Details

Autor Rittmeister, John
Herausgeber Teller, Christine (Hg.)
Verlag Vlg. Jacob van Hoddis
Auflage/ Erscheinungsjahr 1992
Format 14,8 × 21 cm
Einbandart/ Medium/ Ausstattung Broschiert
Seiten/ Spieldauer 180 Seiten
SFB Artikelnummer (SFB_ID) SFB-000849_AC

Zu diesem Buch

Rittmeister war einer der wenigen Ärzte, die ihre Opposition gegen das NS-Regime mit dem Leben bezahlen mussten. 

Wegen „Vorbereitung zum Hochverrat und Feindbegünstigung“ wurde der Nervenarzt Dr. John Rittmeister im Februar 1943 vom Reichskriegsgericht zum Tode verurteilt; am Abend des 13. Mai 1943 wurde er hingerichtet. Mit ihm starben weitere elf Männer und eine Frau unter dem Fallbeil in Berlin-Plötzensee. Sie alle gehörten zur Widerstandsgruppe um Harro Schulze-Boysen und Arvid Harnack.[...]

[Rittmeister] arbeitete seit Kriegsbeginn als Leiter der Poliklinik des Deutschen Instituts für Psychologische Forschung und Psychotherapie in Berlin, dem einzigen Ort im Deutschen Reich, an dem noch Psychoanalyse praktiziert werden durfte - wenn auch unter ständiger Kontrolle der damaligen Machthaber. Rittmeisters beruflicher Werdegang [im] nationalsozialistische[m] Deutschland zeigt deutlich, dass er wie viele andere die Möglichkeit gehabt hätte, sich in einer nicht unbedingt unehrenhaften Weise mit den politischen Verhältnissen zu arrangieren, gehörte er doch zu einer Elite, auf deren Können und Wissen die Nazis selbst bei fehlender ideologischer Nähe nicht vollständig verzichteten.

Rittmeister wählte diesen Weg nicht. Zusammen mit seiner Frau Eva unterstützte er rassisch und politisch verfolgte Menschen. Die beiden organisierten Gesprächskreise junger Menschen, um der Indoktrination durch das Regime entgegenzuwirken. Ende 1941 schloss sich sein Kreis der Widerstandsgruppe um Harro Schulze-Boysen und Arvid Harnack an, die später, nach der Verhaftung fast aller ihrer Mitglieder, unter dem Namen „Rote Kapelle“ diffamiert wurde. Nach seiner Festnahme im September 1942 konnte Rittmeister nachgewiesen werden, dass er ein mehrseitiges Flugblatt „Die Sorge um Deutschlands Zukunft geht durch das Volk“ mitverfasst hatte. Damit wurde das spätere Todesurteil gegen ihn begründet. Während der neunmonatigen Haft schloss Rittmeister seine letzte wissenschaftliche Arbeit („Moral in Stufenfolgen“) ab und hielt in seinem Gefängnistagebuch Rückblick auf sein Leben. Es spiegelt auf bewegende Weise den Versuch, sein schreckliches Schicksal als für sich sinnvoll anzunehmen. [...]

An John Rittmeister zu erinnern, bedeutet auch, seinen Widerstand gegen den Nationalsozialismus als extreme Ausnahme innerhalb der deutschen Ärzteschaft wahrzunehmen. Zwar verdienen die in der „Weißen Rose“ organisierten Medizinstudenten sowie deutsche Ärzte aufseiten der Republikanischen Armee im Spanischen Bürgerkrieg oder unter dem Dach des Nationalkommitees Freies Deutschland der Erwähnung; dies widerlegt aber nicht die mittlerweile vielfach gestützte These, dass es einen nennenswerten Widerstand aus den Reihen der deutschen Ärzteschaft nicht gab. Dagegen gibt es längst ein umfangreiches Wissen darüber, in welchem Ausmaß Ärzte in die nationalsozialistischen Verbrechen verstrickt waren: als ideologische und methodische Wegbereiter von „Euthanasie“ und Humanexperimenten, als deren Organisatoren und Vollstrecker und - in der Mehrheit - durch stillschweigende Billigung oder bestenfalls ohnmächtige Duldung. So unerlässlich es ist, sich mit den geistigen Wurzeln von Mittäterschaft einerseits und Mangel an Zivilcourage andererseits selbstkritisch auseinander zu setzen, so hilfreich kann es sein, auch die Erinnerung an Menschen wie John Rittmeister wach zu halten, denn: „Wir wissen eigentlich nicht, worauf eine seelische Verfassung gegründet ist, die sich unter gar keinen Umständen verleiten lässt. Wir wissen viel mehr über das Unrecht, gegen das eine tapfere Minderheit gekämpft hat, als über das Recht und die Quellen eines wirklichen Rechtsempfindens.“ (aus: Deutsches Ärzteblatt (2003), von Matthias Boentert und Christine Teller)

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