Sexueller Missbrauch in Familie und Institutionen

Zu diesem Reader

Sexueller Missbrauch findet sowohl im familiären Kontext als auch in Institutionen statt. Er bedeutet immer Machtmissbrauch an Kindern und Jugendlichen, die auf Schutz und Fürsorge in tragfähigen Beziehungen angewiesen sind. Nach Bekanntwerden von Missbrauchsskandalen und nachfolgenden Aufdeckungs- und Verarbeitungswellen wird das Thema in der Öffentlichkeit und in Fachkreisen seit geraumer Zeit bei weitem intensiver in den Blick genommen und diskutiert. Das ´Dunkelfeld` sexuellen Mißbrauchs, insbesondere unmittelbar in Familien, ist immens groß; offenbar so groß, daß diese Ahnung kollektiv und gerade auch in den eigentlich zuständigen Behörden lange abgewehrt, verleugnet, bagatellisiert wurde.

Je mehr Wissen zur Opfer-Täter- und Institutionsdynamik sowie über Möglichkeiten einer Prävention sexuellen Missbrauchs in Institutionen und den entsprechenden gesetzlichen Grundlagen vorhanden ist, desto eher wird professionell reagiert und reflektiert. Das Buch liefert dafür notwendiges Grundwissen zur Psychodynamik und veranschaulicht anhand von Fallbeispielen aus unterschiedlichen Institutionen wirksame Maßnahmen zur Intervention und Prävention.

Aus dem Geleitwort zu diesem Buch

»(...) Wir möchten vermitteln, wie Missbrauch funktioniert«, formulieren die Autorinnen der vorliegenden Publikation das Ziel ihrer Arbeit. Sie leisten hiermit einen wichtigen Beitrag zur Analyse des Themas und vermitteln Fachkräften, denen Kinder und Jugendliche in Institutionen anvertraut sind, ein umfangreiches Wissen, das ihnen ein Verständnis der verschiedenen Missbrauchsdynamiken, die des Opfers, des Täters, aber auch die der Institution, ermöglicht. Es ist das Wissen, das es erlaubt, die eigene Wahrnehmung zu schärfen. (...)"

Johannes-Wilhelm Rörin, Unabhängiger Beauftragter für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs

Inhalt

Geleitwort / Einführung

1 Zum sexuellen Missbrauch allgemein: 1.1 Definitionen  - 1.1.1 Psychologische Definitionen - 1.1.2 Juristische Merkmale - 1.2 Tabuisierung des sexuellen Missbrauchs - 1.3 Bedeutung des sexuellen Missbrauchs in der Psychoanalyse  - 1.4 Dynamik der Missbrauchsbeziehung und -situation - 1.5 Dynamik des Opfers - 1.5.1 Bewältigungsmechanismen und Verarbeitungsmöglichkeiten  - 1.5.2 Internalisierung von Missbrauchsmustern und Wiederholung - 1.5.3 Bewältigungsmechanismen aus neurobiologischer Sicht - 1.6 Folgen von sexuellem Missbrauch - 1.6.1 Sexueller Missbrauch als Traumatisierung - 1.6.2 Verhaltensauffälligkeiten und emotionale Störungen als Folgen im Kindes- und Jugendalter - 1.6.3 Spätfolgen im Erwachsenenalter - 1.6.4 Positive Verarbeitung des sexuellen Traumas - 1.7 Dynamik des Täters - 1.7.1 Motivationen - 1.7.2 Tätertypen - 1.7.3 Klassische Strategien - 1.7.4 Missbrauchszyklus - 1.7.5 Entwicklungsgeschichte - 1.7.6 Psychodynamik des Täters - 1.7.7 Folgen für das Umfeld – Familie und andere Institutionen - 1.8 Dynamik in der Institution - 1.9 Richtlinien und gesetzliche Grundlagen zum sexuellen Missbrauch in Institutionen - 1.10 Interventionen bei sexuellem Missbrauch in Institutionen - 1.10.1 Bei vagem Verdacht - 1.10.2 Bei Aussagen eines Opfers - 1.10.3 Bei beobachtetem sexuellem Missbrauch - 1.10.4 Durch die Leitung - 1.10.5 Umgang mit Öffentlichkeit.

2 Sexueller Missbrauch in Institutionen anhand von Beispielen aus der Praxis - 2.1 Sexueller Missbrauch eines Jungen durch eine Erzieherin im Heim – Interview des Opfers - 2.2 Sexueller Missbrauch eines Jungen durch seinen Vater - 2.3 Sexueller Missbrauch einer Schwester an ihrem Bruder - 2.4 Sexueller Missbrauch eines Mädchens durch eine Erzieherin im Kindergarten - 2.5 Sexueller Missbrauch eines Mädchens durch einen Erzieher im Heim - 2.6 Sexueller Missbrauch einer Schülerin durch einen Lehrer - 2.7 Sexueller Missbrauch mehrerer Jungen durch einen Priester - 2.8 Sexueller Missbrauch eines Jungen durch einen Erzieher in der Behindertenhilfe - 2.9 Täterperspektive: Sexueller Missbrauch eines Jugendlichen an seiner Schwester – Interview des Täters.

3 Präventionen - 3.1 Auswahl und Einstellung von Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen - 3.2 Leitlinienkatalog der Institutionen - 3.3 Strukturen der Institution - 3.4 Vernetzung von Institutionen am Beispiel der Clearingstelle Münster - 3.5 Fortbildungen - 3.6 Stärkung der Kinder und Jugendlichen - 3.7 Präventionsprogramme in Kindergärten und Schulen - 3.8 Aufklärung als Prävention für Eltern - 3.9 Therapie als Prävention für jugendliche Täter - 3.10 Angebote für Pädophile - 3.11 Medien

Schlussbemerkung / Literatur

Die Autorinnen

Mechthild Gründer, Dipl.-Sozialarbeiterin, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin, Opfer- und Tätertherapeutin, Lehrbeauftragte.

Magdalena Stemmer-Lück, Prof. em. Dr., Dipl.-Psychologin, Psychoanalytikerin (DPG), Supervisorin DGSv.