Details

Herausgeber Angeloch, Dominic; Gutjahr, Ortrud; Lange-Kirchheim, Astrid (Hg.)
Verlag Königshausen u. Neumann
Auflage/ Erscheinungsjahr 06.11.2023
Format 23,5 × 15,5 cm
Einbandart/ Medium/ Ausstattung Paperback
Seiten/ Spieldauer 348 Seiten
Reihe Freiburger literaturpsychologische Gespräche, Band 42
ISBN 9783826075568

Zu diesem Band

Psychotisches Erleben berührt Grenzphänomene. Die Grenzen zwischen dem Selbst und dem Anderen werden prekär und lösen sich auf. Psychotisches Denken zielt auf Grenzerfahrungen, befasst sich mit Leben und Tod, mit Himmel- und Höllenfahrt, Zerstörung und Erlösung. Die Grenzen der Vernunft werden ausgelotet. Die Sprache kann fremd werden, die Worte können zerfallen oder sich neu formieren, dem Denken eröffnen sich neue Bedeutungen, alte werden verschlossen. Die natürliche Selbst-verständlichkeit macht dem Fragen, der Angst, dem Geheimnis Platz. Die Psychoanalyse hat deutlich gemacht, dass der Wahn durchaus Sinn ergibt. Im psychotischen Erleben erkennt sie nicht nur Defizite, sondern auch Möglichkeiten, etwa den Versuch, schwerste Erfahrungen zu bearbeiten. Zugleich würdigt sie Leiden und Zerstörungskraft in langanhaltenden psychotischen Erkrankungen und sucht therapeutische Wege, mit ihnen umzugehen. Weil psychotisches Erleben grenzwertig ist, Grenzen auslotet, auflöst oder überschreitet, ist es immer Gegenstand der Literatur gewesen. Viele Autor*innen haben sich dem psychotischen Erleben als einem anderen, fremden und faszinierenden Erleben zugewandt.

Andere haben ihr eigenes psychotisches Erleben zum Gegenstand literarischer Zeugnisse gemacht. Literatur arbeitet daran, die Ausgrenzung psychotischen Erlebens rückgängig zu machen, indem das psychotische Sprechen als literarische Form normalisiert wird oder die Literatur die Grenzen zwischen Wahn und Wirklichkeit aufhebt.

Die Beiträge des Bandes

  • Gunzelin Schmid Noerr: Zerrissenes Selbstgefühl. Hegels Begriff der Verrücktheit und die Idee der Vermittlung
  • Achim Geisenhanslüke: Der Wahnsinn der Deutung. Paranoia bei Kant, Freud und Nabokov
  • Frank Matakas: Wahrheit und Wahn
  • Norbert Matejek: Einige klinische Aspekte akustischer Halluzinationen
  • Juliane Prade-Weiss: Wahnsinn und Weiblichkeit in der Tragödie. Orestie, Medea, Macbeth
  • Johannes Döser: »Von einer Wellt zu’r Andern«. Der Psychiater, der Narr und der Dichter als Zersetzer des Wahns
  • Helga Kremp-Ottenheym: Gespenster der Liebe
  • Henry James: The Turn of the Screw
  • Gunther Kleefeld: Das Wetterleuchten der Psychose? Über Wahn und Sinn bei Georg Trakl
  • Dominic Angeloch: Weltenfresser
  • Robert Aickmans Poetik psychischer Realität
  • Uta Karacaoğlan: Sein im Nicht-Sein. Psychose und »Der Unsterbliche« von Jorge Luis Borges
  • Joachim Küchenhoff und Rolf-Peter Warsitz: Die Enden des Subjekts und die Parabeln des Begehrens. Zu Thomas Pynchon

Anhang: Rezensionen Redaktion: Astrid Lange-Kirchheim

  • Sven Hanuschek und Dorothee Lossin (Hg.): »Im Irrenhaus / da sind die Irren drin«. Literatur und »Wahnsinn« seit den 1970er Jahren (Barbara Helena Adams)
  • Stephanie Catani/Sophia Mehrbrey (Hg.): Träumen mit allen Sinnen.. Sinnliche Wahrnehmung in ästhetischen Traumdarstellungen (Galina Hristeva)
  • Margret Dörr/Gunzelin Schmid Noerr/Achim Würker (Hg.): Zwang und Utopie – das Potenzial des Unbewussten. Zum 100. Geburtstag von Alfred Lorenzer (Simon Heyny)
  • Rolf Schumacher: Szene, Habitus und Metaphorik. Konzepte für eine praxeologische Theorie psychotherapeutischer Profession (Achim Würker)
  • Helmwart Hierdeis/Achim Würker (Hg.): Praxisfelder der Psychoanalytischen Pädagogik. Pädagogische Interaktionen verstehen und förderlich gestalten (Gianluca Crepaldi)
  • Vera King/Benigna Gerisch/Hartmut Rosa (Hg.): Lost in Perfection. Zur Optimierung von Gesellschaft und Psyche (Helmwart Hierdeis)
  • Antonia Villinger: Dramen der Schwangerschaft. Friedrich Hebbels »Judith«, »Maria Magdalena« und »Genoveva« (Irmtraud Hnilica)
  • Barbara Mahlmann-Bauer/Paul Michael Lützeler (Hg.): Aussteigen um 1900. Imaginationen in der Literatur der Moderne (Rolf Löchel)
  • Astrid Hohlbein: Das Unmögliche wollen. Freiheit und Liebe bei Franziska zu Reventlow. Biografie (Rolf Löchel) 274
  • Alina Boy: Inszenierungsspiele. Geschlecht, Autofiktion und Autorinnenschaft bei Franziska zu Reventlow (Rolf Löchel)
  • Ellen Reinke: Das Öffnen der Blende. Psychoanalytische Streifzüge durch literarische Texte aus dem zerrissenen 20. Jahrhundert (Achim Würker)
  • Cornelia Pechota: Verleiblichung bei Peter Stamm und Annie Ernaux in »Nacht ist der Tag«‹ und »Erinnerung eines Mädchens« (Jörg Sternagel)
  • Gerhard Schneider /Peter Bär/Timo Storck/Karin Nitzschmann/ Andreas Hamburger (Hg.): Claire Denis. Körper, Intimität und Fremdheit (Achim Würker)
  • Jean Laplanche: Ein biologistischer Irrweg in Freuds Sexualtheorie (Benedikt Salfeld)

Die Herausgeber

Dominic Angeloch, Dr. phil., ist Chefredakteur der psychoanalytischen Fachzeitschrift „Psyche", Autor, Übersetzer. Letzte Buchveröffentlichung: „Die Beziehung zwischen Text und Leser. Grundlagen und Methodik psychoanalytischen Lesens. Mit einer Lektüre von Flauberts ‚Éducation sentimentale‘" (2014). Weitere Veröffentlichungen unter www.literaturport.de/Dominic.Angeloch

Joachim Küchenhoff, Prof. Dr. med., ist Facharzt für Psychiatrie und für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Psychoanalytiker (DPV, SGPsa, IPA), bis Juli 2018 Direktor der Erwachsenenpsychiatrie der Psychiatrie Basel-Land und Professor der Universität Basel, Vorsitzender des Aufsichtsrates der Internationalen Psychoanalytischen Universität (IPU) Berlin. Arbeitsschwerpunkte: Diagnostik und Psychotherapie schwerer seelischer Störungen, Körpererleben und Psychosomatik; Wissenschaftstheorie, interdisziplinäre Forschung in Kulturwissenschaften, Literaturwissenschaften, Philosophie und Psychoanalyse.

Joachim Pfeiffer, Dr. phil., ist Professor i.R. für Neuere deutsche Literatur und Literaturdidaktik an der Pädagogischen Hochschule Freiburg. Arbeitsschwerpunkte: Literatur der Goethezeit und der Moderne, Literatur und neue Medien, psychoanalytische Literaturwissenschaft, Literatur- und Filmdidaktik.

Lieferbarkeitshinweis

Diese Zeitschrift kann über die SFB auch im Abonnement bezogen werden. Mehr Informationen dazu finden sie HIER.

Kaufoption

49,80 €