Details

Autor Reisner, Erwin
Verlag Insel Verlag
Auflage/ Erscheinungsjahr 1986
Format 12,8 × 2,8 × 20,4 cm
Einbandart/ Medium/ Ausstattung Gebunden mit Schutzumschlag
Seiten/ Spieldauer 328 Seiten
ISBN 9783458145158

Aus der Einleitung des Autors

"Der normale Abendländer sieht keine Dämonen, er kennt sie nicht aus der Erfahrung, sondern nur vom Hörensagen nur aus den überlieferten Berichten vergangener Geschlechter und fremder Völker, die ihm so fremd sind, daß sich der Kontakt unmittelbaren Verstehens mit ihnen kaum noch herstellen läßt. Und so hat, was sie meinen und erschauen und sagen, für seine allzu wache gespannte Aufmerksamkeit von vornherein mehr den Charakter des Kuriosen als des Gültigen und Glaubwürdigen. Ihre magischen Riten, ihre Gesänge und Tänze, ihre Mythen und Märchen, ihre Bilder und Masken, das alles scheint ihn zunächst wenig anzugehen, es erweckt nur gerade seine Neugier und vielleicht auch sein ästhetisches Interesse so wie die Farben von exotischen Blumen oder bunten Steinen.

Das Dämonische begegnet ihm als ein typisches Merkmal des „Anderen“, mit dem er nichts oder doch nichts mehr zu tun hat, es reicht nicht hinein in den umgrenzten Bezirk seines eigenen Selbst- und Weltbewußtseins. Aber dieser Bezirk ist immerhin keine uneinnehmbare Festung. Wir können ja gar nicht sein ohne das Andere samt allem was dazu gehört, wir müssen ihm darum wenigstens zuweilen die Tore öffnen und es einlassen. Wir stehen trotz allem ständig in Wechselbeziehung zu dem von uns Ausgeschlossenen. Gewiß muß diese Beziehung die Fremdheit noch nicht zur Vertrautheit machen.

Man kann auch im eigenen Haus dem Gast gegenüber reserviert bleiben, man kann sich sozusagen vom äußeren auf den inneren Festungsgürtel zurückziehen, ja man kann dem Anderen, das uns äußerlich übermächtigt, dennoch innerlich verschlossen bleiben und die Anerkennung versagen. Aber diese Haltung führt am Ende unausweichlich zu einem Krampf, und es wird ein Augenblick kommen, da nur der Verzicht auf sie Erlösung bringen kann. Was uns bedrängt und bedroht, erscheint weniger bedrohlich, sobald wir es verstehen und zwar verstehen nicht mit dem Verstand als eine Art Naturmacht, der Widerstand zu bieten wir nach mechanischen Gesetzen keine Kraft haben, sondern von innen her als einen Willen, der, eben weil er Wille ist, irgendwo mit unserem eigenen Willen zusammentreffen muß. So kommt es schließlich dahin, daß wir sehr bereit sind, Bewußtsein und Willen auch dort zu suchen, wo wir bisher nur starre Gesetze zu sehen vermochten, daß wir der bloßen totalen Kausalität, die auch uns den Erfrierungstod bringen muß, sogar einen dämonischen Willen vorziehen. Wir möchten dann, sei es wie immer, wieder verstehen und nicht nur begreifen, wir möchten uns inmitten einer lebendigen Umwelt als Lebendige fühlen. Freilich bedeutet dieser Wunsch noch längst nicht auch die Möglichkeit seiner Erfüllung, er erklärt nur gerade, weshalb man seit einiger Zeit mit lüsternen Augen nach jenen vor kurzem noch so weit abliegenden Dingen zu schielen beginnt.

Der abendländische Mensch, vor allem der des achtzehnten, neunzehnten und beginnenden zwanzigsten Jahrhunderts meinte die Dämonen überwunden oder richtiger ihre Nichtigkeit, ihr Nichtvorhandensein endlich erkannt zu haben. Aber er hat sie doch tatsächlich nur in der Weise überwunden, wie einer das Licht überwindet, der sich selbst die Augen aussticht. (...)"

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