Details
Autor | Petersen, Andreas |
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Verlag | Klett-Cotta |
Auflage/ Erscheinungsjahr | 16.03.2024 |
Format | 21 × 12.8 cm |
Einbandart/ Medium/ Ausstattung | Hardcover |
Seiten/ Spieldauer | 352 Seiten |
Gewicht | 442 |
ISBN | 9783608987201 |
Zu diesem Buch
Pawlow statt Freud oder wie der Osten die Psychoanalyse verbannte
Andreas Petersen verfolgt die historischen Linien des Unbewussten in Ost und West. Er beschreibt, wie die Tiefenpsychologie in der Sowjetunion zunächst gefördert und dann in den Dreißigerjahren des 20. Jahrhunderts vollständig verworfen wurde. Während es in Westeuropa nach dem Zweiten Weltkrieg zu einem »psychological turn« kam, blieb das Unbewusste in Osteuropa offiziell tabu. Dies galt bis 1989 – mit Folgen bis in die Gegenwart.
Ausgehend von Freuds Entdeckung des Unbewussten vollzog sich in den USA und dann in Westeuropa im 20. Jahrhundert ein »psychological turn«, der in einer Neupositionierung von Individuum und Gesellschaft mündete. Selbstverwirklichung und Glücksversprechen durch Individualisierung wurden zum prägenden Gesellschaftsmodell für die Nachkriegsgesellschaften. Und der Osten? Nach einem anfänglich starken Interesse an Tiefenpsychologie und Analyse wurden unter Stalin alle individualpsychologischen Ansätze verbannt und durch die rein biologistische Theorie von Ivan Pawlow ersetzt. Andreas Petersen zeichnet diese weniger bekannte, doch gesellschaftlich eminent folgenreiche Entwicklung plastisch nach, auch anhand charakteristischer Biographien von Analytikern, Klinikärzten und Psychologen, die harten Kämpfen und Verfolgungen ausgesetzt waren. Die zunehmende Entfremdung zwischen Ost und West hat ihre Wurzeln auch in der unterschiedlichen psychohistorischen Prägung.
Aus der Einleitung
"Freud verwandelte die Seele in das Unbewusste, das erforschbar sein sollte und der Ausgangspunkt der Tiefenpsychologie wurde. Ihre Erkenntnisse vermochte Gesellschaften zu verändern. Oft genug waren es Hoffnungsprojekte, manchmal hatte sie etwas Durchschlagendes. In den westlichen Gesellschaften führte das auf dem Höhepunkt zu einem »psychological tum«, der gut erforscht und dokumentiert ist. In den Staatsideologien der kommunistischen Gesellschaften des Ostblocks subsumierte man das Unbewusste unter der Kategorie »Idealismus« und ließ Freud sukzessive im Kollektiv verschwinden. Doch das Interesse an der Psyche brach sich trotz aller Staatsideologie immer wieder Bahn, wobei Osteuropa darin keine einheitliche Topografie hat. Es gab unterschiedliche Ausgangspunkte, Repressionsphasen, Öffnungen, Voraussetzungen und Einflüsse. Die Beschäftigung mit diesem außerordentlich disparaten Feld läuft soeben erst an.
Das Buch versucht, diese Varianten Entwicklungen in Russland und Osteuropa gleich einem Kaleidoskop in den Bück zu nehmen. Exemplarisch wird skizziert, wie psychologisches Wissen Gesellschaften prägen konnte und was es bedeutete, wenn der Umgang unter die Kuratel einer Ideologie fiel und damit geseüschaftli-che Dynamiken verhindert wurden. Das ergibt ausdrücklich keine Geschichte der Tiefenpsychologie, der Schulen oder einzelner Entwicklungen. Im Zentrum des Buches steht die Frage, wieviel Wissen um die Psyche und das Unbewusste vorhanden war und welche Historie diese Frage von Freuds MittwochsgeseUschaft in Wien bis zum Faü des Eisernen Vorhangs in Osteuropa genommen hat. Ausgangspunkt ist somit die facettenreiche Rezeption der Tiefenpsychologie in Ost und West bis zu den Revolutionen 1989- (...)"
Pressestimmen
»Ein brillantes Buch«
Peer Teuwsen, in der Neuen Zürcher Zeitung - NZZ am Sonntag vom 22.5.2024
»Eine echte Pionierleistung«
Thomas Groß, im: Tagesspiegel vom 17.5.2024
Der Autor
Andreas Petersen studierte Allgemeine Geschichte, Osteuropäische Geschichte und Germanistik in Zürich. Er ist Dozent für Zeitgeschichte an der Fachhochschule Nordwestschweiz und Leiter der Geschichtsagentur »zeit&zeugen« in Zürich und Berlin. Er gehörte zum Forschungsteam der Freien Universität Berlin, das die Unterwanderung der West-Berliner Polizei durch die DDR-Staatssicherheit untersuchte. Im Jahr 2019 erschien sein Buch »Die Moskauer. Wie das Stalintrauma die DDR prägte« über die Gründergeneration der DDR.
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