Details

Autor Fischer, Jeannette
Verlag Klostermann, Vittorio
Auflage/ Erscheinungsjahr 04.2021
Format 22,5 × 14,5 cm
Einbandart/ Medium/ Ausstattung Klappenbroschur
Seiten/ Spieldauer 160 Seiten
Gewicht 238
Reihe Nexus, Band 106
ISBN 9783465045427

Zu diesem Buch

Jeannette Fischer untersucht die Antriebe, die zu Hass und zu hasserfüllten Handlungen führen. Hass gegen andere beginnt als Selbsthass. Dieser wiederum hat seine Ursache in Schuldgefühlen, die bereits in der Kindheit in uns ausgelöst wurden. Um unseren Selbsthass loszuwerden, projizieren wir ihn auf Sündenböcke. Dann trägt der Sündenbock die Schuld und kann dafür auch bestraft werden. Das Opfer/Täter- und Schuld/Unschuld-Narrativ ist ein dominantes Muster in unseren Handlungen und Diskursen; wir sind dessen Gefangene. Und es zeigt sich nicht nur auf der persönlichen Ebene, sondern auch im gesellschaftlichen und politischen Zusammenspiel. Wir können Hass nicht beseitigen, indem wir ihn verurteilen, verabscheuen, ja gar hassen. Veränderung ist erst möglich, wenn wir den Teufelskreis verlassen und das ausleuchten, was zu seiner Entstehung führt.

Jeannette Fischer examines what it is that leads to hate and to hateful actions. Hatred against others begins as self-hatred. This in turn has its cause in feelings of guilt that were already triggered in us in childhood. To get rid of our self-hatred, we project it onto scapegoats. Then the scapegoat bears the guilt and can be punished for it. The victim/perpetrator and guilt/innocence narrative is a dominant pattern in our actions and discourses; we are held prisoners by it. And it shows up not only at the personal level, but also in social and political interactions. We cannot eliminate hate by condemning it, abhorring it, even hating it. Change is brought about only by leaving the vicious circle and making clear what leads to its creation.

Aus der Einleitung der Autorin

"Welche Voraussetzungen müssen in einem Menschen gegeben sein, damit er ein Mensch wird, der hasst? Ist dem Menschen die Neigung zum Hass oder gar der Hass selber angeboren? Ist es somit quasi eine kulturelle Leistung, ihn bedeckt zu halten? Oder entsteht Hass während der Sozialisierung des Menschen? Welche Funktion hat Hass? Beherrscht er uns oder beherrschen wir ihn? Fragen über Fragen. Sicher ist: Um gegen Hass, gegen seine Destruktivität und Vernichtungswucht anzugehen, müssen wir ihn zuerst verstehen. Wir müssen herausfinden, was seine Wurzeln sind und welche Funktionen er, nebst der Zerstörung, erfüllt oder zu erfüllen beabsichtigt. Wenn wir uns dem Hass unvoreingenommen, fragend nähern, gewinnen wir an Einsicht, auch an Einsicht über unseren eigenen Hass. Hass zu verstehen bedeutet nicht, ihn zu legitimieren. Ihn zu verstehen, zu erkennen, woher er kommt und was er anstrebt, vermag uns Einblicke in zwischenmenschliche Strukturen und damit auch in gesellschaftliche Strukturen zu geben.

Es ist viel einfacher, den Hass zu hassen, als ihn zu verstehen. Es ist viel einfacher, den Hass auszulagern, weit weg von uns, und ihn bei den anderen zu deponieren. So wird der Mitmensch zu einem Hassenden, möglicherweise gar zu einem, der uns hasst. Im Prozess des Verstehens jedoch erkennen wir, dass wir selber Akteure und Akteurinnen sind. Daher scheuen wir diese Herangehensweise. Viel lieber bekämpfen wir Hass, stehen gegen ihn auf. Dumm ist nur: Wenn wir auf ihn eindreschen, können wir ihn nicht beseitigen. Wir bewirtschaften ihn, ja befeuern ihn damit nur. Indem wir dem Hass den Kampf ansagen, werden wir ein Teil von ihm, nicht zuletzt, weil wir unseren eigenen Hass legitimieren, indem wir behaupten, Gutes zu tun, auf der richtigen Seite zu stehen.

Hass ist ein Symptom. - Wenn wir Kopfschmerzen haben, kann ein verspannter Nacken die Ursache sein, oder ein verstimmter Magen, überanstrengte Augen, beruflicher Stress. Die Kopfschmerzen sind ein Symptom, der manifeste Ausdruck oder die Folge von etwas, das an ganz anderer Stelle in uns liegt. Es gibt also eine örtlich und zeitlich oft verschobene Ursache für dieses Symptom. Die Ursache des Hasses hingegen liegt im Dunkeln. Wir belassen sie auch gerne dort, weil uns die Nähe zum Hass und seinen Ursachen unangenehm ist, ja sogar bedrohlich vorkommt.

Es ist mein Anliegen, mit diesem Buch diese Dunkelheit auszuleuchten. Ich versuche aufzuzeigen, wie Hass entsteht und wie er tradiert wird, in welchen Gewändern er daherkommt und mit welchen Mitteln er sich bedeckt hält. Aus der Psychoanalyse wissen wir, dass Erkenntnis ein Subjekt verändert, ob in seiner Beziehung zu sich selbst, zu sozialen Gruppen jeglicher Art oder in seiner Beziehung zur Welt. Erkennen und Verstehen sind die Schlüssel zu Veränderungen und die Schlüssel des Lernens. (...)"

Die Autorin

"Während des Studiums der Verglei­chenden Religi­ons­wis­sen­schaften in Athen, Tübingen und später in Zürich, begann ich mich auf die Freud’sche Couch zu legen und ergründete mit meinem Psycho­ana­lytiker mein Unbewusstes. Diese Arbeit führte zu einem Berufs­wechsel. Von 1986 bis 2016 arbeitete ich als Freud’sche Psycho­ana­ly­tikerin in eigener Praxis in Zürich. In den 90er Jahren hatte ich die spontane Idee, mich um das Kuratorium einer Kunst­aus­stellung zu bewerben. Seither beschäftige ich mich genauso intensiv mit der Kunst wie mit der Psycho­analyse." - Jeannette Fischer auf ihrer Homepage über sich und ihre Arbeit.

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