Details

Autor Halberstadt-Freud, Hendrika C.
Verlag Klett-Cotta
Auflage/ Erscheinungsjahr 2000, dt. EA
Format 21,1 × 13,2 cm
Einbandart/ Medium/ Ausstattung Gebunden
Seiten/ Spieldauer 253 Seiten
Gewicht 402 g
SFB Artikelnummer (SFB_ID) 9783608919561

Zu diesem Buch

Halberstadt-Freuds Reflexionen über die Mutter-Tochter-Beziehung stellen den gelungenen Versuch dar, eine Leerstelle der klassischen Freudschen Psychoanalyse mit Leben zu füllen und deren systematisch angelegtes "Weiblichkeitsdefizit" zu beheben.

Aus der griechischen Mythologie ist uns Elektra, die Tochter des Königs Agamemnon, als eine Gestalt überliefert, die aus Haß gegen ihre Mutter ihren Bruder Orest zum Muttermord anstiftet und ihr Leben lang der Liebe zu einem Mann entsagt. Während Ödipus dafür büßen muß, daß er seinen Vater erschlug und seine Mutter heiratete, schleppt Elektra zeitlebens das Trauma einer mißglückten Mutter-Tochter-Beziehung mit sich herum.

Für die holländische Psychoanalytikerin Hendrika C. Halberstadt-Freud ist die Figur der Elektra die Verkörperung all dessen, was das Drama der immer schwierigen Mutter-Tochter-Beziehung ausmacht. Eine ihrer zentralen Thesen ist, daß das Mädchen von Beginn an in einer gleichsam homosexuellen Bindung an die Mutter lebt, während das männliche Kind gezwungen ist, sich vollständig von der Mutter/Frau zu trennen. Das Mädchen/die Frau braucht die Mutter, der sie psychisch wie anatomisch gleicht, ihr ganzes Leben lang, und die Schwierigkeit besteht darin, daß "Elektra" ihr Leben zwischen der Bedrohung durch die Skylla eines mörderischen Hasses auf die Mutter und die Charybdis der vollkommenen Symbiose mit der Mutter bewältigen muß. Beide Optionen - Haß und symbiotisches Einssein - bergen der Autorin zufolge pathologische Konsequenzen (Vaginismus, Frigidität, Masochismus, Depression) und behindern normale Entwicklungen, die zur Bildung einer stabilen weiblichen Identität führen.

Die Kapitel des Buches:

  • 1 - Haß und Liebe zwischen Mutter und Tochter
  • 2 - Geschichte der Mutterliebe
  • 3 - Liebe, Symbiose und Illusion
  • 4 - Dana: Eine Mutter-Tochter-Symbiose in der Adoleszenz
  • 5 - Elektra versus Ödipus
  • 6 - Was will das Weib?
  • 7 - Anitra: Die Geschichte einer postnatalen Depression
  • 8 - Martha: Das mittlere Alter
  • 9 - Historie oder Hysterie?

Aus dem Vorwort der Autorin

"Mein Interesse am Schicksal der weiblichen Psyche wurde auf folgende Weise geweckt: Ich begann mit meiner ersten unter Supervision durchgeführten Analyse, als ich 25 war. Meine Patientin war eine 24jährige Psychologiestudentin, die aus einem puritanischen Elternhaus stammte. Sie war eine Masochistin, nicht im sexuellen, sondern im moralischen Sinn, sie sah sich als Opfer, als einen Menschen, dem immer Unrecht geschieht. Sie beneidete Jesus, weil er als Leidender par excellence alle Aufmerksamkeit auf sich zog, während für sie nichts übrigblieb. Sie begann in der Zeit der Analyse eine Affäre mit einem schüchternen jungen Mann; die sexuelle Beziehung zu ihm hatte einen ausgesprochen sadomasochistischen Charakter. Ich war ziemlich überrascht und ratlos.

Während eines Urlaubs in Frankreich las ich Marcel Prousts Romanzyklus Auf der Suche nach der verlorenen Zeit, der mich sofort fesselte. Ich fand in ihm, was mich meine Patientin verstehen ließ. Anders als für Freud stand für Proust nicht die Vater-Sohn-, sondern die Mutter-Sohn-Beziehung im Mittelpunkt seines Denkens. Nicht der Vatermord, sondern der Muttermord faszinierte ihn, ein Thema, das in Freuds Denken keine Rolle spielt.

Ich begann daran zu zweifeln, ob tatsächlich, wie die klassische psychoanalytische Auffassung besagt, der Ödipuskomplex der Schlüssel zum Verständnis von Perversionen ist. In meinem Buch Freud, Proust, Perversion, and Love, das 1991 erschien, habe ich mich mit diesem Thema - der Schwierigkeit von Männern, sich von ihrer Mutter zu lösen - eingehend beschäftigt.

Erst nachdem ich mehr darüber erfahren hatte, was es bedeutet, wenn Söhne sich zu sehr mit der Mutter identifizieren, zu eng mit ihr verbunden sind, lüftete sich mir auch ein Zipfel des Schleiers, der über der Mutter-Tochter-Beziehung liegt. Ich merkte, daß ich wenig darüber wußte, daß vieles mir rätselhaft war. Ich vertiefte mich in die einschlägige Literatur und hörte meinen Patientinnen mit neuem Interesse zu. Allmählich bildete sich eine eigene Version des weiblichen Ödipuskomplexes heraus, es schien mir, als sei der Mythos von Elektra ein zutreffenderes Paradigma für die psychische Entwicklung der Frau. (...)"

Die Autorin

Hendrika C. Halberstadt-Freud ist Psychologin und lebt als frei praktizierende Analytikerin in Amsterdam. Sie hat neben Beiträgen in diversen internationalen Zeitschriften zu Freud und Proust und zur Psychodiagnostik von Kindern und Adoleszenten publiziert.

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