Details

Autor Herzog, Dagmar
Verlag Suhrkamp
Auflage/ Erscheinungsjahr Deutsche Erstausgabe; 20.11.2023
Format 17.6 × 10.6 cm
Einbandart/ Medium/ Ausstattung Paperback
Seiten/ Spieldauer 380 Seiten
Gewicht 226
Reihe suhrkamp taschenbuch wissenschaft - stw, Band 2393
ISBN 9783518299937

Die Autorin wurde ausgezeichnet mit dem Sigmund-Freud-Kulturpreis

Zu diesem Buch

Hitzige Kämpfe tobten in der Folge des Zweiten Weltkrieges um das Erbe Sigmund Freuds. Die verspätete, genauer gesagt: die lange verdrängte Aufarbeitung des Nationalsozialismus, die sexuelle Revolution der Jungen und die Dekolonisation provozierten fundamentale Transformationsprozesse in der psychoanalytischen Theorie, die ihrerseits auf die Kultur zurückwirkten.

Von den USA über Europa bis nach Lateinamerika schildert Dagmar Herzog die Deutungskämpfe einer Zunft, deren konkurrierende Theorien über Begehren, Angst, Aggression, Lust und Trauma mal konservativen, mal subversiven Zielen dienten – und hält damit ein innovatives Plädoyer für die Psychoanalyse als Erkenntnisinstrument im Dickicht der Verflechtung von Psyche und Gesellschaft.

Aus dem Vorwort der Autorin

"Cold War Freud befasst sich mit den Begegnungen freudianischer Theorien über Begehren, Angst, Aggression, Schuld, Trauma und Lust – also über die Natur des menschlichen Selbst und seiner Motivationen – mit den unheilvollen Ereignissen des Zweiten Weltkriegs und der Folgezeit. Oft wird die Psychoanalyse in ihrer Sicht auf die menschliche Natur für ahistorisch gehalten, doch das Gegenteil ist der Fall. Die Einflüsse epochaler sozialpolitischer und kultureller Transformationen auf die psychoanalytischen Prämissen und Praktiken werden in den Nachkriegsjahrzehnten besonders deutlich. Genau in dieser Zeit erlangte die Psychoanalyse im gesamten Westen die größte Bedeutung sowohl in der Medizin als auch in der Massenkultur. Denn im Laufe der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts hat das psychoanalytische Denken nahezu alle anderen Denksysteme beeinflusst – von den großen religiösen Traditionen bis zu den sozialwissenschaftlichen Disziplinen, von der konventionellen Ratgeberliteratur bis zu radikalen politischen Protestbewegungen. Die Psychoanalyse wurde in all ihrer unbändigen Komplexität zu einem integralen Bestandteil der Sozial- und Geistesgeschichte des 20. Jahrhunderts.

Die Blütezeit der intellektuellen und populären Beschäftigung mit der Psychoanalyse erstreckte sich von den 1940er bis in die 1980er Jahre – von der konservativen Konsolidierung der Nachkriegszeit bis zur (erst verzögerten, aber dann sehr intensiven) Auseinandersetzung mit den Hinterlassenschaften des Nationalsozialismus und des Holocaust, von der Bewegung gegen den Vietnamkrieg und der damit einhergehenden Umkehrung der Moral- und der Generationenordnung bis zur Konfrontation mit den neuen Diktaturen des Kalten Krieges, von der sexuellen Revolution und dem Aufstieg der Frauen- und Homosexuellenbewegungen bis zu einem verstärkten Interesse am globalen Süden sowie daran, von ehemals kolonialisierten Völkern in einer (nur unvollständig) entkolonialisierten Welt zu lernen. Alte Annahmen über das Wesen des Menschen wurden durch neue ersetzt, und die Kämpfe innerhalb und um die Psychoanalyse stellten eine Sprache bereit, um über diese Veränderungen nachzudenken sowie darüber, was im Lichte dessen getan werden könnte und sollte, um eine gerechtere Welt herbeizuführen. Doch die Beziehungen zwischen Psychoanalyse und Politik waren eine permanente Quelle von Ambivalenzen (...)"

Inhalt des Bandes

Einleitung

I Die Welt draußen lassen

  • 1 Die Libidokriege
  • 2 Die Beharrlichkeit der Homophobie und die Neuerfindung der Psychoanalyse

II Erbschaften des Nationalsozialismus

  • 3 Antisemitismus nach dem Holocaust und der Aufstieg der PTBS
  • 4 Der Kampf zwischen Eros und Tod

III Freud radikal

  • 5 Ödipus in die Luft jagen
  • 6 Ethnopsychoanalyse in Zeiten der Dekolonisierung

Nachwort
Anmerkungen / Textnachweise / Bildnachweise / Namenregister / Ausführliches Inhaltsverzeichnis

Die Autorin

Dagmar Herzog ist Distinguished Professor of History am Graduate Center der City University New York und Autorin zahlreicher Publikationen zur Sexual- und Geschlechtergeschichte in der Moderne, zur Holocaustforschung und zur Geschichte der Religion.

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