Details

Autor Gardiner, Muriel (1901-1985)
Verlag S. Fischer
Auflage/ Erscheinungsjahr 1979
Format 20,5 × 12,5 cm
Einbandart/ Medium/ Ausstattung Englisch Broschur
Seiten/ Spieldauer 180 Seiten
Gewicht 238 gr
SFB Artikelnummer (SFB_ID) SFB-010823_MA

›Daß man ans Töten denkt, zu töten wünscht,
versteh` ich gut, jedoch
die Tat in Wahrheit zu begehen vermag ich nicht.‹

Zitat aus Henrik Ibsens ´Peer Gynt`

Zu diesem Buch

Das Entsetzen, das uns befällt, wenn wir von Gewaltverbrechen durch Kinder hören, vor allem von Mord, läßt sich auf keinerlei Weise mildern oder gar beseitigen, weder durch ausführliche Berichterstattung noch durch Statistiken oder wissenschaftliche Erklärungsversuche. Die amerikanische Psychoanalytikerin Muriel Gardiner hat mit ihren Porträts von Kindern, die Morde begangen oder Mordversuche unternommen haben, dieses Entsetzen genau lokalisiert: Es liegt in der Erkenntnis, daß keines der Verbrechen - das Buch enthält die Geschichte von zehn Kindern, die bei der Tat allesamt unter achtzehn Jahre alt waren - tatsächlich hätte geschehen müssen. Jede der Geschichten handelt von einem Ereignis, bei dem in schrecklicher Koinzidenz der Umstände ein von seinen Lebensverhältnissen her brutalisiertes Kind, ein geeignetes Opfer, ein Ausbruch von Wut sowie Mittel und Gelegenheit zur Wutabfuhr auf tragische Weise zusammenkommen.

Obwohl Muriel Gardiner praktizierende Psychoanalytikerin war, sind ihre Porträts durchaus keine analytischen Fallgeschichten. Es gelingt der Verfasserin, einer mitfühlenden, literarisch begabten und geschulten Beobachterin, all die abstrakten Kategorien, die durch die gegenwärtige Diskussion über jugendliche Gewaltverbrechen geistern, wirklich mit Leben zu erfüllen. Durch ihren Gefühl und Mitleid ansprechenden Erzählstil macht sie deutlich, daß die Kinder, so verwirrt oder gestört sie auch sein mögen, doch Kinder sind und daß ihre Verbrechen im wahrsten Sinne des Wortes Verbrechen aus Leidenschaft sind.

»Die eigentliche Leistung Muriel Gardiners«, schreibt Stephen Spender in seinem Vorwort, »besteht darin, daß sie in uns das Gefühl erweckt, wir selber könnten so gelebt haben wie diese jungen Straftäter.« Weitab von allem pauschalen gewöhnlich das Thema kindliche Gewalttätigkeit prägen, sucht das Buch dem Leser verständlich zu machen, wie höchst menschlich und von daher wie höchst einsichtig die Dimensionen kindlicher Gewaltverbrechen sind. - Alle geschilderten Fälle sind authentisch. Die Autorin ist mit ihnen als psychiatrische Beraterin von Haftanstalten und Schulen in Berührung gekommen.

Aus der Einleitung der Autorin

"Meine erste Berührung mit jungen Straftätern war indirekter Art, denn sie gehören nun einmal zur amerikanischen Jugend. Ich habe eine Weile als Psychiaterin in den Abteilungen für Kinder und Heranwachsende von psychiatrischen Krankenhäusern und Kliniken gearbeitet und bin fast 20 Jahre Beraterin in psychiatrischen Fragen an Schulen mehrerer US-Bundesstaaten. Meine Arbeit mit Schülern aller Altersgruppen vom Kindergarten an fand immer in den Schulen selbst statt. Oft hatte ich Gelegenheit, Kinder, die ich aus ihrer Schulzeit kannte, später in unterschiedlichen Einrichtungen des Strafvollzuges wiederzusehen. Jedesmal war ich gerührt davon, wie sie sich über den Anblick eines bekannten Gesichtes freuten, bekannt, obschon sie mich vielleicht nur ein einziges Mal gesehen hatten. Mich rührte ihr brennender Wunsch zu reden und angehört zu werden. Und es entsetzte mich, wenn ich in vielen Fällen erkennen mußte, daß nichts, aber auch nichts geschehen war, um ihnen zu helfen, ehe es zum Dammbruch kam. Mir graute bei dem Gedanken, daß diese Jungen und Mädchen lange Monate, wenn nicht grausame Jahre unter Umständen verbringen sollten, die für gewöhnlich zu nichts anderem führen als zu weiterer Entfremdung von der Gesellschaft und von sich selbst sowie zur Gewöhnung an ein Leben des Verbrechens.

Es war unausbleiblich, daß ich mich für diese jungen Menschen interessierte, von denen manche schwere Verbrechen begangen hatten. Mit freundlicher Unterstützung der in den Gefängnissen und Zuchthäusern tätigen Aufseher, leitenden Angestellten und sonstigen Mitarbeiter in mehreren US-Bundesstaaten arbeitete ich die Akten einer großen Zahl von Insassen durch, die in jungen Jahren wegen schwerer Verbrechen verurteilt worden waren. Ich sprach mit vielen von ihnen, von denen manche noch in Haft, andere auf Bewährung frei waren. Wenn möglich, suchte ich ergänzende Angaben von Eltern oder Verwandten, Hausärzten, Geistlichen, Lehrern und Schülerberatern, die die jungen Leute gekannt hatten, bevor sie straffällig geworden waren. Ich sprach mit vielen Gefängnisbeamten und -aufsehern und - wo es sie gab - Gefangenenbetreuern. Die Gefängnisinsassen waren gern bereit zu erzählen. Es kam auch vor, daß andere Häftlinge mich sprechen und mir ihre Geschichte erzählen wollten. Sie sehnten sich vor allem nach Verständnis. Meine Ausbildung als Psychoanalytikerin war bei dieser Arbeit unschätzbar, man bedenke aber, daß die wenigen Besuche, die ich machen konnte, und äußeren Bedingungen, unter denen sie stattfanden, irgendeine Art Psychoanalyse unmöglich machten. Ich habe mich also aller psychoanalytischen Deutungen enthalten und nur gelegentlich aufgrund mir bekannter Fakten eine Spekulation angeboten, ohne sie als Gewißheit auszugeben. Dies Buch enthält kein statistisch abgesichertes Material und in keiner Weise statistisch typische Stichproben. Tötungsdelikte, begangen von Bandenmitgliedern, Drogensüchtigen oder nachweislichen Psychotikern, wurden bewußt ausgelassen. Vor allem was die Rehabilitierung betrifft, sind meine zehn jugendlichen Täter ganz untypisch, denn bei ihnen kam es in einem viel höheren Prozentsatz als bei den Häftlingen allgemein zu einer gesellschaftlichen Wiedereingliederung. Ich habe ihre Fälle auch nicht aus diesem Grund gewählt, es ist aber denkbar, daß gewisse Charakterzüge, die ihnen die Rehabilitierung ermöglichten, sie zugänglicher und mitteilsamer machten, fähiger, ihre Geschichte zu erzählen, als Gefangene, die bereits im Gefängnis zerbrochen waren. (...)"

Inhalt

  • Vorwort
  • Einführung
  • Die Fallgeschichten: Peter - Gloria - George - Fred und Marilyn - Tom - Sandy und Roland - Rose - Mark

Stimmen zum Buch

»Dieses Buch ist keine Ferienlektüre. Doch es ist ein faszinierendes Buch und sollte nicht übersehen werden. Lehrern sollte es zur Pflichtlektüre gemacht werden. Viele dieser Tragödien hätten sich nicht zu ereignen brauchen, wenn nur einige Erwachsene Gespür genug gehabt hätten zu erkennen, daß im Leben eines Kindes etwas nicht in Ordnung ist.« (St. Paul Pioneer Press)

Die Autorin

Muriel Gardiner, 1901 in Chicago geboren, studierte Medizin in Wien und erhielt dort auch ihre psychoanalytische Ausbildung. Sie hat über viele Jahre hin eine psychiatrische Beratertätigkeit in Haftanstalten und Schulen ausgeübt. Sie war Herausgeberin und Mitautorin des 1972 bei S. Fischer erschienenen Bandes »Der Wolfsmann vom Wolfsmann«.

Lieferbarkeitshinweis / Erhaltungszustand

Im Modernen Fachantiquariat der SFB ist diese beim Verlag seit Jahren vergriffene Arbeit in wenigen sehr gut /bzw gut erhaltenen antiquarischen Exemplaren verfügbar; innen jeweils frisch und ohne Anstreichungen /Anmerkungen; gfs mit einem Namenseintrag; der Broschureinband mit minimalen, bzw leichten Gebrauchsspuren.

Kaufoption

26,90 €

mit Rabatt für Stammkunden