Details

Autor Voigtel, Roland
Verlag Psychosozial-Verlag
Auflage/ Erscheinungsjahr 03.2022
Format 21 × 14,8 cm
Einbandart/ Medium/ Ausstattung Paperback
Seiten/ Spieldauer 445 Seiten
Gewicht 636
ISBN 9783837931440

Zu diesem Buch

Die Krankheit »Sucht« ist ein Massenphänomen in gegenwärtigen Industriegesellschaften. An den Schnittstellen von Therapie, Beratung, Prävention und Politik sind ihre Relevanz und Aktualität – als individuelles Leiden und gesamtgesellschaftliches Phänomen – seit Jahrzehnten ungebrochen.

Angesichts bisheriger Theorien zu Sucht und Abhängigkeit, die zumeist widersprüchlich und für die Behandlungspraxis nur bedingt geeignet erscheinen, entwickelt Roland Voigtel ein theoretisch klar abgegrenztes und zugleich anwendungsorientiertes Konzept der Krankheit »Sucht«: Im Gespräch zwischen Neurochemie, Psychiatrie, Lerntheorie und vielfältigen Konzepten der Psychoanalyse sieht er den Anfangspunkt der Sucht in der missglückten Beziehungserfahrung des Kleinkindes mit seiner Bezugsperson. Zwischen der Illusion von Autonomie und der Betäubung unerträglicher Trennungsaffekte wird das Suchtmittel zu Beziehungsersatz und Ich-Stütze. Ausgehend von dieser Grundidee ermöglicht Voigtel Therapeut*innen ein einfühlendes Verständnis, diagnostische Sicherheit und die Wahl der passenden Haltung und Behandlungsform für ihre Patient*innen.

Inhalt

Einleitung

I Maßlosigkeit als Krankheit 
Geschichte und gängige Erklärungen der Sucht

  • 1 Wo beginnt die Sucht?
  • 2 Geschichte
    Am Anfang gab es keine Sucht
    Protestantische Moral
    Eine Krankheit wird hergestellt
    Körperliche Abhängigkeit
    Erbgut-Entartung
    Die nüchternen Arbeiter
    Ergebnisse
  • 3 Psychiatrische Auffassungen
    Entartete Leidenschaft
    Äußerliche Deskription
  • 4 Auffassungen in der Gesundheitspolitik
    Inflationierter Begriff
    Faktorenmodell
    Drogenpolitik
    Spezifische Definition
  • 5 Ökonomische und soziologische Modelle
    Verführerisches Angebot und schlechte Lebenslage
    Abweichende Subkulturen
    Soziologische Medizin-Kritik
  • 6 Lerntheorie
  • 7 Kulturkritik
  • 8 Psychoanalytische Konzepte
    Ungezügelte Lust
    Die Macht des Triebes
    Eine initiale Verstimmung
    »You know, I’m no good« (Amy Winehouse)
    Ungereimtheiten des Triebkonzepts
    Sucht als Abwehr
    »Heroin, it’s my wife and it’s my life« (Lou Reed)
    Externalisierung
    Narzissmus versus Ordnung und Ehrbarkeit
    Angst vor Verschlungen-Werden
    Undifferenzierte Hassliebe
    Drei Sorten Sucht
    Passive Überlassung
    Überblick
  • 9 Neurochemisches Modell
    Botenstoffe im Belohnungssystem
    Drogenwirkung im Gehirn
    Rattenversuche
  • 10 Vererbung
  • 11 Zwischenresümee

II Missglückte Bindung
Ein neues psychoanalytisches Modell der Sucht

  • 12 Vorklärung: Sucht und nicht-süchtiger Gebrauch
    Kein Stoff macht psychisch abhängig
    Nicht-süchtiger Gebrauch
    Risiken des Gebrauchs
  • 13 Das unbelebte Objekt
    Unbezogenheit beruhigt
    Abgrenzung zu ähnlichen Phänomenen
  • 14 Die Beziehungsstörung
    Rekapitulation
    Die vorsprachliche Zeit
    Leben in prozeduralen Schemata
    Mangelnde Modulation
    Die frühsprachliche Zeit
    Das begrenzende Selbstobjekt
    Das Nein
    Das bewertete Ich
    Die Triangulierung
  • 15 Die Abwehroperationen
    Erste Operation: Überlassung an das direktive Objekt
    Zweite Operation: Donale Verschiebung
    Dritte Operation: Rückzug in den beruhigenden Raum
    Separationsdruck und Angst
    Vierte Operation: Einsatz des unbelebten Objekts
    Destruktive Maximierung
    Exkurs: Die Verwerfung
    Ansteckung in der Gruppe?
    Eine Chance für Therapie und Prävention
  • 16 Varianten schwerer Sucht (Darstellung mit Fallbeispielen)
    Erste Variante: Adaptive Sucht
    Zweite Variante: Fusionäre Sucht
    Dritte Variante: Resignative Sucht
    Vergleich
  • 17 Zur Therapie
    Die Übertragung des direktiven Objekts
    Das Ringen um die Abstinenz
    Die Identifikation mit der Therapeutin
  • 18 Manische Abwehrsysteme
    Kontraphobische Selbstbehauptung (Antechie)
    Ideal-Anspruch
    Selbstverletzung
    Perversion
    »Sexsucht«
  • 19 Symptomatische Sucht! – eine ergänzende Abwehroperation
    Pathologischer Narzissmus
    Borderline-Zustand
    Depression
    Neurosen
  • 20 Reaktive Sucht
    Traumatische Erfahrungen
    Soziale Notlagen
    Punktuelle Vulnerabilität

III Privates Elend
Sozio-Psychoanalyse der Abhängigkeitsbedingungen

  • 21 Eine kurze Geschichte der Erziehungshaltungen
    Missachtung versus Anerkennung
    »Mutterliebe«
    Das bürgerliche Privatleben
    Staatsmacht, exekutives Patriarchat und Volkserziehung
    Nazi-Erziehung
    Nach dem Krieg
    »The order is rapidly fading« (Bob Dylan)
    Autonomieförderung und Postheroik
  • 22 Selbstsorge versus Fürsorge
    Direkter Zwang
    Bedrückende Lebensumstände
    Statussicherung
    Innere Zwangslagen
    Was ändern?
  • 23 Der Einschluss im Privaten
    Theoretische Schlussbemerkung

Literatur
Personen

Der Autor

Dr. phil, Dipl.-Psych., Dipl.-Pol., Roland Voigtel, geb. 1951, ist Psychologischer Psychotherapeut, Psychoanalytiker (DGPT, DPG) und Supervisor in eigener Praxis in Berlin. Er war zwölf Jahre lang (1988–1999) Wissenschaftlicher Leiter eines Modellprojekts des Berliner Senats zur Suchtpävention an Schulen. Voigtel arbeitet seit vielen Jahren mit Suchtmittel-abhängigen Patient*innen in ambulanter psychodynamischer Einzeltherapie. Zugleich ist er sowohl für Kolleg*innen mit eigener Praxis als auch für psychiatrische Klinikabteilungen und Teams aus Einrichtungen der Suchthilfe als Supervisor tätig. Er hatte Lehraufträge zu den Themen Psychoanalyse und Sucht an verschiedenen Fachbereichen der Berliner Universitäten, hat zur Psychoanalyse der Sucht, zu Jugendproblematiken und zu Fragen der psychodynamischen Behandlungsführung publiziert und Vorträge gehalten. Roland Voigtel arbeitete und arbeite noch in der psychoanalytischen und tiefenpsychologischen Ausbildung und ist derzeit Mitglied des Leitungsgremiums Tiefenpsychologie an der Berliner Akademie für Psychotherapie.

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