Details

Autor Junker, Helmut
Verlag edition diskord
Auflage/ Erscheinungsjahr 1993
Format 21,3 × 15,3 cm
Einbandart/ Medium/ Ausstattung Hardcover
Seiten/ Spieldauer 183 Seiten
Gewicht 302
SFB Artikelnummer (SFB_ID) 9783892955733

„Dein Ich ist mein Ich" (der Vater)
„Bei mir brauchst Du kein Ich" (die Mutter)

Zu diesem Buch

Nachanalysen sind selten, noch seltener Berichte über sie. Helmut Junker, Jahrgang 1934, Psychoanalytiker, Schriftsteller, studierter Rechtswissenschaftler, hat beides unternommen: Eine erneute eigene Psychoanalyse, seine Nachanalyse, und einen persönlichen Erfahrungsbericht über eben diese.

In dem außergewöhnlichen Buch, das er vorlegt, kommt mithin der Therapeut als Patient zur Sprache. Die analytische Therapie enthüllt den lebensgeschichtlichen Hintergrund aktueller Konflikte und löst in Symptomen versteinerte Kindheitserinnerungen, welche bei der Erst- und Lehranalyse seinerzeit nicht, oder ganz unzureichend, in den Blick genommen waren.

Aus dem Vorwort des Autors

"Alle analytischen Therapeuten, ob Frau oder Mann, die seit einiger Zeit oder bereits seit vielen Jahren ihren Beruf ausüben, kennen sehr wohl das Diktum Sigmund Freuds aus dem Jahre 1937: „Es wäre nicht zu verwundern, wenn durch die unausgesetzte Beschäftigung mit all dem Verdrängten, was in der menschlichen Seele nach Befreiung ringt, auch beim Analytiker alle jene Triebansprüche wachgerüttelt würden, die er sonst in der Unterdrückung erhalten kann. Auch dies sind >Gefahren der Analyse< [...], und man sollte es nicht unterlassen, ihnen zu begegnen. Es kann nicht zweifelhaft sein, auf welche Weise. Jeder Analytiker sollte periodisch, etwa nach Verlauf von fünf Jahren, sich wieder zum Objekt der Analyse machen, ohne sich dieses Schrittes zu schämen" (GW XVI, 95 f.). Für den Autor waren bereits sechzehn Berufsjahre vergangen, bis er diesen Schritt unternahm. Zuvor war der Gedanke, sich noch einmal in Analyse zu begeben, häufiger aufgetaucht, aber aus äußeren Gründen, er kenne alle Kollegen und müsse bis nach London fliegen und noch weiter, als unrealisierbar abgewiesen worden. Es bedurfte einer intensiven Krise, dem eindeutigen Auftreten psychosomatischer Symptome, bis das Gedankenspiel um eine Nachanalyse Ernst wurde. …

Wenn psychoanalytisch geschulte Autoren den zwischen zwei Menschen entstandenen psychischen Vorgang der Beziehung, das Gesprochene, das Gefühlte, das Gedachte, Unausgesprochene und Nichtsprechbare aufschreiben, sind sie immer in Gefahr, sich in den Verschiedenartigkeiten dieser Abläufe zu verwirren. Was vom psychoanalytischen Prozess in Form von erinnerbaren Wörtern erhalten bleibt, ist bezeichnend für die Mündlichkeit, lebt in der Gestalt beweglicher und vorläufiger Chiffren, während geschriebene, wiederlesbare Sprache festliegt und Anspruch auf Dauerhaftigkeit erhebt. Analytische Texte (auch Vorträge) haben in der Sicht der Germanisten oft etwas Vages, Ephemeres, sind an ihren Grenzen unbestimmt, suchen eher, als dass sie definieren. Das ist nicht weiter verwunderlich, haben sie doch ihren Ursprung in der sprachlich und außersprachlich gegebenen Deutung, die den Patienten nicht festlegen will, sondern zum Weiterdenken und tieferen Fühlen leitet.

Da eine eindeutige Reproduktion des Therapiegeschehens in Schriftlichkeit nicht zu erzielen ist, mag die Beschreibung des Weges, wie es von der Therapie zu dem vorliegenden Text kam, genügen. Der Text leitet sich von den Tagebucheintragungen des Autors ab. Diese Notizen wurden im Lauf der Woche jeweils vor der nächsten Therapiesitzung geschrieben und mit einem Datum versehen. Manchmal stammen sie also von verschiedenen Tagen. Bei der Texterstellung hat der Autor diese Chronologie beibehalten. Vorstellungen, die er dort nur mit wenigen Wörtern charakterisiert hatte, insbesondere die Kindheitserinnerungen, wurden inhaltlich ausgeführt. Es wurden also Seite für Seite diese Notizen ausgeschrieben, umgeschrieben, in einen anderen Text gebracht, nicht jedoch etwa Stunde um Stunde mit dem Therapeuten. Offensichtlich war die innere Kontinuität, der Ablauf seines Heilungsweges wichtiger als eine versuchsweise Objektivierung des Therapieprozesses, welche bei keinem Stadium der Ausarbeitung das Ziel seines introspektiven Schreibens war.

Der Text ist daher weder Protokoll noch literarische Fiktion. …

… Die vier Teile des Textes versuchen, Einschnitte deutlich zu machen, die weniger auf inhaltlich Getrenntes als auf verschiedene Gewichtungen hinweisen. In Teil I steht die psychosomatische Erkrankung, das Symptom im Vordergrund, die Realia und Repräsentanzen der Lungenwelt - dies eine sehr geglückte Wortschöpfung seines Therapeuten - die ins Somatische sich erstreckende, nicht-verbale Regression. In Teil II verringert sich die medizinische Symptomatik, unbestimmbare psychische Angst wird deutlich. In Teil III verstärkt und präzisiert sie sich als Furcht vor Objektverlust. In diesen beiden Abschnitten werden Textstücke länger, gewinnen den Anschein von literarischer Erzählung. Der therapeutische Dialog wird weniger in Wörtern dargestellt, der Beitrag des Therapeuten scheint vernachlässigt zu werden. Dieser Vorgang ist jedoch ein Hinweis auf die Dichte des analytisch-therapeutischen Prozesses, in dem der Patient den Therapeuten integriert, inkorporiert, sich von ihm, dem guten Objekt, ernährt. Das Sprechen in der Therapie ist weitgehend zu einem Binnen-Dialog in der Psyche des Patienten verwandelt. Im Text heißt es: Therapeuten, die Boten der Möglichkeit, sind nach vollbrachter Arbeit wie geplündert und ausgesogen. Mit dieser Verwendung sind sie einverstanden gewesen. In Teil IV werden die Übertragungsbindungen zum Analytiker als Mutter und die Wahrnehmung der Übertragungsarmut zum Analytiker-Vater deutlicher. Die innere Anwesenheit einer dritten Figur, die Übertragungs-Helferin Lea, bringt in den analytischen Prozess auch einen partnertherapeutischen Aspekt.

Der Autor muss eine Verwunderung mitteilen, die einem Analytiker so nicht - oder gerade so? - anstehen sollte. Er war vom Erfolg seiner einjährigen Therapie überrascht. Symptomfreiheit, ein beweglicheres Interesse an den Vorkommnissen seines Lebens, ein Gang, der etwas weniger gebeugt ist, ebenso wie ein lebendiges Gefühl von Erleichterung erhielten sich über die vergangenen beiden Jahre. Diese Lebens-Zuwendung verdankt der Patient seinem Therapeuten und analytischen Kollegen …"

Inhalt

  • Vorwort: Therapie und Text, Seite 7 f
  • Erster Teil, Seite 17 f
  • Zweiter Teil, Seite 65 f
  • Dritter Teil, Seite 107 f
  • Vierter Teil, Seite 157 f
  • Nachtrag, S. 179 f
  • Literatur, S. 184 f

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Der Autor

Helmut Junker (* 10. April 1934 in Bergzabern), Prof. Dr. Dr., ist ein deutscher Psychoanalytiker und Schriftsteller. Er studierte Rechtswissenschaft und Medizin, leitete die Psychotherapeutische Forschungs- und Beratungsstelle für Studenten an der Gesamthochschule Kassel und übernahm später eine Professur mit Schwerpunkt Geschichte der Psychoanalyse an der gleichen Hochschule. Junker lebt heute in Hamburg und ist in privater Praxis als ärztlicher Psychotherapeut tätig.

Neben wissenschaftlichen Werken zur Psychotherapie veröffentlichte Junker in den Sechzigerjahren mehrere Jugendbücher zu Themen aus der Dritten Welt sowie ab Ende der Siebzigerjahre psychologische Romane und Erzählungen.

Auswahlbibliografie: Von Freud in den Freudianern, Tübingen 1991 / Nachanalyse, Tübingen 1993 / Unter Übermenschen, Tübingen 1997 / Beziehungsweisen, Tübingen 2005 / Intersubjektivität und impliziertes Gedächnis, Frankfurt 2013 / ELLEN, das Mädchen aus der Babyklappe - Bericht über eine magersüchtige Jugendliche, Frankfurt 2015.

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