare Vertreter repräsentiert werde. Befördert wurde all dies durch eine vehement betriebene Selbstbescheidung, etwa hinsichtlich der oft recht anspruchslosen und therapiezentristischen Curricula an den Ausbildungsinstituten in Verbindung mit wenig durchgreifend unternommenen Lehranalysen: Ergebnis dieser Engführung sind gesellschaftswissenschaftlich nicht selten uninformierte und wenig interessierte analytisch orientierte Psychotherapeuten, die kaum selbst mehr zu wissen scheinen, wofür das Projekt Psychoanalyse einmal stand und welche Haltung von seinen Vertretern gefordert ist. Freud als der große Skeptiker war da ganz anders; sein vielfältiges Werk verstand er zuerst als kulturwissenschaftlichen Beitrag: Der ungeschminkte Blick auf die Welt und die psychische Verfaßtheit der Menschen befeuerten sein Interesse an den grundhaften Fragen einer Conditio humana. 

Aber: Selbstverständlich gibt es unter den vielen Verbandsanalytikern auch heute welche, die selbstverständlich darauf pochen und mit ihren Beiträgen dafür werben, daß die an mancher Stelle bis zur Selbstverleugnung betriebene Engführung von Psychoanalyse als reiner Therapeutik sich selbstbewußt auf ihre Wurzeln und damit ihren subversiven Anspruch besinnen möge, damit sie in einer Zeit massiver Umbrüche ihren gesellschaftlichen Beitrag, der dort mehr denn je benötigt wird, leisten kann. Die Beiträge des von Hierdeis besorgten Bandes möchten ermutigend und inspirierend wirken und auch zeigen, daß der Mehltau der selbstbeschränkenden Genügsamkeit und Ent-Mischung aus dem gesamtgesellschaftlichen Diskurs längst nicht von allen geteilt und praktiziert wird.

Aus dem Inhalt

  • Hans Jörg Walter und Paul Kennedy: Freuds Skeptizismus
  • Günther Bittner: Der Psychoanalytiker - (k)ein Skeptiker?
  • Wolfgang Wiedemann: Empathie und Skepsis im psychoanalytischen Prozess
  • Peter Schneider: Die Verunsicherung und die Sicherung des (psychoanalytischen) Wissens
  • Andreas Hamburger: »Arbeit in der Tiefe« - Vorüberlegungen zu einer skeptischen Kulturanalyse
  • Johann August Schülein: Hoffnung, Wut und Skepsis: Über Problemlagen psychoanalytischer Gesellschaftskritik
  • Helmwart Hierdeis: Sinneswelt und Wunschwelt - Überlegungen zu Sigmund Freuds Religionskritik

Über den Herausgeber

Prof. Dr. Helmwart Hierdeis, Psychoanalytiker, war Erziehungswissenschaftler an den Unis Erlangen-Nürnberg, Innsbruck und Bozen-Brixen.

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