Details

Autor Freud, Sigmund (1856-1939)
Verlag Internationale Psychoanalytischer Verlag, Wien
Auflage/ Erscheinungsjahr 1930, (1.-12. Tsd., Erste Buchausgabe)
Format 19,6 × 13,5 cm
Einbandart/ Medium/ Ausstattung OLwd, mit geprägtem Titel
Seiten/ Spieldauer 136 Seiten
SFB Artikelnummer (SFB_ID) SFB-010685_AQ

(Grinstein 233; Meyer-Palmedo/Fichtner 1930 a; Kreuter I, 393)

›Das Unbehagen in der Kultur‹ ist der Titel einer 1930 erschienenen Schrift von Sigmund Freud. Die Arbeit ist, neben ›Massenpsychologie und Ich-Analyse‹  (1921), Freuds umfassendste kulturtheoretische Abhandlung; sie gehört zu den einflussreichsten kulturkritischen Schriften des 20. Jahrhunderts. Thema ist der Gegensatz zwischen der Kultur und den Triebregungen. Die Kultur sei bestrebt, immer größere soziale Einheiten zu bilden. Hierzu schränke sie die Befriedigung sexueller und aggressiver Triebe ein; einen Teil der Aggression verwandle sie in Schuldgefühl. Auf diese Weise sei die Kultur eine Quelle des Leidens; ihre Entwicklung führe zu einem wachsenden Unbehagen.

Teil I - Die Abhandlung beginnt mit einem Nachtrag zu Freuds Schrift Die Zukunft einer Illusion von 1927. Freud bekräftigt die dort entwickelte These von der Vatersehnsucht als Grundlage der Religion. Romain Rolland hatte dagegen eingewandt, die letzte Quelle der Religion sei das „ozeanische Gefühl“. Freud rekonstruiert dieses Gefühl als primären Narzissmus ohne Grenze zwischen dem Ich und der Außenwelt, und er räumt ein, dass dieser Narzissmus in eine Beziehung zur Religion geraten sein könne. Seine Bedeutung für die Religion sei allerdings sekundär.

Teil II -  Danach geht Freud zum Thema der Abhandlung über – dem Verhältnis von Kultur und „Unbehagen“, also Unlust, Leid, Unglück. Er beginnt mit einer Erörterung der verschiedenen Quellen der Unlust. Der Lebenszweck werde faktisch durch das Lustprinzip gesetzt, also durch das Streben nach Lust und Lustvermehrung. Dieses Prinzip sei jedoch nicht realisierbar; die Außenwelt, die sozialen Beziehungen und der eigene Körper seien Quellen von Unlust. Deshalb werde das Lustprinzip durch das Realitätsprinzip ersetzt, das Streben nach Unlustvermeidung durch Beeinflussung der Quellen der Unlust. Auch dieser Weg stoße jedoch auf Grenzen.

Teil III - Eine wichtige Quelle des Unglücks sei die Kultur. Durch sie unterscheide sich der Mensch vom Tier und sie habe zwei Ziele: die Beherrschung der Natur und die Regelung der menschlichen Beziehungen. Die Kultur sei auf der Versagung von Triebbefriedigung aufgebaut. Damit stehe sie im Gegensatz zur individuellen Freiheit, was Kulturfeindschaft hervorrufe.

Teil IV - Auf den ersten Blick sehe es anders aus, denn die Grundlage der Kultur sei, neben der gemeinschaftlichen Arbeit und Arbeitsteilung, die Liebe und damit die Triebbefriedigung. Die Liebe führe historisch zur Bildung der Familie, nicht nur die Liebe in ihrer sexuellen Form (Beziehung zwischen Mann und Frau), sondern auch in ihrer „zielgehemmten“, zärtlichen Gestalt (Beziehung zwischen Mutter und Kind). Zwischen Liebe und Kultur gebe es jedoch zugleich einen Gegensatz. Die Familie widersetze sich dem Ziel der Kultur, der Bildung immer größerer sozialer Einheiten. Und die Kultur unterwerfe das Sexualleben starken Einschränkungen, sodass die Sexualität des Kulturmenschen schwer geschädigt sei.

Teil V - Die Kultur stütze sich auf die Energie des Sexualtriebs, die Libido. Dabei verwende sie die Libido überwiegend in „zielgehemmter“ Form, um nämlich durch Identifizierung größere soziale Einheiten zu erzeugen. Diese Art der Libidoverwendung gehe jedoch auf Kosten des Sexuallebens, und die Versagung der Sexualbefriedigung führe zur Neurose. Damit stelle sich die Frage, warum die Kultur auf den zielgehemmten Sexualtrieb angewiesen ist. Freuds Antwort lautet: um damit einen anderen Trieb zu unterdrücken: die Neigung zur Aggression. Der Kulturmensch habe ein Stück Glücksmöglichkeit gegen ein Stück Sicherheit eingetauscht.

Teil VI - Freud nimmt an, dass der Mensch mit zwei Grundtrieben ausgestattet ist, Eros und Todestrieb. Der Eros trete in doppelter Form auf, als Narzissmus und als Objektliebe. Auch der Todestrieb zeige sich in zwei Gestalten; eine primäre Tendenz ist die der Selbstzerstörung, durch Ablenkung nach außen ergebe sich hieraus die Neigung zur Aggression und zur Destruktion.

Teil VII - Die Aggression werde von der Kultur nicht einfach nur unterdrückt. Sie verwende einen Teil der unterdrückten Aggression, um eine für die Kultur wichtige psychische Größe hervorzubringen: das Schuldbewusstsein (oder Schuldgefühl oder Gewissen). Das Schuldbewusstsein entstehe dadurch, dass die aggressive Beziehung zu einer äußeren Autorität durch Identifizierung mit der Autorität verinnerlicht wird. Diese Identifizierung führe zur Ausdifferenzierung des Über-Ichs aus dem Ich, und das Gewissen beruhe auf der Aggression des Über-Ichs gegen das Ich. Das Schuldbewusstsein sei häufig unbewusst, es äußere sich dann als Strafbedürfnis. Seinen historischen Ursprung habe das Schuldgefühl im Mord der Söhne der Urhorde am Urvater und damit letztlich in der Ambivalenz von Eros und Todestrieb in der Beziehung zum Vater.

Teil VIII - Damit kommt Freud zur Hauptthese der Abhandlung: Der Preis für den kulturellen Fortschritt sei die zunehmende Glückseinbuße durch das wachsende Schuldgefühl. – Der Essay schließt mit einer Überlegung zum Verhältnis von Ethik und Neurose. Kulturen haben Freud zufolge, wie Individuen, ein Über-Ich. Das „Kultur-Über-Ich“ stelle Forderungen an die Beziehungen der Menschen zueinander; diese Forderungen – zusammengefasst in der Ethik – verlangen die Beherrschung der Triebe, und zwar in einem Maße, das dem Menschen nicht möglich sei. Möglicherweise seien einige Kulturen deshalb insgesamt „neurotisch“ geworden. Freud endet mit der Frage, ob sie therapiert werden können; er lässt diese Frage offen. (Quelle: gekürzt aus Wikipedia)

Zu dieser Erstausgabe

"Die Schicksalsfrage der Menschheit scheint es mir zu sein, ob und in welchem Maße es ihrer Kulturentwicklung gelingen wird, der Störung des Zusammenlebens durch den menschlichen Aggressions- und Selbstvernichtungstrieb Herr zu werden. (...)

Die Menschen haben es jetzt in der Beherrschung der Naturkräfte soweit gebracht, daß sie es mit deren Hilfe leicht haben, einander bis auf den letzten Mann auszurotten. Sie wissen das, daher ein gut Stück ihrer Unruhe, ihres Unglücks, ihrer Angststimmung. Und nun zu erwarten, daß die anderen der beiden ´himmlischen Mächte`, der ewige Eros, eine Anstrengung machen wird, um sich im Kampf mit seinem ebenso unsterblichen Gegner zu behaupten. Aber wer kann Erfolg und Ausgang voraussehen?"

Aus dem Schlußwort des Autors

Zum Erhaltungszustand

Im klassischen Fachantiquariat der SFB ist diese seltene Erstausgabe als ein besonders gut bis vorzüglich erhaltenes Exemplar verfügbar. Der gelbfarbene Leinwandeinband mit der markanten Titelpägung in blauer Farbe ist annähernd makellos erhalten; auf dem rückseitigen Bucheinband verblasste Spuren einer fahrlässigerweise dort womöglich vom Erstbesitzer abgestellte Kaffeetasse (vergl. Foto) und mit einem kleinen Namenseintrag auf dem Vorsatz in anmutiger Handschrift. - Sehr selten!

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