Details

Autor Müller, Andreas G.
Verlag Turia + Kant
Auflage/ Erscheinungsjahr Okt. 2023
Format 16 × 24 cm
Einbandart/ Medium/ Ausstattung Engl. Broschur
Seiten/ Spieldauer ca. 500 Seiten
ISBN 978-3-98514-082-4

Zu diesem Buch

Psychoanalyse und Psychotherapie stehen seit jeher in Konkurrenz, nicht nur am boomenden Markt der therapeutischen Angebote, sondern vor allem historisch und theoretisch betrachtet. Ein grundhafter Vergleich ihrer so unterschiedlichen  ´DOS-Ebenen` wurde gegenüber allgemeinen Vorbehalten und Vorurteilen bisher nicht wirklich geleistet und hintangestellt.

Aus der Einleitung des Autors

"In der Darlegung dieser wissenschaftlichen Untersuchung soll im Rahmen einer reflektierenden Schnittmenge aus Psychoanalyse, Philosophie und kritischen Sozialwissenschaften (kritischer Theorie) versucht werden, zentrale, grundlegende strukturelle Unterschiede zwischen Psychotherapie (PT) und Psychoanalyse (PSA) herauszuarbeiten. Diese werden hinsichtlich ihrer Theorien und Praxisformen auf deren strukturelle Kernkonzepte, auch in Rücksicht auf ihre möglichen Quellen hin, befragt und
differenziert.

Ein solches Vorhaben wurde bisher nicht ausgearbeitet und hat von daher sein notwendiges Recht. Zuallererst hat es jedoch einen grundlegenden klinisch differenzierenden Nutzen darin, die beiden theoretischen und praktischen Werkzeuge (PT sowie PSA) in ihrer Maßgabe, vor allem klarer voneinander unterscheiden und so auch präziser in der Praxis handhaben zu können. Dies vermag wesentlich dazu beizutragen, der singulären Subjektivität von Patient*innen bzw. Analysand*innen gerechter werden zu können und dies in einer präziseren, von daher minimal-invasiveren, Arbeitsweise. Es geht somit zentral um eine Frage der klinischen Qualität. (...)

Während der Ausarbeitung hat sich der Fragenhorizont bzw. haben sich die Leitfragen spezifiziert und zugleich erweitert. Spezifiziert dahingehend, dass sich neben Metapsychologien und Ethiken der Gipfel der Unterschiedlichkeiten am signifikantesten in den konkreten Praktiken von Deutung, sogenannter Intervention, zeigt und deshalb auch anhand dieses wirkungsrelevant bedeutendsten Instruments ausgewiesen wird. Das spezifische Herausarbeiten konzentriert sich im Verlauf der Untersuchung zunehmend auf das Feld von Psychoanalyse, weil diese als therapeutisch etablierte längst den Spalt zwischen einer Ich-Psychologie und einer Psychoanalyse im (str-)engen Sinne in sich selbst zu tragen und zu verantworten hat. Dies hat in einer Erweiterung des leitenden Fragehorizontes auch zu der generellen Frage nach dem heutigen Standort von Psychoanalyse als solcher geführt und erneut zu derjenigen nach ihren besonderen, signifikanten und gesellschaftlich nach wie vor notwendigen Qualitäten. Und das vor allem auch in dem Rahmen, in welchem heute nicht wenige des PSY-Marktes davon überzeugt sein wollen, dass Psychoanalyse als solche veraltet sein soll. Unseres Dafürhaltens müsste Psychoanalyse ganz gegenteilig – angesichts der aktuellen Zustände von Mensch, Gesellschaft sowie Umwelt – längst einen gesellschaftspolitischen Stand haben, der sie im Wissenschaftskanon notwendigerweise zu einer Leitwissenschaft erheben sollte. Eine These, die im Verlauf der Untersuchung zu buchstabieren und zu belegen sein wird.

Hat Psychoanalyse über das Subjektive hinaus eine gesellschaftliche, politische Verantwortung? Wovon spricht eine solche Verantwortung? Und was könnte eine diesbezügliche psychoanalytische Ethik des 21. Jahrhunderts bedeuten? (...)"

Inhalt

  • Vorwort
  • Danksagung

I. Zur Einführung in die Frage

II. Zentrale strukturelle Unterschiede zwischen Psychotherapie und Psychoanalyse

  • II.1 Begriffe von Rationalität
  • II.2 Von wo aus ist auszugehen?
  • II.3 Begriffe des Unbewussten
  • II.4 Begriffe des Objekts
  • II.5 Begriffe des Symptoms
  • II.6 Begriffe von Sprache
  • II.7 Verschiedene Baustellen
  • II.8 Adressierung und Resonanz
  • II.9 Position und Platz
  • II.10 Arbeitsweisen
  • II.11 Begriffe von Ethik

III. Eine notwendige politische Verantwortung von Psychoanalyse

  • III.1 Psychoanalyse und Politik
  • III.2 Subjekt und Ego
  • III.3 Wissen und Wahrheit
  • III.4 Digitalismus, KI und Subjekt
  • III.5 Enthymem versus phishing
  • III.6 Traum und Algorithmus
  • III.7 Handlung und Akt

IV. Politik eines Offenen und psychoanalytische Praxis eines Öffnens

  • IV.1 Eine Politik des Öffnens und des Offenen
  • IV.2 Eine Klinik des Öffnens und des Offenen
  • IV.3 Exkurs: Urverdrängung und Urverdrängtes
  • IV.4 Sinn-Deutung und Loch-an-deuten
    Descartes oder Bruno?
    Interpretation, Deutung und Konstruktion
    Sinn-Deutung, Konstruktionen
    Loch-an-deuten
  • IV. 5 Eine andere klinische Praxis
    Eine andere Praxisform
    Verschiedene, spezifische Ethiken des Hörens
    Ethik des Halb-Sagens, (Loch-)An-Deutens einer ausrichtenden ›Politik‹ des Öffnens
    Klinische Pragmatik eines Öffnens

    a. Logische Ebenen des Öffnens
    Dimension des Begehrens
    Dimension des Genießens
    Dimension der Übertragung
    Dimension des Fantasmas
    Dimension des Ego-Komplexes

    b. Zentrale strukturelle Dimensionen des Öffnens
    Überschreitung der Ebene der Identifizierung
    Sublimierung

    c. Zwei unerlässliche methodische Struktural-Elemente
    Zu Begriff und Position des Signifikanten
    Spezifisches der Signifikanten-Logik
    Praxis des Signifikanten-Kommentars
    Zur Funktion des Schnittes

    d. Ethische Implikationen. Beitrag zu einer (logisch) negativen Psychoanalyse
    Zum ›Ende‹ der Analyse, unendliches Aufheben, i.S.v. »unendliche Aufgabe« (Freud 1937, 389 – im doppelten
    Wortsinn)
    Psychoanalyse ohne Ich-Stärkung (Selbstoptimierung, Phallokratie)
    Wie Subjekt-Status denken? Zur Funktion Bezeugen-werden
    Zur Denkform im Horizont dekonstruktiven Loch-an-deutens
    Zum Begriff einer (logisch) negativen Psychoanalyse
    Gefahren, Risiken, Probleme
  • IV.6 Metapher und Poiein
    Zur Praxis einer Metaphorisierung
    Poiein, zur (wesentlichen) poetischen Funktion
  • IV.7 Schlussanmerkung
  • Literaturverzeichnis

Der Autor

Andreas G. Müller ist langjährig niedergelassener Psychoanalytiker und Psychotherapeut in eigener Praxis. Er lehrt und forscht in Bremen, speziell zu kritischer Psychoanalyse und zu psychischen Kulturen des Politischen.

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