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Autor Widmer, Peter
Verlag Königshausen u. Neumann
Auflage/ Erscheinungsjahr 19.08.2022
Format 23,5 × 15,5 cm
Einbandart/ Medium/ Ausstattung Paperback
Seiten/ Spieldauer 400 Seiten
ISBN 9783826076787

Zu diesem Beitrag

Die Welt ist voller Konflikte, Umwelt- und Nahrungskrisen, weltweit werden zahlreiche Kriegegeführt - und die Psychoanalyse hat dazu wenig gesagt. Peter Widmer führt diese peinliche Fehlstelle auch darauf zurück, daß sie sich auf innerpsychische Probleme, nicht zuletzt auf Fragen der Sexualität und des Geschlechtlichen konzentriert hat. Aggression, Destruktivität, Zerstörungen thematisiert sie nur soweit, als es um Liebe und Sexualität und deren Störungen geht. Bei vielen Konflikten geht es jedoch um narzisstisch getönte Machtansprüche, Gier und Größenwahn, welche zu Hass und Zerstörungen führen.

In seinem neuen Buch unternimmt der bekanntn schweizer Psychoanalytikers Peter Widmer nicht weniger als den Versuch, der Psychoanalyse einen gangbaren Weg zu bahnen aus ihrer selbst verordneten Engführung und der damit verbundenen Ausblendung, Verleugnung von Lebenswirklichkeiten der Menschen, welche es aber ganz entscheidend sind, die diese Menschen zu konflikthaftem Verhalten und in die diversen Formen der Erkrankung treiben. Dazu Betrachtet Widmer mit Freud die Ursachen von Hass und Destruktion und nimmt so eine Intention des Alten aus Wien auf, der gerade in seinen letzten Werken die menschliche Zerstörungslust und Autoaggression thematisierte.

Der Titel des Buches »Jeder geht auf den Tod des Anderen«, der von Hegel stammt, weist darauf hin, dass jeder Mensch in seinem Werden sein eigenes Selbstbewusstsein entdeckt, das ihn von allen anderen Menschen unterscheidet. Jeder glaubt, in einer Ausnahmeposition zu sein. Damit ist die Konfrontation mit anderen Menschen, die sich ebenfalls als Ausnahme sehen wollen, unvermeidlich. Das Zusammenleben erfordert jedoch einen Verzicht auf Absolutheitsansprüche. Es stellt sich dabei die Frage, ob diese Überwindung gelingen kann, und was die Bedingungen dafür wären.

Wie Freud und andere gezeigt haben, ist der Mensch eigentlich ein hilfloses Wesen, angewiesen auf die Zuwendung von »Nebenmenschen«. Wie kommt es, dass er sich so dennoch so schwer tut, dies anzuerkennen und immer wieder den Versuchungen nachgibt, Idolen, sogar Tyrannen nachzuhängen oder sich sogar als ´Prothesengott` zu wähnen? Das Buch zeigt darüber hinaus, dass Destruktion auch eine produktive Seite hat, denn das Sprechen beruht darauf, Sinnliches in Laute zu verwandeln.

Inhalt

Einleitung

I. Teil
1. Sitzung: Vorschau

  • Freuds Annahme eines Aggressionstriebs (Destruktionstrieb) - Lacans Auffassung der Aggression - Weiteres Vorgehen

2. Sitzung: Analität

  • Die Bedeutung des Nein für das werdende Subjekt - Klinische Aspekte - Stimme und Analität - Bezug zur Destruktion - Materialien I

3. Sitzung: Der Anspruch des Anderen

  • Destruktivität und Analität - Thomas der Dunkle - Das Selbst und das Selbstbewusstsein - Einführung der Zeitlichkeit - Zeitlichkeit und Selbstbewusstsein - Selbstbewusstsein und Phallizität - Materialien II

4. Sitzung: Das Selbst und das Unbewusste

  • Von der Analität zum Selbstbewusstsein - Genese des Selbst - Lacans Auffassung des Selbst, seine Probleme damit und seine Kritik an anderen Fazit - Fragen zu Kriterien und Beurteilung des Selbst - Das Selbst und die Zeitlichkeit - Das Selbstbewusstsein - Materialien III

5. Sitzung: Das Selbstbewusstsein und seine Folgen

  • Nochmals: Das Selbst und die Zeitlichkeit - Das Wesen des Selbstbewusstseins - Ein erweitertesSpiegelstadium - Materialien IV

6. Sitzung: Das Andere

  • Spiegelstadium - Das andere (Andere) - Spiegelstadium und das Selbstbewusstsein - Von der Hilflosigkeit zur Privation - Privation, näher betrachtet - Vorherrschende Interpretationen in der lacanianischen Psychoanalyse - Geschlechtsspezifische Aspekte der Privation - Materialien V

7. Sitzung: Privation

  • Signifikanten und Privation - Phallus und Privation - Énonciation und énoncé / Sagen und Aussage - Materialien VI

8. Sitzung: Transzendierung des Phallischen

  • Kant - Erweitertes Tableau Il (aus der Sitzung vom 20. Januar) - Privation — intersubjektiv und der Bezug zu Destruktion - Privation und Zeitlichkeit - Das Ding (1) - Das Ding in der Psychoanalyse - Materialien VII

II. Teil
9. Sitzung: Rekapitulation

  • Ding und Destruktion - Materialien VIII

10. Sitzung: Das Ding (II)

  • Das Ding als passives Objekt - Weitere Betrachtungen zum Ding: strukturelle, epistemologische, genetische und topologische Ödipus-Komplex, Schöpfungsgeschichte, Gehorsam - Selbsterhaltung und Ding - Das Nichts als Objekt - Materialien IX

11. Sitzung: Sekundärprozess und Destruktion

  • Selbsterhaltung und Sexualität - Geschlecht - Selbsterhaltung und Destruktion am Beispiel von Goldings Herr der Fliegen - Die Signifikanten und die Destruktion - Realer Mord — symbolischer Mord - Materialien X

12. Sitzung: Sprechen und Töten

  • Zwei Formen von Gewalt - Schrift und Gewalt - Materialien XI

13. Sitzung: Genitalität

  • Das Ich (je) als Instanz der Aggression - Destruktive Züge in Bezug zu Männlichkeit und Weiblichkeit - Genitalität und Hass - Welches sind die Zusammenhänge von Weiblichkeit und Destruktion? - Zusammenfassung - Ausblick - Materialien XII - Zusatz zur Sitzung vom 14. April 2021

14. Sitzung: Hilflosigkeit und ihre Abwehr

  • Die Frage nach dem Ort der Aktivitäten - Anthropologische, strukturelle Faktoren; die Bedeutung des Genetischen — eine Vorschau - Die Hilflosigkeit - Hilflosigkeit und Destruktivität - Destruktion und ihre Voraussetzungen - Materialien XIII

15. Sitzung: Narzissmus und Projektion

  • Das Ich-Gehäuse und seine Abwehrformen - Defensive und offensive Manifestationen als Folge von Bedrohungen des Ich-Gehäuses - Projektion Bezug zu Narzissmus und Selbsterhaltung - Formen der Destruktion - Fazit - Verschränkungen - Die Vernunft und ihre Beeinflussungen - Materialien XIV

16. Sitzung: Sagen und Aussage (Énonciation und énoncé)

  • Edouardo Weiss - Aggression und Todestrieb - Fazit - Materialien XV

III. Teil
17. Sitzung: Der einzige Zug (le trait unaire)

  • Rückblick - Destruktion in der Metapsychologie - Transformation — erste Assoziationen - Der einzige Zug - Sprache und Destruktion - Materialien XVI

18. Sitzung: Signifikant und Schrift

  • Exkurs - Der einzige Zug und die Identifizierung - Die Striche (traits unaires / einzelne Züge) kantianisch gesehen - Die Striche und der Schematismus der Einbildungskraft - Materialien XVII

19. Sitzung: Zählen und Erzählen

  • Die Sublimierung bei Lacan: Schöpferische Destruktion des Subjekts - Benvenistes Unterscheidung von énonciation und énoncé - Materialien XVIII

20. Sitzung: Énonciation / (aus)sagen

  • Kriterien der Erörterung der énonciation: vom Linguistischen zur »linguisterie«, über die Kulturtheorie, Philosophie (Epistemologie, Semiotik), Psychoanalyse - Lacans Aussagen zur énonciation - Materialien XIX

21. Sitzung: Descartes' cogito und die énonciation

  • Kommentar Lacans zu Descartes' cogito und seine Begründung - Die Position des Analytikers - Die fehlende Konsistenz des Anderen - Das Rätsel der énonciation - Énonciation und Schrift - Énonciation, Schnitt, Deutung -  Materialien XX

22. Sitzung: lalangue und Diskurs

  • Das Zitat aus L'Étourdit - Lacans Konzept der lalangue - Heinrich von Kleists - Über die allmähliche Verfertigung der Gedanken beim Reden -  Énonciation und das deiktische System der Sprache - Das deiktische System und seine Folgen - Materialien XXI

23. Sitzung: Signifikanten, énonciation und Ichtriebe

  • Zwei oder drei Logiken? - Thesen zum Einbezug des Ichtriebs - Was ist gewonnen, wenn wir die Signifikanten und die énonciation den Ichtrieben zuordnen? - Materialien XXII

24. Sitzung: Lacan über Ichtriebe

  • Noch einmal: Was ist gewonnen, wenn wir die Signifikanten und die énonciation den Ichtrieben zuordnen? - Überprüfen unserer Zuordnung der Signifikanten zu den Trieben anhand von zwei Darstellungen - Freuds aus der Psychopathologie des Alltagslebens - Die Bedeutung des Nein! im deiktischen System - Analogien zwischen Sexualtrieben und Ichtrieben - Destruktion und Sprache (Sprechen) - Énonciation und Musik - Materialien XXIII

Der Autor

Peter Widmer, Dr. phil., Psychoanalytiker in Zürich; Initiant der Zeitschrift RISS und des Lacan Seminar Zürich; Gastprofessuren und Lehraufträge u.a. in Japan, New York und an Universitäten und psychoanalytischen Institutionen in Europa, im Iran, und in Südamerika.

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