Details

Autor Langer, Georg (Jiří Mordechai)
Herausgeber Freud, Sigmund (Hg.)
Verlag Internat. Psychoanalytischer Verlag, Wien
Auflage/ Erscheinungsjahr 1931, EA
Format 24 × 16 cm
Einbandart/ Medium/ Ausstattung OBrosch.
Seiten/ Spieldauer 53 Seiten
Reihe Sonderabdruck aus „Imago, Zeitschrift für Anwendung der Psychoanalyse auf die Natur- und Geisteswissenschaften“ (herausgegeben von Sigm. Freud), Bd. XVI (1930)
SFB Artikelnummer (SFB_ID) SFB-008712_AQ

"... Einst ging Rabbi Ele'azar des Weges und Rabbi Hizkiah ging mit ihm. Da sahen sie eine Schlange. Rabbi Hizkiah machte sich daran, sie zu töten. Rabbi Ele'azar sagte ihm aber: 'Lasse sie, töte sie nicht!' Er antwortete ihm: 'Sie ist doch ein böses Ding, denn sie tötet Menschen.' Da sagte ihm Rabbi Ele'azar: '... Die Schlange beißt den Menschen nur, wenn man es ihr von oben weist, indem ihr gesagt wird: gehe, töte den oder den!'" - Zohar II, 68b).

"Die erotische, insbesondere die phallische Bedeutung der Schlange dürfte wohl zum Teil auch den phallischen Sinn des schlangenähnlichen (Gebets-)Riemens erklären."

Aus dem Schlußabsatz des Autors

Zu dieser Ausgabe

Kulturwissenschaftlich-psychoanalytische Deutung der Funktion und des Gebrauchs der Tefillin (hebräisch תפילין təfillin, deutsch ‚Gebet‘ [Singular], תפילה təfilla [Plural: Tefilla]), deutsch Gebetsriemen, manchmal auch Phylakterien genannt, einem Paar kleiner schwarzer, mit Lederriemen versehener, lederner Gebetskapseln, die auf Pergament handgeschriebene Schriftrollen mit Texten aus der Tora, den fünf Büchern Moses, enthalten. Tefillin werden von religiösen jüdischen Männern – im Reformjudentum teilweise auch von Frauen – an Werktagen beim Morgengebet (hebräisch Schacharit), getragen. Der Arm-Teil liegt am Oberarm und die Riemen werden um den Arm, die Hand und Finger gewickelt, der Kopf-Teil wird über der Stirn getragen. Das Anlegen der Tefillin dient als Mahnung, JHWHs Gebote zu beachten. Ihre Form, die Art sie zu tragen und der Inhalt der Gebetskapseln sind im Talmud festgelegt.- "Sonderdruck aus Imago. Bd. XVI". - Erste Buchausgabe als Broschur aus der Feder des Talmudkenners, der auch Franz Kafkas Hebräischlehrer war.

Textauszug:

"(...) Der Tephillin, Gebetkapseln oder Gebetriemen, sind zwei. Durch je einen Riemen wird auf dem linken Oberarm und auf dem Kopfe je ein ledernes Häuschen (hebräisch: bajith, Haus) befestigt. Die Basis beider Häuschen bildet eine harte, quadratische Lederplatte, die, allseitig breiter, den Grundriß der Häuschen überragt. Das Handgehäuse muß dem Herzen zugewendet sein, das Kopfgehäuse soll aber nicht - wie man etwa einem weiter unten zitierten Bibelverse zufolge erwarten würde - "zwischen den Augen", also unter der Stirn, liegen, sondern oberhalb der Stirn am Haaransatz, genau in der Mitte. Die Schriftröllchen, welche in beiden Gehäusen mittels Viehhaar eingenäht sind, tragen gleiche Texte, und zwar je vier Abschnitte aus der Thora, in denen es heißt: "Befestige sie" (nämlich die Thoraworte) "als Zeichen an deine Hand und sie seien Stirnbänder (totaphoth) zwischen deinen Augen. … Der traditionstreue Jude legt die Tephillin jeden Morgen - Sabbath und Festtage ausgenommen - an und trägt sie während des ganzen Morgengebetes, wobei das Handgehäuse bedeckt, das Kopfgehäuse entblößt gehalten wird. In früheren Zeiten - und hie und da noch heute - trugen Fromme und Gelehrte die Phylakterien den ganzen Tag und legten sie lediglich vor dem Schlafe, dem Mahle und vor Verrichtung der intimen Bedürfnisse ab. Dieses wiederholt vollzogene und andauernde Fesseln des ganzen linken Armes ruft in manchen Fällen eine den Juden eigene schwere Armlähmung hervor. (...)"

Freilich ist diese Erkrankung des Armes nicht bewußt beabsichtigt. Eine solche Absicht würde den
Prinzipien der jüdischen Religion (die sich allerdings nicht immer von rationellen Erwägungen leiten lassen) betreffend die Wahrung der Gesundheit aller Organe kraß widersprechen. Wir müssen den Ursprung der Fesselungsabsicht eher in einem verdrängten Wunsch des Unbewußten suchen und werden kaum fehlgehen, wenn wir sie als ursprünglich einem anderen Organe geltend als dem harmlosen linken — „schwächeren" — Arm, an sehen werden, um so mehr, als ja das Fesseln durch die Psychoanalyse als ein Symbol der Kastration, in unserem Falle also der Selbstkastration, bekannt ist. Dem würde übrigens auch der seitens der jüdischen Tradition angedeutete Zweck des Tephillingebotes entsprechen, die Tephillin sollen den Menschen vor Sünde bewahren. Denn am besten schützt man sich wohl vor der „Sünde", wenn man sich kastriert.

Neben dieser die Erotik einschränkenden Funktion der jüdischen Gebetriemen wird allerdings dem Riemen im allgemeinen eine positiv erotische Bedeutung beigelegt. (...) Wie der Riemen besitzt auch das Leder überhaupt zwei widersprechende Bedeutungen. Einerseits ist es in Sagen und Mythen ein Unterweltsmotiv -  also ein Symbol für den Todes- beziehungsweise Kastrationswunsch - , anderseits hat das Leder auch eine positiv erotische Bedeutung, die zum Teil als durch die Tatsache motiviert erscheinen dürfte, daß frisches Leder eine sexuelle Einwirkung auf den Geruchsinn ausübt. Das würde übrigens auch die seltsame Freude des jüdischen Knaben in seiner Pubertät verständlich machen, die Hingabe, mit der er das Gebot des Tephillinanlegens täglich befolgt. Lächelnd steht er zu früher Morgenstunde auf, um die in der Regel neuen und darum noch nach frischem Leder scharf duftenden Tephillin anzulegen.(...)

In den römischen Lupercalia zeigt der Riemen als Phallussymbol mehr seinen befruchtenden, zeugenden (positiv erotischen) Inhalt. In dem jüdischen Tephillinriemen tritt hingegen eher sein negativer Charakter in Erscheinung: An den gegen den Vatertotem gerichteten Kastrationswunsch knüpft sich hier - im Strehen nach Beherrschung des eigenen Triebes (der sündhaften Gedanken) - der Selbstkastrationswunsch an, als dem Schuldgefühl entsprechende Sühne, nachdem durch das Anlegen der Phylakterien die Identifizierung mit dem Vatertotem (auch Gott legt die Tephillin an) erreicht wurde.

Und in der Tat wird der jüdische Knabe von dem Tage an, an dem er die Phylakterien zum erstenmal anzulegen berechtigt ist (nach Erreichung des dreizehnten Lebensjahres), allen Männern - also auch seinem Vater - in bezug auf alle rituellen Pflichten und Rechte fast gleichgestellt. (....)"

Der Autor

Jiří Georgo Mordechai Langer, (19.03.1894 in Prague – 12.93.1943 in Tel Aviv) was a Hebrew poet, scholar and essayist, journalist and teacher.

Langer had been born to the assimilated Jewish family and attended Czech schools. However, already in his early years he felt attracted to Judaism and studied Talmud and Kabbalah with his friend from school: Alfred Fuchs. At the age of 19 he decided to leave his family home and went alone to Belz to join the Hasidic court of Yissachar Dov Rokeach. He later described this journey and his experience in the Hasidic shtetl in the book Nine Gates to Hasidic Mysteries (cz. "Devět bran").

At the outbreak of World War I he was drafted to the Austro-Hungarian army, but refused to obey military orders because of his religious beliefs. For refusing to obey orders he was imprisoned in military jail. After being released he came back to the Rokeah's court upon its exile to Hungary during the war years. In this time he deepened his studies of Torah, Talmud, Midrash, and Kabbalah and lived the hasidic life together with the community. With the end of World War I Jiří Langer left the hasidic court and decided to move to Vienna, where he studied at the Hebrew Pedagogic Academy. This was also a time when his philosophy turned into the direction of religious Zionism. Later he came back to Prague, where he joined the work of Zionist institutions and worked as teacher of Jewish religion in Czech schools. This was also a time when he developed his friendship with Franz Kafka and Max Brod. He is remembered today as the first non-Eastern European Jew to write poetry in Hebrew in modern times, as well as for the daring homoerotic strain that runs through his writing, which was highly unusual in those days. Recent scholarship has examined Langer's homosexuality.

Publications

  1. Die Erotik der Kabbala (The Eroticism of Kabbalah; 1923)
  2. [Zur] Funktion der Jüdischen Türpfostenroll (The Function of the Mezuzah; 1928)
  3. Die (Jüdischen) Gebetriemen (The [Jewish] Phylacteries; 1931)
  4. Devĕt bran (Nine Gates; 1937)
  5. Talmud: ukázky a dĕjiny (Talmud: Anthology and History; 1938)
  6. Zpĕvy zavržených (The Poems of the Rejected; 1938).  - (Quelle: Wikipedia)

Erhaltungszustand

Im Klassischen Fachantiquariat der SFB ist dieser seltene Sonderabdruck aus der Zeitschrift  „Imago, Zeitschrift für Anwendung der Psychoanalyse auf die Natur- und Geisteswissenschaften“ (herausgegeben von Sigmund Freud), Band XVI, als ein noch gut erhaltenes Exemplar in der Original-Broschurbindung verfügbar; innen gut und ohne Anstreichungen, Anmerkungen o.ä., eine Lage noch unaufgeschnitten. - Wie üblich, ist auch dieses Exemplar an den Rändern unbeschnitten und wirkt dadurch etwas ausgefranzt. (Hintergrund: Die vom Verlag unbeschnitten ausgelieferten Broschurexemplare eröffneten dem Käufer die Möglichkeit, sein Exemplar, wie seinerzeit üblich, zu einem Buchbinder seiner Wahl zu bringen und es nach eigenen Wünschen schlicht oder aufwendig nachbinden zu lassen.) - SELTEN!

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