Details
Autor | Benz, Wolfgang |
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Verlag | C.H.Beck |
Auflage/ Erscheinungsjahr | 20.02.2025 |
Format | 21.7 × 13.9 cm |
Einbandart/ Medium/ Ausstattung | Hardcover |
Seiten/ Spieldauer | 407 Seiten |
Abbildungen | mit 60 Abbildungen |
Gewicht | 597 |
ISBN | 9783406829338 |
Auf der Flucht vor Hitler - die erste umfassende Gesamtdarstellung des deutschen Exils
Zu diesem Buch
Eingepfercht auf einem Schiff hoffen jüdische Flüchtlinge auf ein neues Leben in Israel. Thomas Mann ist als berühmter Schriftsteller in den USA zwar privilegiert, aber auch er muss sich in einem Leben im Exil einrichten. Marianne Cohn gelingt die Rettung nicht. Sie wird auf der Flucht in die Schweiz geschändet und erschossen. Das Exil in der Zeit des Nationalsozialismus besteht aus unendlich vielen Geschichten und führt in alle Weltgegenden. Wolfgang Benz, einer der besten Kenner des Themas, legt nun die erste große Gesamtdarstellung vor.
Das Dritte Reich zwang hunderttausende Menschen dazu, Deutschland zu verlassen. Jüdinnen und Juden mussten ebenso um ihr Leben fürchten wie solche Deutsche, die sich gegen die Nazis engagiert hatten oder nicht mit ihrer Weltanschauung übereinstimmten. In seiner grundlegenden Darstellung erzählt Wolfgang Benz ebenso eindringlich wie quellennah die Geschichte dieser gewaltigen Fluchtbewegung. Er zeichnet minutiös die Etappen und Orte des Exils nach, die oft demütigenden Umstände der Visabeschaffung und die schwierigen Lebensbedingungen als Fremde und häufig Unwillkommene in einem anderen Land. Dabei gibt er den «Berühmtheiten» wie Hannah Arendt, Sigmund Freud oder Thomas Mann eine Stimme, vor allem aber auch Menschen, denen sonst nur wenig Aufmerksamkeit zuteil wird. So steht das Schicksal einer unbekannten jüdischen Kinderfürsorgerin gleichberechtigt neben dem Weg des weltberühmten Begründers der Relativitätstheorie.
Aus dem umfassenden Vorwort des Autors
"Die Geschichte des Exils ist zuerst die Geschichte einzelner Menschen. Auch in der Massentragödie ist kein Schicksal dem anderen gleich. Gewiss, die Wege ins Exil waren so ähnlich wie die Motive, Deutschland und die unter NS-Ideologie beherrschten Gebiete Europas zu verlassen, nämlich politischer oder rassistischer Verfolgung zu entgehen. Aufgabe des Historikers ist es darüber hinaus, mit dem Blick auf individuelle Schicksale das Drama der Austreibung, der erzwungenen Flucht, der Ausbürgerung und Ausplünderung, schließlich das Ankommen im fremden Land als Ganzes auf die Bühne zu bringen, d. h. anschaulich und verständlich zu machen. Ebenso wichtig war es, die Situation in den Aufnahmeländern darzustellen, das Willkommensein und – häufiger – die Reserve gegenüber Flüchtlingen. Damit ist das Thema auch überaus aktuell. (...)
Im Mittelpunkt des folgenden Versuches, die Geschichte des Exodus aus Hitlers Machtbereich zu erzählen, stehen nicht die berühmten Männer und Frauen, die den Gebildeten in den Sinn kommen, wenn sie auf das Exil der Jahre 1933 bis 1945 angesprochen werden, um, die großen Namen nennend, zu beklagen, welchen ungeheuren Verlust an Kultur, Geistigkeit, Wissenschaft der deutsche Sprachkreis hinnehmen musste. (Damit scheint unbewusst auch gleich die Schuldfrage entschieden: Was haben Albert Einstein und Sigmund Freud, Thomas Mann und Carl Zuckmayer, Arnold Schönberg und die «Comedian Harmonists» uns dadurch angetan, dass sie Deutschland verließen, um andere Nationen mit ihrem Schaffen zu bereichern?) Natürlich sind die Zelebritäten des Exils auch auf den Seiten dieses Buches zu finden, schon wegen der Werke, die sie hinterließen, die Aufschluss geben über die Phänomene Flucht und Vertreibung, über Aufnahme und Existenz im Gastland.
Das Wagnis, die Geschichte des Exils aus Hitler-Deutschland und seiner politischen und sozialen Strukturen darzustellen, kann nur bei (oft schmerzlichem) Verzicht auf manches Detail gelingen. Das bedeutet, dass auf jeden Anschein von Vollständigkeit zu verzichten war, dass auch die biographischen Exkurse paradigmatischen Charakter haben, dass die ausgewählten Orte des Exils zugleich exemplarisch und singulär sind. (...)"
Inhalt
Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9
1. Politische Emigration im Ersten Weltkrieg und in der Weimarer Republik
- Ein Krupp-Direktor im Schweizer Exil Im Streit um die Kriegsschuld
- Der Fall Nicolai . Die «Freie Zeitung»
- Friedrich Wilhelm Foerster: Pazifist und Europäer
- Als radikaler Demokrat verfemt: Emil J. Gumbel
2. Flucht vor der «nationalen Revolution» Exodus der Gegner: Das politische Exil
- Diffamierung, Diskriminierung, Verfolgung: Prinzipien nationalsozialistischer Diktatur
- Das Kulturexil
- Das Exil als tödliche Falle. Karrierebrüche
- Hilfe und Selbsthilfe
- Paradigmatische Existenz: Werner Hegemann, Architekt und Publizist
3. Vertreibung durch Diskriminierung
- Jüdische Auswanderung 1933–1938
- Nationalsozialistische «Judenpolitik»
- Die Illusion jüdischer Selbstbehauptung
- Der schwere Entschluss zur Auswanderung
- Die zionistische Alternative: Kurswechsel nach den Nürnberger Gesetzen
- Psychologische und bürokratische Barrieren
- Hachschara
- Das Haavara-Abkommen
- Deportation der Ostjuden
- Reichskristallnacht
- Hertha Nathorffs Weg ins Exil
- Das offizielle Ende jüdischer Emigration
- Ernst Loewy, ein enttäuschter Zionist
4. Orte des Exils
- Erste Stationen: Saarbrücken, Wien, Amsterdam
- Schweiz
- Prag und Brünn
- Paris und Marseille
- Mexiko
- London
- Moskau
- New York
- Ibibobo und Buenos Aires
- Shanghai
- Sydney und Melbourne
5. Kindertransporte
- Vorbereitung auf Erez Israel: Die Jugend-Alijah
- Vom Frankfurter Waisenhaus nach Kfar Hanoar und Jerusalem
- Die «Cedar Boys»
- Kindertransporte nach Großbritannien 1938 / 39
- Corporal Gene O’Brian
- Fred Jordans Karriere: Zionist in Wien, Metalldreher in London, Verleger in New York
- Tragödie in Annemasse
- Solidarität und Hilfe: Die Kinder der Villa Emma in Nonantola
- Recha Freier, die streitbare Retterin
6. Alijah Bet. Verbotene Wege nach Palästina
- Unerreichbares «Gelobtes Land»
- Sonder-Hachschara
- Gestrandet in Kladovo
- Ein langer Weg nach Israel
- Die Irrfahrt der «Exodus»
7. Fiktion und Realität: Literatur im Exil
- Themen und Karrieren. Der Moskauer Schriftstellerkongress
- Audienz bei Stalin
- «Das siebte Kreuz»
- «Der Weg zur Grenze»
8. Rückkehr aus dem Exil
- Distanzierte Erkundung
- In der Uniform der Sieger
- Willkommen bei richtiger Gesinnung
- Staatstragende Prominenz. Kulturschaffende
- Remigranten in der DDR
- Widerstand, KZ, Flucht, Heimkehr: Als jüdische Kommunistin im Exil
- Ressentiments
- Staatsgründung im Westen. Anteil und Konzepte des Exils
- Juden und andere Emigranten unerwünscht «Charterflug in die Vergangenheit»
9. Wann endet das Exil?
- Anhang: Anmerkungen / Quellen und Literatur / Bildnachweis / Register
Stimmen zum Buch
„Wolfgang Benz bietet in seiner Monografie eine umfassende Zusammenschau der Exil-Thematik. Und trotz der sachlich-wissenschaftlichen Darstellung bleibt die erschütternde Dramatik der Geschehnisse durchweg spürbar.“
Eberhard Falcke auf SWR Kultur
„Eine ebenso übersichtliche wie differenzierte Zusammenschau ... ein Standardwerk.“
Erhard Schütz, in: Der Freitag
Der Autor
Wolfgang Benz, geboren 1941, ist emeritierter Professor für Zeitgeschichte, lehrte von 1990 bis 2011 an der Technischen Universität Berlin, gründete das Berliner Zentrum für Antisemitismusforschung und war bis 2011 dessen Leiter. 1992 erhielt er den Geschwister Scholl-Preis. Er ist Mitherausgeber der Zeitschrift für Geschichtswissenschaft sowie Autor zahlreicher Veröffentlichungen, darunter einiger Standardwerke, zur deutschen Geschichte im 20. Jahrhundert
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