Details

Autor Keilson, Hans
Verlag Edition Literarischer Salon, Gießen
Auflage/ Erscheinungsjahr 5. Auflage 1998
Format 14,7 × 22,0 cm
Einbandart/ Medium/ Ausstattung Paperback
Seiten/ Spieldauer 62 Seiten
Reihe Edition Literarischer Salon
SFB Artikelnummer (SFB_ID) SFB-004558_SIG

„Um die geheimnisse
des konjunktivs
die zeit der bunten bälle
mühte ich mich vergebens
an den grachten die neuen
freunde grüßend und sie nennen mich
mijnheer“

Hans Keilson: Sprachwurzellos, 1963

Über den Autor

„Wir sind die Letzten – fragt uns aus!“ lautet die Empfehlung von Hans Sahl in seinem berühmten Gedicht von 1973. Hans Keilson ist heute in vielerlei Hinsicht einer der Letzten: Er ist der letzte jüdische Autor, der im alten S. Fischer-Verlag debüttiert, mit seinem Roman „Das Leben geht weiter“, der Geschichte eines kleinen Einzelhandeslkaufmanns in den Wirren der Weltwirtschaftskrise. Auslieferungsdatum: Februar 1933. Der Sohn eines Textilhändlers studiert beginnt 1928 in Berlin an der damaligen Friedrich-Wilhelms-(heute Humboldt-)Universität sein Medizinstudium und ist einer der letzten Juden, die im Januar 1934 noch ihr ärztliches Staatsexamen ablegen können. Und er ist tatsächlich der letzte noch lebende des literarischen Exils in den Niederlanden um Joseph Roth, Irmgard Keun, Klaus Mann, Egon Erwin Kisch, Anna Seghers, Ernst Toller, Vicky Baum und Ödon von Horvath.

Nachdem 1934 ein Publikationsverbot über ihn verhängt und ihm die Ausübung seines medizinischen Berufes verboten wird, arbeitet Hans Keilson zunächst als Sportlehrer und Erzieher an Schulen der jüdischen Gemeinde in Berlin und im Landschulheim in Caputh. 1936 emigriert er mit seiner Frau Gertrud in die Niederlande, wo er sich zuerst als freier Kinderarzt durchschlägt und, nach dem deutschen Überfall auf die Niederlande im Mai 1940, in den Untergrund geht und dort unter Einsatz seines Lebens für den holländischen Widerstand als Kurier, Arzt und Therapeut arbeitet.

„Haben die Himmlischen nicht jedem Schicksal,
das sie zum Dienst erwählt, da sie es lieben,
ein anderes Geschick freundlich gesellt,
dass es in Liebe seine Kräfte rege?
Was abgerungen wurde, Zoll um Zoll,
Wolke um Wolke dem Unendlichen,
vermählen sie bezwungen der Umarmung
der Liebenden und ändern ihre Kreise.
So beugt ein Los des anderen Gesetz
sich zu und fängt mit Armen, stark von Liebe,
an seiner Brust, was finster für den anderen
vom Himmel schwebt, und endet seinen Traum.“

(aus: Hans Keilson „Einer Träumenden“ Poem, geschrieben Juli/August 1943 untergetaucht in „Rekken’schen Inrichtungen“ Eibergen, Niederlande, in limitierter Auflage 1992 erschienen als Freundschaftsausgabe der ELS für Hans Keilson, bei EDITION LITERRISCHER SALON, Giessen, 1. Auflage., Seite 15)

Hans Keilson – dessen Eltern deportiert und ermordet werden – überlebt den Nationalsozialismus. Seine Erfahrungen als Untergetauchter verarbeitet der Schriftsteller und Arzt in der Novelle Komödie in Moll, die 1947 erscheint.

Nach dem Krieg veröffentlich Hans Keilson mehrere literarische Werke über die Erfahrung der Verfolgung (Komödie in Moll, Erzählung 1947; Der Tod des Widersachers, Roman 1959) und begründete mit anderen Überlebenden die Hilfsorganisation Le Ezrat Ha Jeled (Zur Hilfe des Kindes) für die Betreuung jüdischer Waisenkinder, Hinterbliebene des Holocaust. Aus dieser therapeutischen Arbeit, auch an der kinderpsychia-trischen Universitätsklinik in Amsterdam, geht als wissenschaf-tliches Hauptwerk eine psychologische Studie über die Sequentielle Traumatisierung bei Kindern (1979) hervor.

„Ich habe als Arzt und als Psychiater meine erste Erfahrung mit einem Kind, das aus Bergen-Belsen zurückkam, wo es seine Eltern und vier Geschwister verloren hat, diesen Jungen, ich hab' ihn genau beschrieben in meiner Untersuchung. Das war im November 1945, daß ich dieses Kind sah, einen Jungen von zwölf Jahren, schon also sehr früh, als es zurückkam. Das Gespräch, diese Untersuchung, ist völlig zusammengebrochen, weil ich die Worte nicht fand, die gemäß waren der Sprache, die der Junge im Konzentrations- und Vernichtungslager erfahren hatte …“ 

(Dr. Hans Keilson in einem Interview mit Ulrike Müller am 8.4.1995)

Nach Keilson wird ein Trauma dabei nicht länger als einzelnes Ereignis, vielmehr als Abfolge traumatischer Sequenzen unterschiedlichen Charakters und Bedeutung interpretiert. Dabei ist für die individuellen Folgen nicht nur entscheidend, was intinial erlebt wurde, sondern was auf das traumatische Ereignis folgt. Das Trauma wird zum Produkt eines über Jahre hinweg andauernden politischen, sozialen und individuellen Prozesses, der auch die nachfolgenden Generationen noch erfassen kann.

Unter den zahlreichen weiteren Schriften Hans Keilsons sind insbesondere sein Gedichtband Sprachwurzellos (1963), sowie die vielfältigen, in dem Band Wohin die Sprache nicht reicht (1998) zusammengefassten Essays zu nennen. Hans Keilson war Präsident des Exil-PEN, ist Träger des Bundesverdienstkreuzes, Ehrendoktor der Universität Bremen und Mitglied in der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung. Er lebt und arbeitet in Bussum bei Amsterdam.

Lieferbarkeitshinweis

Bei der SFB als ein verlagsfrisches Archivexemplar dieser gesuchten Ausgabe, welches von Hans Keilson auf dem Vorsatz signiert wurde.- RAR!

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