Details

Autor Wurmser, Léon (1931-2020)
Verlag Westarp
Auflage/ Erscheinungsjahr unveränderter Nachdruck 2024
Format 21 × 14,8 cm
Einbandart/ Medium/ Ausstattung Paperback
Seiten/ Spieldauer 612 Seiten
Gewicht 789
ISBN 9783866171428

Zu diesem Buch

Theoretisch fundiert und in stilistischer Hochform, welche im Feld psychoanalytischer Fachliteraturen nurmehr höchst selten anzutreffen ist, entwickelt der renommierte Psychoanalytiker und bekannte Autor die Bedeutung der Scham in den Beziehungen des Alltaglebens, in der Pathologie und in der Politik wie auch ihre Widerspiegelung in der schöngeistigen Literatur. Dabei wird dem Leser auch die gesellschaftliche Dimension dieses Affekts deutlich.

Die Themen dieses Buches reichen von der Phänomenologie, Struktur und Genese der Scham, ihre - oft vernachlässigte - Abgrenzung gegen die Schuld, über Schamformen, Schamabwehr und Entfremdung bis zu den resultierenden Schlussfolgerungen für die psychoanalytische und psychotherapeutische Technik.

Inhalt

1 Einführung

  • 1.1 Der Verlust der Unschuld
  • 1.2 Starrende Augen und verborgenes Gesicht
  • 1.3 Zwei Gefahren
  • 1.4 Stil und Perspektive
  • 1.5 Die Zentralität von Konflikt

2 Scham, die verhüllte Begleiterin des Narzißmus

  • 2.1 Innere Scham: offenkundig und versteckt
  • 2.2 Scham in der Neurose
  • 2.3 Zusammenfassung

3 Phänomenologische Studie der Scham

  • 3.1 Schamverursachende Situationen
  • 3.2 Schamauslösende Charakterzüge
  • 3.3 Scham und Schuld wegen Machtmißbrauchs
  • 3.4 Macht und Schwäche im sozialen Bereich
  • 3.5 Bipolarität
  • 3.6 Internalisierung von Schamkonflikten
    3.6.1 Introjektion
    3.6.2 Verschiebung
    3.6.3 Reextemalisierung
  • 3.7 Verflechtung von äußerer und innerer Realität und Spaltungen"
  • 3.8 Die Familienszene
  • 3.9 Scham, Narzißmus und Integrität
  • 3.10 Definition verschiedener Schamaffekte
    3.10.1 Schamangst
    3.10.2 Der eigentliche Schamaffekt
    3.10.3 Schamhaftigkeit - die Haltung der Scham" 
  • 3.11 Zeitliche Folge bei der eigentlichen Scham
    3.11.1 Bloßstellung (exposure)
    3.11.2 Schamangst und ihr Inhalt
    3.11.3 Das Durchdringende an der Scham (the pervasiveness of shame)
    3.11.4 Das „Ziels* der Scham
    3.11.5 Der Versuch der Affektkontrolle
  • 3.12 Die Zweischichtigkeit der Scham
  • 3.13 Zusammenfassung

4 Schamkonflikte in der Kultur

  • 4.1 Das Grauen vor der Lächerlichkeit
  • 4.2 Scham und Ehre im Judentum
    4.2.1 Scham in der biblischen Mythologie
    4.2.2 Ehre und Scham im Talmud
  • 4.3 „... meines Herzens Wünschen folgen, ohne das Maß zu übertreten" (Scham in der chinesischen Kultur)
    4.3.1 Scham als Schutz der sozialen Form
    4.3.2 Das Individuum und die Gemeinschaft
    4.3.3 Scham als Schutz der Form des Rituellen, des li
    4.3.4 Harmonie mit dem Ganzen
    4.3.5 Verdrängung der Sexualität
    4.3.6 Verleugnung der Aggression
    4.3.7 Verlagerung auf das Anale
    4.3.8 Ein traumatisiertes Reich
  • 4.4 „.. . die Macht der heiligen Scheu" - Schamkonflikte und Identität in der altgriechischen Kultur
    4.4.1 Scham- oder Schuldkultur?
    4.4.2 Das 'Magische - die Scham-Schuld-Dialektik
    4.4.3 Sokrates' Zurechtweisung
  • 4.5 Die Lust als Schwäche
  • 4.6 Scham als die Wächterin der inneren Realität
  • 4.7 Zusammenfassung

5 Die Struktur der Scham

  • 5.1 Scham als komplexes Reaktionsmuster
  • 5.2 Die Reihe der Erwartungen (the set of expectations)
  • 5.3 Die Reihe der beurteilten Aspekte
    5.3.1 Funktionen
    5.3.2 Inhalt
  • 5.4 Selbstbeobachtung
  • 5.5 Selbstbewertung (self-evaluation)
  • 5.6 Kritik der Diskrepanz
    5.6.1 Die Art der Aggression
    5.6.2 Symbolisierung der Kritik
  • 5.7 Strafe und Buße
    5.7.1 Der Strafaffekt (the affect of punishment)
    5.7.2 Die Handlung der Strafe und Sühne
  • 5.8 Schamangst
  • 5.9 Das „Ziel" der Schamangst: Verstecken
  • 5.10 Scham als Reaktionsbildung
  • 5.11 Zusammenfassung

6 Liebesunwert und das magische Auge

  • 6.1 Der Grundfehler
  • 6.2 Verwundung und Angst
  • 6.3 Das magische Auge
    6.3.1 Wahrnehmung und Aufmerksamkeit (perception and attention)
    6.3.2 Bloßstellung, Selbstausdruck und Kommunikation
  • 6.4 Die Verbindung von Inhalt und Funktion
  • 6.5 Zusammenfassung

7 Archaische Schamformen: klinische Beobachtungen

  • 7.1 Die Angst vor der Synthese
    7.1.1 Hintergrund
    7.1.2 Übertragungsneurose
    7.1.3 Psychodynamik
  • 7.2 „Die Macht der Augen" („eye power")
    7.2.1 Das gespaltene Selbst
    7.2.2 „Augenmacht" („eye power") und „Schamhüllen" (,.shrouds of shame")
    7.2.3 Idealisierung als Abwehr
    7.2.4 Der Durchbruch symbiotischer Wut
  • 7.3 Vereinigung und Isolation
    7.3.1 Expose
    7.3.2 Beginn der Therapie
    7.3.3 Krise
    7.3.4 Unbewußte Konflikte
    7.3.5 Scham
  • 7.4 Magische Verwandlung
  • 7.5 Der Wahn des Lächerlichen
  • 7.6 „Die schwere Last von tausend unbarmherzigen Augen"
  • 7.7 Zusammenfassung

8 Die magische Macht von Wahrnehmung und Ausdruck der zweifache Trieb von Zeigelust und Neugier

  • 8.1 Literaturübersicht
  • 8.2 Die Zone der perzeptiv-expressiven Interaktion
    8.2.1 Zonen, Modi und Partialtriebe
  • 8.2.2 Der Urkonflikt
    8.2.3 Das sensorimotorische Handlungsmuster
    8.2.4 Die Genese der zwei logischen Ebenen
  • 8.3 Theatophilie und Delophilie
  • 8.4 Die perzeptiv-expressive Zone und die Genese des Selbst
    8.4.1 Der Kern des Selbst
    8.4.2 Trieb, „idealisiertes Selbstobjekt" und „Größenselbst"
  • 8.5 Die Verbindung zur frühen Kindheitsentwicklung
  • 8.6 Zusammenfassung

9 Konstruktionen: die Genese der Scham

  • 9.1 Scham wegen des zerbrochenen Selbst
  • 9.2 Der Verlierer
  • 9.3 Eine Synopsis von unbewußten Schaminhalten
  • 9.4 Scham und masochistischer Charakter
  • 9.5 Masochistische Erregung und „dreifache Passivität"
  • 9.6 Penetrierung
  • 9.7 Der Kern der Schaminhalte
  • 9.8 Urhemmung (primary inhibition)
  • 9.9 Zusammenfassung

10 Maskierungen

  • 10.1 Abwehr gegen Scham
  • 10.2 Schamabwehrende Deckaffekte
    10.2.1 Verachtung
    10.2.2 „Stolzierender Gockel" („strutting rooster')
    10.2.3 Spott: den Spieß herumdrehen
    10.2.4 Trotz und Zorn
    10.2.5 Erstarrung (frozenness) und Langeweile
    10.2.6 Neid
    10.2.7 Liebe
    10.2.8 „Deinem eigenen Selbst sei treu" („to thine own seif bc truc")
  • 10.3 Andere Formen der Abwehr
    10.3.1 Abwehr durch Konkretisierung
    10.3.2 Pars-pro-toto-Abwehr
    10.3.3 Verleugung
    10.3.4 Abwehr durch „Gegenphantasie" (entgegenwirkende Phantasie. „countervailing Fantasy")
  • 10.4 Abwehr durch Hybris und die Scham-Schuld-Dialektik
  • 10.5 "Schamdepression"
  • 10.6 Andere Symptome
    10.6.1 Erythrophobie und Erröten
    10.6.2 Eßstörungen
    10.6.3 Ausagieren von Schuld und Ärger
    10.6.4 Paranoide Zustände
    10.6.5 Voyeurismus und Exhibitionismus
    10.6.6 Schreib- und Sprechhemmung
  • 10.7 Abwehr gegen das Gewissen überhaupt
  • 10.8 Neurotisches und psychotisches „Schamsyndrom"
    10.8.1 Die vier Leitsymptome
    10.8.2 Einige Bemerkungen zur Psychodynamik
    10.8.3 Familie
  • 10.9 Zusammenfassung

11 Der Kompromißcharakter der Entfremdung

  • 11.1 Entfremdung
  • 11.2 „Hinter der Schweigemauer"
  • 11.3 Schamkonflikt und die Rolle der Verleugnung
  • 11.4 Die Rolle des Verlusts
  • 11.5 Magische Tarnkappe und magische Blicke (magic hood and magic looks)
    11.5.1 Entfremdung und Funktion
    11.5.2 Depersonalisierung und Schaminhalt
    11.5.3 Die „Lebenslüge"
  • 11.6 Die radikale Verleugnung in der psychotischen Depersonalisation
    11.6.1 Entfremdung als Verleugnung von Verschmelzung und Trennung
    11.6.2 Psychotische Depersonalisation und Scham
  • 11.7 Fokale Depersonalisation
  • 11.8 Zusammenfassung

12 Schizophrene Mystifikation als Abwehr und Wunscherfüllung

  • 12.1 Regressionsebenen
  • 12.2 Der Grundkonflikt
  • 12.3 Die „Hexenspirale" (the „vicious spiral")
  • 12.4 Rätselhaftigkeit als Exhibition
    12.4.1 Ausdrucksmagie
    12.4.2 Gegenübertragung
  • 12.5 Die symbolischen Bedeutungen von Denkstörungen
  • 12.6 Grundkonflikte und Urabwehr (proto-defense)
  • 12.7 Übersicht über die wichtigsten unbewußten, pathogenen Konfliktgruppen
  • 12.8 Zusammenfassung

13 Schamlosigkeit

  • 13.1 Wertemangel (value privation) und „kompromittierte Integrität"
  • 13.2 „Die schlimmste aller menschlichen Krankheiten"
  • 13.3 Zusammenfassung

14 Schlußfolgerungen für die psychoanalytische und psychotherapeutische Technik

  • 14.1 Schamwiderstand
  • 14.2 „Analyse beginnt immer an der Oberfläche der Gegenwart"
  • 14.3 Angstanalyse
  • 14.4 Abwehr gegen die Abwehr
  • 14.5 Übertragung der Abwehr
  • 14.6 Der „innere" Fokus
  • 14.7 Der „äußere" Fokus
  • 14.8 Theatophilie und Technik
  • 14.9 Verschiedene Formen des Schamwiderstands
    14.9.1 Allgemeiner Schamwiderstand
    14.9.2 Durch Übertragungshandlungen verschleierte Scham
    14.9.3 Das Umdrehen des Spießes als Übertragung der Abwehr
    14.9.4 Undurchdringlichkeit (impenetrability)
    14.9.5 Das „Ausschalten" („tuning out")
    14.9.6 Übertragung der Abwehr durch Projektion
    14.9.7 Widerstand durch Scham als Deckaffekt
    14.9.8 Die „Schlemihlabwehr"
    14.9.9 Abwehr durch Sequenzen von „Impulshandlungen"
  • 14.10 Konfusion und Fragmentierung
    14.10.1 Die Frage struktureller Defekte
  • 14.11 Das Problem der Gegenübertragung
  • 14.12 Diagnostische Hyperbole
  • 14.13 Einsicht: eine Form des „Schauens"
    14.13.1 Das Prinzip der Spezifität
    14.13.2 Das Prinzip der Integration
    14.13.3 Kairös
    14.13.4 Der Gefühlston des Zusammenpassens
    14.13.5 Nach innen schauen (looking inward)
  • 14.14 Selbstanalyse
  • 14.15 Zusammenfassung

15 Die heroische Panszendenz der Scham

  • 15.1 Schöpferkraft und Ergriffenheit
    15.1.1 Verletztsein
    15.1.2 Beethoven
    15.1.3 Magie
    15.1.4 Vielfältige Bedeutung und Delophilie
  • 15.2 Authentizität
  • 15.3 Der Maskierte: der versteinerte Versteinerer
  • 15.4 Zusammenfassung

16 Sinnloser Haß, Scham und die Sünde der Verdinglichung

  • 16.1 „Sin'at Chinnam - Grundloser Haß"
  • 16.2 Himmelsreise und Teufelsstimme
  • 16.3 Der Mensch als Selbstzweck
  • 16.4 „Das Lügengefängnis" - Joseph Conrads „Unter westlichen Augen"
    16.4.1 „Die Stärke der Falschheit - the strength of falsehood"
    16.4.2 „Doch wir schauen noch immer auf einen Konflikt"
    16.4.3 „Die erstickenden Dämpfe der Falschheit"
    16.4.4 „Das Land der gespenstischen Ideen und körperlosen Sehnsucht"
    16.4.5 Doppelte und vielfache Wirklichkeit
    16.4.6 Die tragische Dimension
  • 16.5 Scham, Schuld und Vernichtung in Kafkas „Prozeß"
  • 16.6 „Liebe bedeutet: Ich will, daß du bist"
  • 16.7 Absolutheit und der „Toleranzmidrasch"

17 Epilog: der Heilende

Der Autor

Léon Wurmser, Prof. Dr. med., geboren am 31. Januar 1931 in Zürich in der Schweiz, studierte zunächst an den Universitäten Zürich und Basel Medizin und spezialisierte sich auf Psychiatrie, Psychotherapie und Innere Medizin. Nach seiner Promotion 1959 emigrierte er in die USA, wo er begann, als klinischer Psychiater, Psychoanalytiker sowie als Hochschullehrer an der West Virginia University (Charleston, West Virginia) und der University of Maryland (Baltimore County) zu arbeiten. Nach seiner Emeritierung war er noch l#nger als Psychoanalytiker in seiner eigenen Praxis tätig und arbeitete als Lehr- und Kontrollanalytiker für die New York Freudian Society.

Wurmser war in der Geschichte der Psychoanalyse einer der ersten Analytiker, der das faktische Dogma der Nichtbehandelbarkeit schwerster Borderline-Persönlichkeitsstörungen durch die Psychoanalyse nicht mehr akzeptiert und durch zumindest partiell erfolgreiche Behandlungen widerlegt hat. Er ist Verfasser zahlreicher Veröffentlichungen. Seine herausragenden, in deutscher Sprache erschienenen Werke sind: „Flucht vor dem Gewissen. Analyse von Über-Ich und Abwehr bei schweren Neurosen“ (1987), „Die zerbrochene Wirklichkeit“ (1988), „Die Maske der Scham“ (1990, 2010), „Das Rätsel des Masochismus“ (1993), „Die verborgene Dimension. Psychodynamik des Drogenzwangs“ (1997), „Magische Verwandlung und tragische Verwandlung. Die schwere Neurose – Symptom, Funktion, Persönlichkeit“ (1999), „Die eigenen verborgensten Dunkelgänge. Narrative, psychische und historische Wahrheit in der Weltliteratur“ (1999), „Ideen- und Wertewelt des Judentums – Eine psychoanalytische Sicht“ (2001, 2016) sowie „Mein Licht in deiner Hand. Betrachtungen eines Analytikers über Religion, Philosophie und Literatur“ (2012).

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