Details

Autor Guyotat, Pierre
Verlag Diaphanes
Auflage/ Erscheinungsjahr 10.07.2015
Format 21 × 13,5 cm
Einbandart/ Medium/ Ausstattung Hardcover
Seiten/ Spieldauer 336 Seiten
Gewicht 518
ISBN 9783037345313

Zu diesem Roman

Pierre Guyotat vertritt eine literarische Extremposition, für die es kein Beispiel gibt. Sein zweites großes Erzählwerk »Eden, Eden, Eden« entstand 1970 und wurde sofort nach seiner Veröffentlichung als pornographisch verboten. Obwohl sich namhafte Intellektuelle für das Buch einsetzten, wurde der Bann erst 1981 unter Mitterrand wieder aufgehoben. In buchstäblich einem einzigen Satz entfaltet sich eine wüstenhafte, apokalyptische Kriegslandschaft irgendeines unbeendbaren Bürgerkriegs ohne jegliche Moral (und also auch ohne das Böse). Jede Handlung geht unter im Ineinanderfließen von Mikroerzählungen, in denen Frauen, Kinder, Tiere, Männer, Junge, Alte, Soldaten, Huren multiplen Obszönitäten, Vergewaltigungen, Morden unterworfen sind. All das findet in einer triumphierenden Sprache seine literarische Form, die nicht zwischen Gewalt und Lust, Schönheit und Grausamkeit, Mensch und Tier trennt und in der die Frage nach Opfern und Tätern ebenso demonstrativ wie schockierend unwichtig ist.

Nb.: In seinem Seminarvortrag "L'écrit et la vérité" (Die Schrift und die Wahrheit) bezieht sich Jacques Lacan auf Guytats "Eden, Eden, Eden", und scheint dort eine ambivalente Position hinsichtlich der Bewertung dieses literarischen Radikalismus`einzunehmen.

Die erste Seite ...

"/ Breitbeinig, die Muskeln angespannt, treten die behelmten Soldaten auf die Neugeborenen, die in scharlachrote, veilchenblaue Schals gewickelt sind: die Babys fallen aus den Armen der Frauen, die an den zerschossenen Blechen der GMC-Lastwagen kauern; der Fahrer stößt mit der freien Faust eine Ziege zurück, die in seine Kabine geschleudert wurde; / am Ferkous-Pass überquert eine Abteilung des Marineinfanterie-Regiments die Piste; die Soldaten springen von den Lastwagen, die Marineinfanteristenlegen sich auf den Schotter; den Kopf an die mit Feuersteinen und Dornen gespickten Reifen gelehnt, entblößen sie im Schatten der Schutzbleche ihre Oberkörper; die Frauen wiegen die Babys an ihren Brüsten: durch die schweißtreibende Hitze des Feuers verstärkt, setzt das Hin und Her des Wiegens die Düfte frei, nach denen ihre Lumpen, ihr Haar, ihre Haut riechen: Öl, Nelke, Henna, Butter, Indigo, Antimon – am Fuß des Ferkous, unter einem Vorsprung, auf dem lauter verkohlte Zedern stehen, explodieren Gerste, Weizen, Bienenstöcke, Gräber, ein Ausschank, eine Schule, Gâddous, Feigenbäume ..."

Stimmen zum Buch

»Tatsächlich ›Eden, Eden, Eden‹ so ziemlich das Härteste, was auf dem Gebiet der Prosa überhaupt möglich ist, formal wie inhaltlich ... Diesen Radikalen sollte man endlich auch bei uns entdecken, obwohl oder gerade weil wir uns abgewöhnt haben, der Literatur die Sprengung aller Grenzen, aller Konventionen zuzutrauen.«

Ina Hartwig, Süddeutsche Zeitung

Der Autor

Pierre Guyotat gilt als einer der bedeutendsten Avantgardisten und Erneuerer der französischen Literatur. Seit früher Jugend schriftstellerisch tätig, veröffentlichte er 1960 seinen ersten Roman »Sur un cheval«. Im gleichen Jahr wurde er in den Krieg nach Algerien einberufen, wo er 1962 wegen Aufrufs zur Desertion und der Verbreitung verbotener Schriften in Haft kam. Mit seinen beiden Werken »Grabmal für fünfhunderttausend Soldaten« und »Eden Eden Eden«, das eine scharfe Kontroverse auslöste und jahrelanger Zensur anheim fiel, wurde er einem breiten Publikum bekannt. Nachdem sein von radikalem Formwillen geprägtes Schreiben durch eine mehrjährige psychiatrische Krise abrupt unterbrochen wurde, fand er 2006 mit dem diese Zeit verarbeitenden Werk »Coma« zurück in die Öffentlichkeit. Seine zahlreichen seither erschienenen Werke zeugen von großem Stilreichtum und unermüdlicher Arbeit an der Literatur.

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