Details

Autor Schulze-Marmeling, Dietrich
Verlag Edition Einwurf GmbH
Auflage/ Erscheinungsjahr 05.04.2024
Format 21 × 13.5 cm
Einbandart/ Medium/ Ausstattung Paperback
Seiten/ Spieldauer 240 Seiten
ISBN 9783896847133

Zu diesem Buch

Das Massaker vom 7. Oktober, bei dem über 1200 Israelis von der Hamas ermordet und zahlreiche in den Gazastreifen verschleptt wurden, findet seitdem auch in Deutschland seinen Widerhall in heftigen Diskussionen um Antisemitismus und Islamismus.

Die Unversöhnlichkeit, mit der sich pro-israelische und pro-palästinensische Positionen gegenüberstehen, sieht der Autor weniger in der Sache selbst begründet. Dass im Nahen Osten auf beiden Seiten politischer Starrsinn in der Führung und großes Leid in der Bevölkerung herrscht, ist unverkennbar. Auf der bundesdeutschen Linken wie der Rechten geht es aber laut Schulze-Marmeling vielfach weniger um die eigentlichen Probleme, sondern darum, die eigene Identität zu füttern. Jüdische Israelis und Palästinenser würden zu diesem Zweck gleichermassen instrumentalisiert.

Das Buch möchte einen fundierten Beitrag dazu liefern, die Hintergründe des allseits erregten und nicht selten kompetenzfrei geführten Diskurses zu verstehen, der meist auf der Basis unzureichender Faktenkenntnis und dem Wissen um historische Grundlagen geführt wird.

Aus dem Vorwort des Autors

"Dieses Buch hat eine Schlagseite. Leser:innen werden bemängeln, dass die palästinensische Perspektive und das Leiden der Palästinenser zu kurz kommen. Dem kann und will ich nicht widersprechen. Auslöser für dieses Buch, das zumindest in Teilen eine Streitschrift ist, waren das Massaker vom 7. Oktober und die Reaktion von Teilen der Linken, die den Opfern mit Empathielosigkeit begegneten, den antisemitischen Gehalt der Tat ignorierten und die Hamas zu einer Widerstandsorganisation verklärten. Und damit den weltweit zunehmenden Antisemitismus befeuerten. Das Ausmaß des Massakers, das auch eine Orgie sexualisierter Gewalt war, macht es auch noch Monate danach schwierig, sich in die palästinensische Seite hineinzuversetzen. Während dies gegenüber den Palästinensern nur schwierig ist, und sicherlich auch unfair, ist es mir gegenüber den weder in Gaza noch im Westjordanland lebenden verirrten deutschen Linken schlichtweg unmöglich. Wenn die französisch-israelische Soziologin Eva Illouz konstatiert, dass „die Linke ihre Leitwerte verraten" habe, was „eine doktrinäre Spaltung unvermeidlich und notwendig mache", kann ich dies nur unterschreiben. Ja, das ist so. Die Rückkehr zu einem ,Wir" ist kaum vorstellbar. Wobei der Vorwurf eines linken Antisemitismus' nur eine Minderheit der hiesigen Linken betrifft. Die schockierenden Reaktionen von Teilen der Linken sind Ausdruck einer ethisch-moralischen, aber auch ideologischen und politischen Krise, die nicht erst mit dem 7. Oktober begann. Empathielosigkeit war auch schon beim russischen Massaker von Butscha zu beobachten. Weshalb es in diesem Buch nicht nur um das Massaker der Hamas und den Israel-Palästina-Konflikt geht. Es thematisiert aber auch nicht nur die Linke, sondern auch einen „offiziellen" AntiAntisemitismus, der mit einer Engführung des Problems auf die Haltung zu Israel den Antisemitismus in seiner Tiefe und seinem gesamten Ausmaß nicht zu fassen bekommt. Oder, wie vor allem „rechts der Mitte" der Fall, die Situation von Juden und Jüdinnen für eine rassistische Agenda instrumentalisiert und Entlastung im „importierten Antisemitismus" sucht - fast 80 Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg sind Antisemiten nur noch die anderen. Diese Engführung und die Unkenntnis darüber, wo wir es mit Antisemitismus zu tun haben und wo nicht, haben die Debattenkultur in ungesunder Weise eingeschränkt. Und dies nicht erst seit dem 7. Oktober. Bereits 2015 wurde in Köln vom damaligen SPD-Oberbürgermeister Jürgen Roters eine Ausstellung mit dem Titel „So haben wir in Gaza gekämpft" abgesagt - nach scharfer Kritik seitens der rechten Regierung in Israel. Die Ausstellung basierte auf Aussagen von Angehörigen der israelischen Armee, die das Vorgehen ihrer Regierung in Gaza und im Westjordanland kritisierten. An dieser Ausstellung war nichts antisemitisch. Das Verbot erfolgte auf Zuruf einer Regierung, die jüdischen Pluralismus negiert und mit der Meinungsfreiheit auf dem Kriegsfuß steht. Etwas anders verhält es sich mit der Veranstaltung Global Assembly, die im März 2024 von ihren Organisatoren abgesagt wurde - sozusagen präventiv. In der Frankfurter Paulskirche sollten Teilnehmer aus zahlreichen Ländern über Menschenrechte, Demokratie und globale Gerechtigkeit diskutieren. Die Organisatoren erklärten, Kritiker der israelischen Reaktion auf das Massaker würden mit dem Vorwurf des Antisemitismus bzw. Israel-Hasses überzogen. Seit dem Ausbruch des Gaza-Kriegs sei in Deutschland ein offener Dialog zwischen dem Süden und dem Norden nicht mehr möglich. Man müsse sich eingestehen, „dass der kommunikative Schutz- und Freiraum für solche Diskurse, wie ihn die Global Assembly bieten wollte, derzeit nicht gegeben ist". Dies war übertrieben. Weder waren vor der Paulskirche Massendemos gegen tatsächlichen oder vermeintlichen Antisemitismus angemeldet worden, noch drohte den Partnerorganisationen aus dem „Globalen Süden" ein Einreiseverbot. Zur Cancel Culture gesellt sich die Kultur des Selbst-Cancelns, manchmal offenbar eingesetzt, um die Existenz einer Cancel Culture zu beweisen. Und über eine Cancel Culture ganz anderer Form können auch Berlins Juden klagen, wenn sie sich nicht mehr mit der Kippa auf die Straße trauen. In Sachen Global Assembly brachte Moshe Zimmermann, israelischer Historiker und profilierter Kritiker der israelischen Regierungspolitik, das Problem nüchtern auf den Punkt: ‚Wenn die Organisatoren dafür sorgen, dass die unterschiedlichen Meinungen (nicht Vorurteile oder Hetze) vertreten sind, gibt es keinen Grund, eine solche Veranstaltung nicht statt-finden zu lassen. Cancel Culture darf es weder von links noch von rechts geben; also müssen die Veranstalter das Treffen so konzipieren, dass die Diskussion sachlich bleibt, auf dem Boden der Tatsachen, und nicht in eine Propagandaschlacht ausartet. Für eine liberale Demokratie sollte dies keine Herausforderung sein." Sollte ...

Für die Verurteilung des Massakers vom 7. Oktober muss mensch nicht die deutsche Geschichte bemühen. Wer islamistische und antisemitische Organisationen wie die Hamas als Teil eines legitimen Widerstands gegen eine unzweifelhaft bestehende israelische Unterdrückungs- und Besat-zungspolitik rechtfertigt, Massaker mit eingeschlossen, kann kein Partner im Kampf für eine freie und solidarische Gesellschaft sein. Auch für die Anerkennung eines Existenzrechts Israels bedarf es nicht der deutschen Geschichte. Und last but not least auch nicht für die Unterstützung der berechtigten Interessen der palästinensischen Bevölkerung in Gaza und im Westjordanland und die Verurteilung der israelischen Kriegsführung. „Als radikale Linke im Land der Täter*innen der Shoah gibt es jetzt viel, was wir falsch machen können", schrieb die Interventionistische Linke (IL) nach dem Massaker vom 7. Oktober. So ist es. So war es. Und so wird es vermutlich auch immer sein. Und dies gilt nicht nur für die radikale Linke."

Dietrich Schulze-Marmeling März 2024

Inhalt

  • Um es vorweg zu sagen
  • "Moralisch und intellektuel versagt" - Die Linke und der 7.Oktober
  • Die Bundesrepublik, der Antisemitismus und die Linke - Biografische Notizen
  • Islamisten, andere Demokratiegegner und die universellen Menschenrechte
  • Postkolonialismus, Antizionismus und "westliche Werte"
  • Unser Antisemitismus, der Antisemitismus der anderen und rechte "Israel-Solidarität"
  • Personenregister

Der Autor

Dietrich Schulze-Marmeling (* 8. Dezember 1956 in Kamen) ist ein deutscher Sachbuchautor. Bekannt wurde er vor allem durch seine zahlreichen Fußballbücher, darunter über die Geschichte der Fußball-Weltmeisterschaft oder über deutsche Fußballvereine wie den FC Bayern München oder Borussia Dortmund. 2011 wurde sein Werk Der FC Bayern und seine Juden zum Fußballbuch des Jahres gewählt

Schulze-Marmeling wuchs in Kamen in der Peripherie Dortmunds auf und ist seit früher Kindheit Anhänger von Borussia Dortmund. Er wohnt in Altenberge bei Münster. Dort ist er beim Sportverein TuS Altenberge als Koordinator im Jugendbereich aktiv; zudem ist er Mitglied von Borussia Dortmund. Sein Sohn Kieran spielte als Torwart für Preußen Münster und ist nunmehr Trainer der U23-Mannschaft des Vereins sowie Co-Trainer der Profimannschaft. Zwischen 1988 und 1989 lebte Schulze-Marmeling für ein Jahr in Nordirland.  -  (Quelle: gekürzt aus Wikipedia)

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