Details
| Autor | Scheerbart, Paul |
|---|---|
| Verlag | Favoritenpresse |
| Auflage/ Erscheinungsjahr | 08.03.2024 |
| Format | 23 × 18 cm |
| Einbandart/ Medium/ Ausstattung | Hardcover |
| Seiten/ Spieldauer | 176 Seiten |
| Abbildungen | Illustrationen von Julian Litschko |
| ISBN | 9783968491165 |
»Die Zeit, die diesen kosmischen Spötter als sich zugehörig erkennen wird, diese Zeit, daran zweifle ich nicht, wird noch kommen ....«
.... spekulierte Erich Mühsam über den 1915 in Berlin gestorbenen Schriftsteller und Zeichner Paul Scheerbart
Zu dieser wunderbar illustrierten Neuausgabe
Mit dessen nun verlegten Science-Fiction-Klassiker scheint er mitten im Hier und Jetzt angekommen zu sein. Denn die sich in gewaltigen Transformationsprozessen befindliche Erde erfährt hier einen supervisorisch-extraterrestrischen Blick, der aktueller nicht sein könnte.
In Paul Scheerbarts pazifistischem Roman streiten sich die in zwei Fraktionen gespaltenen Mondmenschen darüber, ob es die Erdmenschen trotz ihrer seit langem schon vom Monde aus beobachteten unentwegten Kriegs- und Zerstörungslust wert seien, weiter studiert zu werden. Statt auf sich gegenseitig einzuschlagen, vereinbaren die beiden Seiten eine Wette, welche die Lernfähigkeit der Menschen thematisiert: Wird das Menschenvolk auf der Erde es schaffen, seinen selbstzerstörerischen Anlagen wirksam zu bändigen? Oder ist es nur eine Frage der Zeit, bis die Erdlinge sich in ihrer Dummheit und Gier selbst abgeschafft haben werden?
In den nunmehr 120 Jahren, die seit der Erstveröffentlichung vergangen sind, ist wahrlich viel geschehen. Nicht nur bekämpft sich das Erdvolk weiterhin gegenseitig bis aufs Äußerste, nun hat es auch noch begonnen, sich der eigenen Lebensgrundlage zu berauben. Es steht zu befürchten, dass die Gruppe von Mondleuten, die die Erdbeobachtung zugunsten einer Beobachtung des Kosmos aufgeben wollen, die Wette am Ende gewinnen werden.
Mit futuristisch anmutenden, leuchtenden und lebhaften Illustrationen kommentiert der Hamburger Zeichner Julian Litschko das Geschehen in Scheerbarts visionärem Roman und trägt die Geschichte in eine Gegenwart, die uns Menschen zum schnellen Umdenken zwingt.
Textprobe
"(...) Knéppara hielt inne, denn er bemerkte, daß seine Hände noch grüne Flecken zeigten – zwar fuhr er gleich wieder fort in seiner Rede – doch jetzt klangen seine Worte plötzlich leise – wie aus weiter Ferne.
»Solche unbefriedigten Zustände«, sagte er, »sind den Erdmännern sehr genau bekannt. Die Erdmänner leiden unter einer unersättlichen Gier nach immer neuen Reizen, wenn ihr Sexualsystem überreizt worden ist. In solchen Zuständen will auch der Erdmann in andere Welten hinein – und würde so den Weltfreunden bei uns sehr gut gefallen. Ich tue daher wohl nicht Unrecht, wenn ich unsre Weltfreunde mal mit den überreizten Erdmännern vergleiche. Wohl haben wir Mondleute ein so primitives dualistisches Sexualsystem, wies die Erdmänner kennen, nicht mehr – aber ich weiß nicht, ob ich in dieser Gier nach den neuen Welten und nach dem großen Fernrohr, das die Länge des ganzen Monddurchmessers wirklich erreichen soll – nicht atavistische Empfindungen wittern dürfte. Jedenfalls gebe ich den Weltfreunden in jedem Falle zu bedenken, daß sie durch ihre Agitation fürs große Rohr die Begehrlichkeit der Mondvölker in gefahrdrohender Weise aufreizen und das beglückende Aufgehen in der Anschauungsfreude verletzend bedrängen. Ich bitte um Verzeihung, daß ich vorhin grün wurde. Ich fühle, daß alles, was die Erdfreunde auf dem Monde schufen und sammelten, in leichtsinniger Weise vernichtet werden könnte – und das erregt in mir Furchtgefühle, die mir zeitweise leider unmoglich machen, die Vergrünung meines Korpers zu verhindern.«
Nach diesen Worten legte sich eine bleierne Stille auf die Versammelten – auch an den Wänden bei den Zuhörern schien alles versteinert zu sein – die Mondleute saßen wie Puppen da und bewegten nicht ein Fühlhorn.
Alle dachten über das, was Knéppara gesagt hatte, furchtbar eifrig nach. (...)"
Der Autor
Paul Scheerbart (* 8. Januar 1863 in Danzig, † 15. Oktober 1915 in Berlin-Lichterfelde) war ein deutscher Schriftsteller und Zeichner. Er war auch unter den Pseudonymen Kuno Küfer und Bruno Küfer bekannt und publizierte unter anderem phantastische Literatur. Seine Gedichtsammlung »Katerpoesie« war eines der ersten Werke des Rowohlt Verlags. Der vorliegende Roman »Die große Revolution« verhalf ihm zu Bekanntheit in damaligen literarischen Kreisen, zeit seines Lebens war er außerdem mit der Erfindung des Perpetuum mobiles beschäftigt.
Der Kommentator
Erich Mühsam (* 6. April 1878 in Berlin, † 10. Juli 1934 im KZ Oranienburg) war ein deutscher Schriftsteller und Publizist. Er war außerdem Antimilitarist und aktiv an der Ausrufung der Münchner Räterepublik beteiligt. Sein politischer Aktivismus führte zu seiner Verhaftung in der Nacht des Reichstagsbrandes und zu seiner späteren Ermordung durch die Nationalsozialisten im KZ Oranienburg.
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