Gegen die Normativität in der Psychoanalyse

Zu dieser Arbeit der Autorin

´Die` Psychoanalyse und das was von ihr geblieben ist oder sich unter ihrem Firmenschild an konzeptionellen Diversifizierungen, Verformungen und Abflachungen derzeit versammelt, sieht sich mit rapiden Veränderungen in der Gesellschaft konfrontiert, welche auf das Leben, das Verhalten, das Agieren und die Selbstbilder ihrer Protagonisten massiv abfärben.

Nicht zuletzt die zeitgenössischen Familien- und Beziehungsformen, geänderte Lebensentwürfe und das Abnehmen althergebrachter Geschlechterrollen- und ihrer Zuschreibungen stehen mehr und mehr im Kontrast zu Teilen der klassischen psychoanalytischen Theorie, welche unter ganz anderen gesellschaftlichen Rahmenbedingungen entstanden sind.

Schon daher, so die Autorin, könne es nicht die ultima ratio sein, daß eine normative, regide Auslegung - oder anders ausgedrückt Exekutierung diverser Konzepte von Freud und Lacan zur Karikatur verkomme, wenn diese verleugne und faktisch verhindere, der geänderten Lebenswirklichkeitzen gerade im Liebes- und Familienleben theoretisch und klinisch angemessen Rechnung zu tragen.

Begriffe wie »der Ödipuskomplex und sein Untergang« oder »reife genitale Sexualität« sind nicht heute bei weitem nicht hinreichend, um das psychische Geschehen und seine Interaktionen auch nur annähernd zu fassen. Vor dieser Herausforderung eröffnet Susann Heenen-Wolff neue, interessante, diskussionswürdige und vielversprechende Perspektiven, wie Psychoanalyse zeitgenössische Formen des Sexuallebens verstehen kann, ohne in Beliebigkeiten abzugleiten.

In ihrem innovativen Plädoyer gegen die Normativität in der Psychoanalyse hinterfragt die Autorin auch die kulturellen, historischen und wissenschaftstheoretischen Bedingungen, im Rahmen derer das psychoanalytische Wissen entstanden ist, sowie dessen Verwaltung in den psychoanalytischen Institutionen. Die engagierten Ausführungen der Autorin machen deutlich, wie wichtig es ist, in Zukunft allzu einfache Schemata zurückzulassen, um den Herausforderungen unserer Lebenswelt gewachsen zu bleiben.

Die Autorin

Susann Heenen-Wolff, Prof. Dr. phil., Dipl.-Psych., Dipl.-Päd., Psychoanalytikerin (Internationale Psychoanalytische Vereinigung), Lehranalytikerin an der Belgischen Gesellschaft für Psychoanalyse, Gruppenanalytikerin; Studium in Jerusalem, Frankfurt am Main und Paris; Psychoanalytische Ausbildung an der Société Psychanalytique de Paris (SPP); Professorin für Klinische Psychologie an der Université de Louvain (UCL) und der Université Libre de Bruxelles (ULB).