Details

Autor Girard, René; Reinalter, Helmut; Niewiadomski, Jozef
Herausgeber Jozef Niewiadomski; Wolfgang Palaver (Hg.)
Verlag Thaur /LIT
Auflage/ Erscheinungsjahr 1995
Format 21,0 × 13,5 cm
Einbandart/ Medium/ Ausstattung Broschiert
Seiten/ Spieldauer 264 Seiten
SFB Artikelnummer (SFB_ID) SFB-002141_AC

»Der vielleicht bedeutendste Religionswissenschaftler der Gegenwart«

Thomas Assheuer, Die ZEIT

Die Beiträge des Buches

  • Jozef Niewiadomski - Wolfgang Palaver
    Einleitung
  • René Girard
    Mimetische Theorie und Theologie
  • Jozef Niewiadomski
    Das Drama Jesu. Raymund Schwagers Kurzformel des Glaubens
  • Willibald Sandler
    Befreiung der Begierde. Theologie zwischen René Girard und Karl Rahner
  • Roman Siebenrock
    Theologie aus unmittelbarer Gotteserfahrung - oder von der gefährlichen Faszination der Sünde für die Theologie
  • Stanislaw Budzik
    Perversa imitatio Dei. Zum Begriff der Erbsünde bei Augustinus und Schwager
  • Joseph M. Kufulu
    Wer ist schuld am Tode Jesu? Antisemitismusangst im »Katechismus der Katholischen Kirche«
  • James G. Williams
    Das Matthäusevangelium. Girards Hermeneutik in der praktischen Anwendung
  • Robert G. Hamerton-Kelly
    Die Paulinische Theologie als politische Theologie. Ethnizität, Ideologie und der Messias
  • Wolfgang Palaver
    Die mythische Politik der Gewalt und die biblische Botschaft der Gewaltlosigkeit. Eine politisch-theologische Auseinandersetzung mit der Problematik der Entscheidung
  • Gerhard Larcher
    Gewalt - Opfer - Stellvertretung. Ästhetisch-theologische Spiegelungen im zeitgenössischen Film
  • Peter Tschuggnall
    Poetische Inspiration. Komparatistische Improvisation über eine ästhetische Spiegelung
  • Helmut Reinalter
    Die Rolle von »Sündenböcken« in den Verschwörungstheorien
  • Dietmar Regensburger
    Bibliographie Raymund Schwagers

Autoren / Personenregister

Über René Girard

René Girard ist verheiratet und Vater von drei Kindern. Seit 1947 lebt er in den USA, wo er an verschiedenen Universitäten lehrte, zuletzt als Professor für französische Sprache, Literatur und Kultur an der Stanford-Universität, an der er noch heute als Professor emeritus tätig ist. Im Jahr 2005 wurde er zum Mitglied der Académie française gewählt. René Girard ist mit dem Dr.-Leopold-Lucas-Preis 2006 der Evangelisch-theologischen Fakultät der Eberhard Karls Universität Tübingen ausgezeichnet worden.

Ausgangspunkt der mimetischen Theorie von René Girard ist die Feststellung, dass menschliche Gesellschaften nur dann überleben können, wenn sie in der Lage sind, dem Ausbreiten der Gewalt innerhalb der Gruppe erfolgreich entgegenzuwirken. Ursache zwischenmenschlicher Konflikte ist das Aneignungsverhalten von Menschen, die in engem Kontakt miteinander leben: Dieses Verhalten stiftet Rivalität, Neid und Eifersucht, ist ansteckend, wird von allen Mitgliedern der Gruppe mitgetragen und führt zu raschen Gewalteskalationen, in denen das ursprüngliche Objekt keine Rolle mehr spielt: sie werden lediglich durch das Imitieren des Anderen in Gang gehalten.

Für das Aneignungsverhalten und die nachfolgende Nachahmung des gewalttätigen Verhaltens wird von Girard der Begriff „Mimesis“ verwendet, um damit den Abstand von der geläufigen Thematisierung des imitativen Verhaltens – die in der von Platon und Aristoteles begonnenen Tradition steht – als Nachahmung äußerlicher Darstellungen, Gestik oder Mimik hervorzuheben.

Verbote, Riten und Sündenbockmechanismus
Die Entwicklung des religiösen Denkens in den archaischen Gesellschaften geht in der Abarbeitung von Normen einher, die das Ausbreiten der Gewalt innerhalb der Gruppe verhindern oder steuern. Für archaische Gesellschaften ist das Bewusstsein, dass Mimesis und Gewalt dasselbe Phänomen sind, von zentraler Bedeutung. Gewalt wird verhindert, indem man die mimetische Verdoppelung/Spiegelung zwischen Individuen derselben Gruppe verbietet. Verbote, die von archaischen Religionen aufgestellt werden, sind aus dieser Perspektive zu deuten und sind umso aufschlussreicher, je absurder sie uns erscheinen (etwa das Verbieten von Zwillingen, Spiegeln usw.).

Das Wissen über den Zusammenhang Gewalt-Mimesis ist zugleich ein Wissen über die Wege, die aus der mimetischen Krise (Ausbreitung der Gewalt) führen. Girard postuliert die Existenz einer fundierenden Erfahrung, die ein für alle Mal gezeigt hat, dass die Gewaltspirale durch die Opferung eines Sündenbocks unterbrochen wird. Hat die mimetische Gewalt in einer Gruppe einen Punkt erreicht, in dem alle die Gewalt aller nachahmen und das Objekt, das die Rivalität ausgelöst hat, „vergessen“ ist, so stellt das Auftreten eines einmütig als schuldig empfundenen Individuums eine einheitsstiftende Polarisierung der Gewalt dar: Die Tötung oder Ausstoßung des „Schuldigen“ reinigt die Gruppe von der Gewaltseuche, weil diese letzte – gemeinsam vollbrachte – Gewaltanwendung keinen mimetischen Vorgang (Rache) mit sich bringt. Da auch das Objekt, das die Krise ausgelöst hat, vergessen ist, ist die Reinigung durch diese Opferung vollständig. Insofern die Auswahl des Sündenbocks eine mutwillige oder auch zufällige ist, ist der Sündenbock austauschbar: Seine Bedeutung für die Gruppe besteht in der durch ihn wiederhergestellten Einmütigkeit. Gleichzeitig ist aber der ermordete/ausgestoßene Sündenbock in seiner heilbringenden Abwesenheit einzigartig und unaustauschbar.

Dieses Geschehen ist mit seiner „wunderbaren“ Wirkung die Offenbarung des Heiligen, das das Überleben der Gruppe ermöglicht: Die dem Opfer nach seiner Tötung dargebrachte Verehrung kommt der Erfindung der Göttlichkeit gleich, und die Wiederholung des Sündenbockvorgangs ist die rituelle Vergegenwärtigung des Heiligen zusammen mit dessen Ausstoßung aus der menschlichen Gesellschaft.

Besondere Beachtung verdient die Tatsache, dass die Wiederholbarkeit des Vorgangs und die Austauschbarkeit des Opfers - eben das, was einen Kult ermöglicht – in der a-priori-Mutwilligkeit des Sündenbocks, also in seiner Unschuld – gründen. Die Gesamtheit der Gebote und Regeln, die das Wiederholen dieses Vorgangs fördern und seinen Ausgang überwachen, machen den eigentlichen Bestand an Riten und positiven Verhaltensnormen jeder archaischen Gesellschaft aus. (Quelle: aus Wikipedia)

Lieferbarkeitshinweis / Erhaltungszustand

Im Fachantiquariat der SFB ist dieser begehrte Sammelband als ein sehr gutes und offenbar nicht wirklich gelesenes Exemplar verfügbar; lediglich auf dem Vorsatz mit eine, kleinen Inventarstempel "Nov SJ - Austria" versehen.

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