Details

Autor Arendt, Hannah
Herausgeber Jaspers, Karl (Vorwort) (Hg.)
Verlag DVA
Auflage/ Erscheinungsjahr 1955, EA
Format 21 × 15.5 cm
Einbandart/ Medium/ Ausstattung Originalleinen mit Schutzumschlag
Seiten/ Spieldauer XV, 782 Seiten
SFB Artikelnummer (SFB_ID) SFB-007314_AQ

„Wenn es richtig ist, daß die Konzentrationslager
die konsequenteste Institution totaler Herrschaft sind,
dann dürfte zu ihrer Erkenntnis ein Verweilen beim Grauen unerläßlich sein.
Dies kann die rückschauende Erinnerungsreportage ebensowenig leisten
wie der kommunikationslose Augenzeugenbericht. […]

Nur die antizipierende Angst, die sich an solchen Berichten entzündet,
der ja aber faktisch noch nichts auf den Leib gerückt ist
und die deshalb noch frei ist von der tierisch verzweifelten Furcht,
die vor dem real gegenwärtigen Grauenhaften unweigerlich alles lähmt,
was nicht bloße Reaktion ist – nur sie kann es sich gewissermaßen leisten,
beim Grauen zu verweilen.

Dies hat einen Sinn nur für die Erkenntnis politischer Zusammenhänge
und die Mobilisierung politischer Leidenschaften.“

Hannah Arendt ([1951] 2008, S. 912-913)

Zu dieser Ausgabe

Unter dem Eindruck des Holocaust, der nationalsozialistischen Vernichtung des europäischen Judentums, hat Hannah Arendt mit 'Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft' - zuerst 1951 in New York erschienen, in deutscher Übersetzung 1955 - zugleich eine Geschichte und eine Theorie des Totalitarismus geschrieben. Hier hat sie "die allgemein gültige Vorstellung vom monolithischen Charakter des Dritten Reiches" erschüttert und auf die eigentümliche Strukturlosigkeit totaler Regierungen hingewiesen. Hannah Arendt analysiert den Nationalsozialismus und den Stalinismus als verwandte Herrschaftstypen und als Folgeerscheinungen von Antisemitismus und Imperialismus.

"Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft (1955 auf Deutsch erschienen) ist das umfangreichste Buch der politischen Theoretikerin Hannah Arendt und wird vielfach als ihr Hauptwerk bezeichnet. Arendt untersucht darin die historische Entstehung und die gemeinsamen politischen Merkmale des Nationalsozialismus und des Stalinismus. Der Titel zählt zu einem der frühesten Standardwerke der Totalitarismusforschung.

Entstehung: Direkt nach dem Zweiten Weltkrieg begann Arendt ein umfassendes Werk über die Ursprünge und Besonderheiten des Nationalsozialismus, 1948 und 1949 ergänzt um die des Stalinismus. Ihre Studien standen zunächst unter dem Arbeitstitel Elemente der Schande: Antisemitismus – Imperialismus – Rassismus. Weitere in Erwägung gezogene Titel waren Die drei Säulen der Hölle oder Eine Geschichte der totalen Herrschaft. In der ersten, 1951 in den USA erschienenen, englischen Fassung The Origins of Totalitarianism sind die Ausführungen über den Stalinismus, aber auch die Analyse des Nationalsozialismus noch nicht vollständig. Die deutsche Fassung von 1955 enthält zahlreiche neuere Quellen. (...)"

Quelle: Wikipedia

Aus dem Geleitwort Karl Jaspers

"Der Verlag wünscht ein Geleitwort. Ich versage mich nicht, obgleich ich mich ein wenig schäme. Denn dieses Buch vertritt sich selber geistig so großartig, daß es keiner Empfehlung bedarf. Nur die Tatsache, daß die Verfasserin in Deutschland noch wenig bekannt ist, mag mich entschuldigen. Es handelt sich um die Frage, die heute alle Denkenden als die für unser Dasein brennendste kennen: die nach der geschichtlichen Wende, welche im Totalitarismus ihre schrecklichste und drohendste politisch-überpolitische Wirklichkeit zeigt. Hannah Arendt hat das schlechthin Neue erkannt, das, was im Nationalsozialismus und Bolschewismus mehr ist als Despotie und Tyrannei. Sie erforscht die Voraussetzungen, die Bedingungen und Gleislegungen, die das Phänomen ermöglicht haben. In den ersten beiden Teilen werden Antisemitismus und Imperialismus nach ihrer für den Totalitarismus wesentlichen Bedeutung erörtert. Sie führen in weite Bereiche heute wenig bekannter Tatsachen, die als sinnzugehörig erkannt werden. Um diese ausführlichen Darstellungen zu begreifen, muß man die Geduld haben, das Buch ganz zu lesen. Das ist nicht schwer, weil fast jedes Kapitel schon unmittelbar fesselt. Aber ohne das Ganze im Auge zu haben, kann man dem Mißverständnis verfallen, in diesen historischen Analysen, sie übersteigernd, schon die Sache selbst zu haben, zumal die Eindringlichkeit der Darstellung dazu verführt. Vielleicht ist es gut, den dritten Teil zuerst zu lesen. Denn die Genese wird besser verstanden, wenn man ihr Ergebnis schon kennt. (...)

Hannah Arendt hat ihr zunächst englisch geschriebenes Werk vor Jahren in New York und London erscheinen lassen. Als sie es jetzt ins Deutsche, ihre Muttersprache, übersetzte, hat sie bei ihrem ständig regen Sinn das im ganzen unveränderte Buch gelegentlich ergänzt, verbessert, gekürzt. Daß sie mit fast gleidaer Ursprünglichkeit englisch wie deutsch schreibt, macht den Vergleich der Ausgaben interessant. Natürlich ziehe ich die deutsche Ausgabe vor. Das Englische macht einfacher und kürzer. Die Denkungsart dieses Buches aber ist deutscher und universaler Herkunft, geschult an Kant, Hegel, Marx und an deutscher Geisteswissenschaft, dann wesentlich an Montesquieu und Tocqueville. Diese Denkungsart ist von jener herrlichen Offenheit, wie sie zuweilen deutsdiem Geiste entsprungen ist. Daher hat sie ihren angemessensten Aus-drudc auch in der deutschen Sprache. Ihr Werk kann, wie ich hoffe, in diesem Raum einen noch tieferen Widerhall finden, als es ihn in den angelsächsischen Lindern schon gefunden hat."

Basel, September 1955. - Karl Jaspers

Über die Autorin

Aus den zum Erscheinen des Buches 1951 vom Verlag mitgeteilten Informationen zur Autorin:

"Professor Dr. Hannah Arendt, geboren 1906 in Hannover, erzogen in Königsberg, hörte Philosophie im Hauptfach, Theologie und Griechisch im Nebenfach, in Marburg bei Heidegger und Bultmann, in Heidelberg bei Jaspers und in Freiburg bei Husserl. Sie promovierte 1928 in Heidelberg im Hauptfach bei Jaspers, in Griechisch bei Regenbogen und in Theologie bei Dibelius. Ihr erstes Buch, „Der Liebesbegriff bei Augustin" erschien 1929 im Verlag Springer in Berlin. Ab 1930 arbeitete sie mit einem Stipendium der Notgemeinschaft der deutschen Wissenschaft an einer Biographie der Rahel Varnhagen, die nicht erscheinen konnte, da Dr. Arendt 1933 nach einer Verhaftung durch die Gestapo Deutschland verließ. Von 1933 bis 1940 lebte sie in Paris, wo sie neben ihrer Tätigkeit als Leiterin der Jugendalijah europäische Geschichte studierte. 1941 ging sie von Südfrankreich aus in die USA und wurde regelmäßige Mitarbeiterin von' „Partisan Review", „Commentary", „Review of Politics", „Kenyon Review". Von 1946-1948 betreute sie als „Chief-Editor" des Schocken-Verlages die große Kafka-Ausgabe. 1946 veröffentlichte Lambert Schneider in Heidelberg einen Essayband aus ihrer Feder. 1951 erschien das hier in deutsch vorgelegte Buch in Amerika. Im Jahre 1952 erhielt sie eine „Guggenheim-Fellowship" für ihre Arbeiten auf dem Gebiet der politischen Theorie und Wissenschaft, deren Ergebnisse sie im Herbst 1953 in einer Vortragsreihe am „Institute for Advanced Studies" der Princeton Universität der Öffentlichkeit übergab. Im gleichen Jahr las sie an der Notre Dame University. Mai 1954 erhielt sie einen Preis der „American Academy for Arts and Letters" für ihre literarischen Leistungen. Augenblicklich ist sie Gastprofessor am Institut für politische Wissenschaften der Universität von Kalifornien in Berkeley."

Zum Erhaltungszustand

Das Klassische Fachantiquariat der SFB verfügt über ein gut erhaltenes Exemplar der deutschsprachigen Erstausgabe aus dem Jahr 1955. Unser Exemplar MIT dem sonst selten erhaltenen Schutzumschlag. Der Leineneinband gut und ohne Bestoßungen, Abrieb etc; innen sehr gut und ohne Anmerkungen, Anstreichungen o. Ä. Auf dem Vorsatz mit einem Namenseintrag des Vorbesitzers (s. Fotos). - Ein sammelwürdiges Exemplar dieser seltenen Erstausgabe der wichtigen Arbeit Hannah Arendts. - Sehr selten!

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