Details

Autor Bellmer, Hans
Verlag Brinkmann u. Bose
Auflage/ Erscheinungsjahr 15.09.2014
Format 22,6 × 14 cm
Einbandart/ Medium/ Ausstattung Paperback
Seiten/ Spieldauer 64 Seiten
ISBN 9783940048233

Zu diesem Buch

Die Faszination der Surrealisten für Puppen und menschenähnliche Maschinen zeigt sich besonders deutlich im Werk Hans Bellmers (1902–1975). Der Künstler baute in den Jahren nach 1933 in Ablehnung zum Körperkult der Nationalsozialisten verstörende Puppen aus Wachs, Holz, Flachs, Gips und Klebstoff, die er mit Perücken und Glasaugen ausstaffierte. Fotos dieser Figuren mit Fetischcharakter wurden im surrealistischen Magazin Minotaure veröffentlicht und vom Kreis um André Breton begeistert aufgenommen. Die Inszenierungen des weiblichen Körpers, die Bellmers Puppenkonstruktionen zu Grunde liegen, sind Ausgangspunkt für seine späteren Arbeiten. 

Intensiv mit den psychoanalytischen Diskursen befasst, untersuchte Bellmer deren Theorien zu Hysterie und Übertragung und deren brücken zur Kunst und leistete damit einen wegweisenden Beitrag zur Erforschung der Beziehung zwischen Sprache und Körper.

Der jetzt erstmals in deutscher Übersetzung vorliegende Band "Die Anatomie des Bildes" stellt die Fortschreibung des Puppen-Themas dar. Der 1942 im südfranzösischen Exil begonnene Text mit seinen erklärenden Zeichnungen konnte erst 1953/54 beendet werden. Es ist ein Schlüssel-text zu Bellmers Kunst und Kunst-theorie; darüber hinaus eine theoretische Abhandlung zum Verständnis von Körper und Unbewußtem, Bild und Sprache. Die Psychoanalyse kennt die Mechanismen von Verschiebung, Verdichtung und Muliplikation sowie die Strukturierung des Unbewußten wie einer Sprache. Hans Bellmer knüpft daran an, wenn er schreibt: »Der Körper ist gleich einem Satz, der uns einzuladen scheint, ihn bis in seine Buchstaben zu zergliedern, damit sich in einer endlosen Reihe von Anagrammen auf’s neue fügt, was er in Wahrheit enthält.«

Der Autor

Hans Bellmer lernte bereits als Kind seinen tyrannischen Vater – der auch seine liebevolle Mutter vollkommen beherrschte – fürchten und hassen. Er und sein jüngerer Bruder Fritz fanden Schutz vor dieser bedrückenden Familienatmosphäre in einem geheimen Garten, der mit Spielwaren und Andenken verziert worden war. Bellmer arbeitete nach dem Abitur auf Drängen des Vaters in einem Stahlwerk und im Kohlebergbau, 1923 wurde er an die Technische Hochschule zu Berlin geschickt, interessierte sich aber viel mehr für Politik, die Arbeiten von Karl Marx und Diskussionen mit den Künstlern der Dada-Bewegung. Bellmer lernte John Heartfield, George Grosz und Rudolf Schlichter kennen.
Auf Anraten von George Grosz brach er 1924 das Ingenieurstudium ab und begann eine Typografenlehre beim Malik-Verlag. Er gestaltete Buchumschläge und schuf Buchillustrationen, etwa für Mynona (Salomon Friedlaender) Das Eisenbahnunglück oder der Anti-Freud (1925). Bellmer besuchte 1925–1926 Paris, wo er in Kontakt zu den Dadaisten und Surrealisten kam. 1933 konstruierte Bellmer aus Teilen von Schaufensterpuppen, mit Holz, Metall und Gips fetischartige Puppen – als ganzer Körper oder Körperfragment, von denen er in verschiedenen Positionen Fotografien herstellte. 1934 erschien auf Bellmers Kosten Die Puppe, mit einem Essay Bellmers und zehn eingeklebten Fotografien. Bellmer schickte die Aufnahmen Paul Éluard und André Breton in Paris und achtzehn wurden im Dezember 1934 in der Zeitschrift Minotaure unter dem Titel «Poupée: variations sur le montage d’une mineure articulée» veröffentlicht. Photos von Bellmers Puppen wurden im Museum of Modern Art in New York in seiner Surrealismus-Ausstellung gezeigt. Nach dem Tod seiner Frau emigrierte Bellmer 1938 nach Paris, wo er weiter an seinem Puppenthema arbeitete. 1939 wurde er im Lager Les Milles interniert, wo er auf Max Ernst traf. Sie schufen dort das gemeinsame Werk Schöpfungen, die Geschöpfe der Einbildungskraft. 1953 begegnete er der an Schizophrenie und Depression leidenden Schriftstellerin Unica Zürn, mit der er bis zu ihrem Lebensende zusammenarbeitete. Sie zogen in das Pariser Hotel L’Espérance, wo sie keine Freunde und wenig Kontakte hatten, kaum ausgingen, und sich immer mehr von der Außenwelt abschotteten. 1959 und 1964 wurde Bellmer zur documenta II und documenta III in Kassel eingeladen. 1970 stürzte sich Zürn aus der gemeinsamen Wohnung in Paris in den Tod; in jener Wahlheimat, in der 1975 Bellmer vereinsamt starb.

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