Details

Autor Schumann, Frank
Verlag transcript
Auflage/ Erscheinungsjahr 09.2018
Format 22,5 × 14,8 cm
Einbandart/ Medium/ Ausstattung Paperback
Seiten/ Spieldauer 280 Seiten
Gewicht 441
ISBN 9783837642216

Zu diesem Buch

In den Debatten um Leistungsdruck, Konkurrenzkamp, permanente Verfüg- und Ansprechbarkeit, Burnout und Depression flammt längst wieder ein altbekanntes sozialkritisches Motiv auf: das des Unbehagens in der Kultur. Die moderne, auf permanentes Wachsenmüssen getrimmte Gesellschaft steht in dem Ruf, systematisch bestimmte psychische Leiderfahrungen zu generieren.

Was zeichnet aber diese Leiderfahrungen aus? Und wo liegen derene Ursachen? Frank Schumann spürt in dieser Studie den Antworten nach, die in der Frankfurter Schule von Erich Fromm bis Axel Honneth mithilfe der Psychoanalyse gegeben wurden. Zugleich plädiert er dafür, die Erforschung von sozialen Ursachen psychischer Leiderfahrungen aus eingeschliffenen Argumentationsbahnen zu befreien und neu zu justieren.

Aus dem Vorwort des Autors

"Leiden und Gesellschaft – zwischen beiden Begriffen scheint eine Beziehung zu bestehen und doch sind sie nicht leicht unter einen Hut zu bekommen. Leiden ist direkt erfahrbar; Gesellschaftliches teilt sich hingegen nur mittelbar - etwa in sozialen Interaktionen - mit. Es ist daher leicht zu behaupten»There is nos uch thing as society«–wie es Margaret Thatcher bekanntlich tat. Eine analoge Behauptung – etwa »There is no such thingas suffering« – würde wahrscheinlich nicht so leicht über die Lippen gehen. Denn Leiden ist etwas Spürbares und schmerzhaft Konkretes; es hat einen drängenden, unmittelbaren Charakter. Die meisten Menschen können sich an Situationen erinnern, in denen sie Erfahrungengen gemacht haben, die sie als leidvoll bezeichnen würden. Denn Leiden prägt sich ein.

Die Unmittelbarkeit und Prägnanz des Leidensbegriffs aber fehlt der Gesellschaft – was nicht heißt, dass Gesellschaft nicht existiert .Gesellschaft ist aber ein Begriff, der in der Regel geringe praktische Relevanz für den Alltag der meisten Menschen besitzt. Daher behält er auch in den öffentlichen und politischen Debatten, in denen er gelegentlich auftaucht, etwas Ungreifbares und Abstraktes. Und doch, trotz der Unterschiede im Erfahrungsbezug, scheint es eine Beziehung zwischen Leiden und Gesellschaft zu geben. Es ist vorstellbar, dass sich in den Erfahrungen des Leidens etwas von jener schwer zu greifenden Gesellschaft zeigt; dass also, in anderen Worten, jenes Leiden etwas über die Gesellschaft selbst aussagt. Dieser Verdacht liegt schließlich jederGesellschaftskritik zugrunde (...)"

Inhalt

DIE ANFÄNGE: MATERIALISTISCHE SOZIALFORSCHUNG UND PSYCHOANALYSE

  • 1 Das interdisziplinäre Forschungsprojektunter Horkheimer|
  • 1.1 Vorüberlegungen: Kulturentwicklung bei Freud undden Linksfreudianern
  • 1.2 Eine materialistische Theorie des gesamtgesellschaftlichen Verlaufs
  • 1.3 Der autoritäre Charakter
  • 1.4 Die Studien über Autorität und Familie: Ein Fragment
  • 1.5 Anpassung als Schicksal? Das Scheitern des materialistischen Forschungsprogramms

VERARBEITUNGSVERSUCHE: ADORNO UND MARCUSE

  • 2 Gesellschaftskritik als Vernunftkritik bei Adorno
  • 2.1 Deutende Philosophie: Vorbemerkungen zu Adornos Methodeder Darstellung und Kritik
  • 2.2 Die Gesellschaftsdiagnose: Subjektive Ohnmacht undverwaltete Welt
  • 2.3 Gesellschaftskritik als Vernunftkritik|942.4Leiden als Begriff des unversöhnten Zustands?
  • 3 Der triebtheoretische Rettungsversuch von Marcuse
  • 3.1 Leitmotive in Marcuses Denken: Glück und das Wesendes Menschen
  • 3.2 Radikalisierung der Zeitdiagnose und die Erschütterung der normativen Grundannahmen
  • 3.3 Der triebtheoretische Rettungsversuch der Kritik
  • 3.4Leiden an Deformation der erotischen Grundlagen der Kultur?

RESTAURIERUNGSVERSUCHE: HABERMAS UND HONNETH

  • 4 Kommunikatives Handeln und die hintergründige Geschichtsphilosophie bei Habermas
  • 4.1 Habermas’handlungstheoretisch fundierte Gesellschaftsdiagnose:Die verdinglichende Erosion verständigungsorientierten Handelns
  • 4.2 Die Theorie der Rationalisierung: Eine säkularisierte Geschichtsphilosophie
  • 4.3 Vernunft in der Kommunikation: Die Diskursethik
  • 4.4 Leiden an der deformierten Verwirklichung der kommunikativen Vernunft?
  • 5 Kampf um Anerkennung oder historische Verwirklichung derSittlichkeit?
  • 5.1 Der Anerkennungsbegriff
  • 5.2 Der historische Kampf um Anerkennung: Missachtungserfahrungen und die Verwirklichung der Sittlichkeit
  • 5.3Leiden und die Verwirklichung der Sittlichkeit?

Schluss / Literatur|

Der Autor

Frank Schumann, Dr. phil., Jg. 1986, promovierte in Jena bei Hartmut Rosa und ist Postdoc an der International Psychoanalytic University in Berlin. Seine Arbeitsschwerpunkte liegen in der Sozial- und Gesellschaftstheorie, Sozialphilosophie und psychoanalytischen Subjekttheorie.

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