Details

Autor Reik, Theodor
Verlag Hoffmann & Campe
Auflage/ Erscheinungsjahr 1. bis 7. Tausend 1977, dt. EA
Format 19,2 × 12,3 cm
Einbandart/ Medium/ Ausstattung Leinwand
Seiten/ Spieldauer 504 Seiten
SFB Artikelnummer (SFB_ID) 3-455-08968-2

Zu diesem Buch

Freud hat den Masochismus einmal als die "häufigste und bedeutsamste aller Perversionen" bezeichnet. Reik, der sich intensiv mit dieser Thematik befaßte und laut eigenem Bekunden selbst unter masochistischen Neigungen litt, hat das Freudsche Konzept ausdifferenziert und erweitert und aufgrund seiner eigenen Forschungen modifiziert. In der Fachwelt gilt dieses erstmals 1940 erschienene Buch bis heute als in weiten Teilen gültig und unübertroffen.

Aus der Einführung

»Wie kam nur ein Philosoph auf den Gedanken, daß der Mensch ein Tier ist, das Lust sucht und Unlust vermeidet?« Dieser Satz ist nicht etwa der Beginn einer philosophischen Abhandlung, sondern die Frage, welche ein Gentleman an einen Sportgefährten richtete, während sie beide in der Schweiz Ski fuhren. In der Situation, die der Wintersportler in einem Brief an die Londoner Zeitschrift »New Statesman« beschreibt (1 S. Januar 1938), ist das Auftauchen dieser Frage verständlich. Sie wurde gestellt, als die beiden bei schneiden-dem Wind »in einer mühsamen, krebsartigen Gangart einen gefrorenen Bergabhang hinaufkletterten und immer wieder hilflos abrutschten, von den heiteren Reden schadenfroher Zuschauer unserer Mühen begleitet«. Eine solche Situation ist dem Zweifel daran, ob Streben nach Lust und Vermeidung von Unlust eine durchgängige menschliche Eigenschaft sei, äußerst günstig. Der Sportfreund fragt, ob es eine Lust gibt, die so mühsam und gefährlich gewonnen und von der Unlust so schwer zu unterscheiden ist wie die des Skilaufens. »Wenn Sie«, sagt er, »Ihren Fußknöchel nicht verrenken, so brechen Sie sich wenigstens ein Bein, und wenn Sie zufällig mit heilen Knochen heimkommen sollten, so haben Sie doch viele Stunden einer mühevollen und demütigenden Leistung unter höchst unangenehmen Begleitumständen gewidmet. Sie könnten Ihr Weekend bei erheblich geringeren Kosten mit
Lektüre und Schlaf an Ihrem Kamin zubringen, den schnur-renden Kater auf Ihrem Schoß.« Die launige Betrachtung schließt mit der lapidaren Folgerung: »Der Mensch ist ein masochistisches Tier.« Der Briefschreiber, der gewiß ein gebildeter Mann ist, hat sich daran erinnert, daß die Philosophen gerade seines Landes von Herbert Spencer bis Bertrand Russell die Anschauung vertreten, daß der Mensch wie andere Tiere das anstrebt, was ihm Lust verspricht, und das vermeidet, was Unlust erzeugt. Die Philosophen mögen in Einzelheiten ihrer Meinung uneinig sein, gemeinsam ist ihnen doch die Überzeugung, daß der Mensch Unbehagen flieht. B. Russell betont in seiner »Analysis of mind«, daß das primitive Verlangen eher dahin geht, eine aktuelle Unlust loszuwerden als dahin, eine Lust aufzusuchen. Es ist »a push and not a pull«, meint er. Wie aber fügt sich eine Trieberscheinung wie der Masochismus in ein solches Schema? Die Unlust, die sonst vermieden wird, wird ja hier geradezu aufgesucht. Es ist nicht nur kein weg »von Schmerz und Unbehagen«, sondern umgekehrt ein Verlangen und ein Drang nach ihnen, ein »pull« zu ihnen. Es kann natürlich nur humoristisch gemeint sein, wenn jener Wintersportfreund sich über die Philosophen verwundert. Die Erfahrung des Alltags gibt ihnen recht, daß der Mensch im allgemeinen die Lust sucht oder die Unlust vermeidet. Es klingt wie eine kaum ernsthafte Verkehrung des Tatbestandes, wenn der Briefschreiber behauptet: »Man is a masochistic animäl.« Oder sollte er es doch ernsthafter meinen? Daß er scherzt, schließt ja den Ernst nicht aus. Vielleicht ist der Mensch auf seinem langen Entwicklungsgang durch viele Jahrhunderttausende unter den Veränderungen der Umwelt und der Innenwelt ein masochistisches Tier geworden? Da-von ein anderes Mal mehr. (...)

Inhalt

I Das Problem Einführung

  • 1 Die Anschauungen Freuds
    Der moralische Masochismus
    Der feminine Masochismus
    Der erogene Masochismus
    Die Entstehung des Masochismus nach Freud

II Die Erscheinungen

  • 2 Der Eindruck des Paradoxen Repräsentative
    Beispiele
  • 3 Die Merkmale
    Die besondere Bedeutung der Phantasie
  • 4 Das Suspensemoment
  • 5 Der demonstrative Zug
  • 6 Der provokatorische Faktor

III Die Kräfte

  • 7 Die seelischen Vorgänge - Zwischen Angst und Lust
  • 8 Die Ungeduld des Duldenden
  • 9 Die Flucht nach vorn
  • 10 Anticipando
  • 11 Der geheime Sinn der Zurschaustellung
  • 12 Darstelluhg durch das Gegenteil und durch Übertreibung

IV Der Ursprung

  • 13 Die Entstehung des Masochismus aus der Phantasie
  • 14 Die Theorie Freuds und die eigene Ansicht

V Die Geschlechter

  • 15 Die Beziehung zur Weiblichkeit
  • 16 Der Masochismus der Frau

VI Ich-Wünsche

  • 17 Die verletzte Selbstliebe und der Stolz
  • 18 Die vorweggenommene Rehabilitierung
  • 19 Rast und Rückblick

VII Soziale Formen

  • 20 Der soziale Masochismus
    Der Traum — ein mögliches Leben
  • 21 Orientierung im neuen Gebiet
  • 22 Das nahe und das ferne Ziel 
  • 23 Das fernste Ziel
  • 24 Die Paradoxien Christi
  • 25 Märtyrer und Masochist — Gegensätze in der Gemeinsamkeit

VIII Kulturelle Aspekte

  • 26 Randprobleme Die Beziehung zur Neurose
  • 27 Kultur, Leiden und Leidsucht
  • 28 Nachlese
  • 29 Sieg durch Niederlage

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