Details

Herausgeber Janus, Ludwig; Egloff, Götz; Reiß, Heinrich; Kurth, Winfried (Hg.)
Verlag Mattes Vlg
Auflage/ Erscheinungsjahr 2020
Format 21 × 14,8 cm
Einbandart/ Medium/ Ausstattung Buch
Seiten/ Spieldauer 434 Seiten
Gewicht 570
Reihe Jahrbuch für psychohistorische Forschung, Band 20
ISBN 9783868091540

Die Psychohistorie kann heute die Dynamik und die Grundlinien der Mentalitätsentwicklung im Laufe der Geschichte beschreiben, weil sie die Geschichte der Kindheit als eigenständige geschichtliche Kraft mit einbezieht. Insofern ein typisches Muster im Verhalten Erwachsener einer Gesellschaft darin besteht, das in der Kindheit Erfahrene in ihrem Leben zu reinszenieren, sind die Sozialisationsbedingungen der Kinder eine Wurzel des gesellschaftlichen Geschehens. Unabhängig hiervon hat die Matriarchatsforschung den historischen Blick um die Wahrnehmung der Wirklichkeit der matrifokalen Kulturen in der Jungsteinzeit von ca. 11.000 bis ca. 3000 v. Chr. erweitert, die den dann kulturbestimmenden patriarchalen Kulturen vorangehen. Dies ermöglicht im Rahmen der kritischen Patriarchatsforschung auch eine Kritik der Schattenseiten dieser kulturellen Neuorientierung. Eine besondere Dynamik in der individuellen und kollektiven Entwicklung entsteht nun daraus, dass die biografisch ursprünglichsten vorsprachlichen Erfahrungen vor, während und nach der Geburt infolge der „physiologischen Frühgeburtlichkeit“ des Menschen lebenslang in einer Art Hintergrundsfilm virulent bleiben und als Kern des Unbewussten magische und mythische Erlebensweisen prägen, die sowohl das Erleben des Kindes wie auch die Mentalitäten der frühen Menschheitskulturen bestimmen, wie auch bis heute im gesellschaftlichen Leben in verdeckter Form wirksam sind. Dies ist das Forschungsgebiet der Pränatalen Psychologie, die eine bedeutsame Ergänzung zu der in der nachgeburtlichen Zeit ansetzenden Entwicklungspsychologie darstellt. Die kollektivpsychologische Bedeutung dieser Zusammenhänge ist bisher nur ansatzweise erschlossen. Im Gefolge der immer noch fortwirkenden patriarchalen Grundorientierung in unseren Gesellschaften werden die durch die weiblich-mütterliche und die kindheitliche Dimension bestimmten Wirklichkeitsbereiche nur marginal wahrgenommen. Auch haben sie sich erst in der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts zu eigenständigen Wissenschaftsbereichen der Psychohistorie, der Matriarchatsforschung und der Pränatalen Psychologie entwickelt. Doch sind diese Bereiche bisher zu wenig aufeinander bezogen. Die Tagung hat deshalb das Ziel, eine Begegnung und einen konstruktiven Austausch zwischen diesen Wissenschaftsfeldern herzustellen, um ihre beträchtlichen Potenziale im öffentlichen Bewusstsein besser vergegenwärtigen zu können. Das soll auch eine Ressource für den Diskurs um die heutige weibliche Identitätsentwicklung sein, mit dem die Tagung beginnt und ausklingt.

Die Beiträge des Bandes

Einleitung und Einführung: Übersicht über das Thema

  • Ludwig Janus: Psychodynamik des Beginns der Geschichte des Individuums und der Geschichte der menschlichen Gesellschaften
  • Helga Krüger-Kirn: Mütterlichkeit braucht kein Geschlecht. Ein kritischer Blick auf weibliche und mütterliche Identitätsentwürf
  • Peter Petschauer: „Wir bringen dich durch!“ – Frauen und ihr Beitrag im und nach dem Krieg

Matriarchatsforschung

  • Gudrun Sahlender-Wulf: Überblick über die Matriarchatsforschung, die das erste Kapitel der Menschheitsgeschichte erkundet
  • Frank Horstman: Die in Stein gemeißelte Erweckung eines Anschein vom Leben
  • Barbara Pade-Theisen: Das Werk der Philosophin und Matriarchatsforscherin Heide Göttner-Abendroth
  • Carola Meier-Seethaler Das Zeitalter des Zorns ist 5000 Jahre alt

Pränatale Psychologie

  • Sarah Burgard: Die vorgeburtliche Mutter-Kind-Beziehung – das erste Kapitel der Lebensgeschichte
  • Renate Hochauf: Die Verantwortung der Gesellschaft für die Verletzlichkeit am Lebensanfang
  • Psychohistorie
  • Christian Lackner: Überblick über die Psychohistorie – die Wechselwirkung von Kindheitsgeschichte und Gesellschaftsgeschichte

Patriarchatskritik

  • Claudia von Werlhof: Überblick über die Patriarchatskritik: Die „Kritische Patriarchats-Theorie“ als neues Paradigma.

Konkrete Beispiele zum Themenkreis der Tagung

  • Johanna Schacht: Die pränatalpsychologischen und matriarchatsgeschichtlichen Dimensionen des Geldes
  • Ludwig Janus: Die vorgeburtlichen, geburtlichen und nachgeburtlichen Wurzeln des Narzissmus und sein aktueller Zeitbezug
  • Sven Fuchs: Gewaltrückgang gegenüber Kindern als wichtiges Thema psychohistorischer Forschung
  • Peter Petschauer: Trauma in der dritten Generation
  • Martin Klüners: Hitler wird Antisemit – Der Versailler Vertrag und die Irrationalität weltanschaulicher Radikalisierung
  • Heinrich Reiß: Gewalthaufen (Teil 2) – Sargon, zwischen Gilgameschund Hammurabi – Die Götter verlassen die Erde

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