Details

Autor Harsch, Wolfgang
Verlag S. FISCHER
Auflage/ Erscheinungsjahr 1999
Format 18,8 × 12,4 × 1,6 cm
Einbandart/ Medium/ Ausstattung Paperback
Seiten/ Spieldauer 264 Seiten
Reihe Geist und Psyche, Band 12665
SFB Artikelnummer (SFB_ID) SFB-000166_AC

Zu diesem Buch

Geld in seiner realen wie symbolischen Bedeutung ist für Menschen im allgemeinen wichtiger als alles andere, heutzutage noch mehr als in früheren Zeiten. Für Geld scheint der Mensch bereit, alles aufzugeben, einschließlich seiner Zukunft. Um so seltsamer ist, daß die Psychoanalyse sich um diesen Gegenstand herzlich wenig gekümmert hat, sowohl in der Theorie, wenn man von Sigmund Freuds »Analtheorie« absieht, als auch in der Praxis.

Eine gründliche Untersuchung des menschlichen Umgangs mit Geld und der ihm zugrundeliegenden psychischen Motivationsstruktur erscheint unter diesen Umständen geradezu überfällig. Der Autor setzt sich zunächst mit der analytischen Literatur zum Gegenstand seit den Anfängen der Psychoanalyse auseinander und versucht anschließend, die im einzelnen dargelegte Geldtheorie auf die Ökonomie und ihr Begriffssystem anzuwenden.

»Mit Geld hat sich die Psychoanalyse seit Sigmund Freud erher beiläufig beschäftigt, zum Teil sicher aus Scheu davor, der Ökonomie ins Handwerk zu pfuschen, eine Scheu, die sie auf anderen Gebieten vermissen läßt.

Dabei hat die Psychoanalyse – und das wußte schon ihr Begründer Sigmund Freud – gerade zu Geld vieles zu sagen, denn es regiert nicht nur die Welt, wie schon die Alten wußten, sondern strotzt bis in die Sprachgebung hinein von Bedeutungen, Andeutungen, Wortspielen und Symbolen. Wer das Sprichwort ´Geld stinkt nicht` erfunden hat, hat insgeheim wohl gewußt, daß es unter Umständen doch stinkt, nämlich viel mit kindlichem Wert- und Warentausch in Form von Behalten und Hergeben von Kot zu tun hat (…)

Mag auch heutzutage der Geldverkehr weitgehend bargeldlos vonstatten gehen, die alten Bedeutungen, die dem Geld nach wie vor anhaften, haben ihre Kraft und Wirkung erhalten. Aber offensichtlich wollen de Menschen nicht gerne an ihre stinkende Frühzeit als Individuum und als Gemeinschaft erinnert werden. Vielleicht hängt die Scheu der Psychoanalyse vor einer innigeren Beschäftigung mit Geld auch damit zusammen? (…) Der Autor dieses Bandes hat sich wagemutig und zweilen auch waghalsig wie Dagobert Duck in den Geldhaufen gestürzt und eine komplexe, in sich schlüssige Theorie hervorgezogen, die alle, die mit Geld zu tun haben – und das sind alle – nachdenklich stimmen sollte.«

w.k. (das ist: Willi Köhler, der Begründer und Herausgeber der legendären, vom S. Fischer Verlag nach dessen Tod nicht fortgeführten, wissenschaftlichen Taschenbuchreihe ›Geist und Psyche‹.)

Aus dem Inhalt

I. Darstellung der psychoanalytischen Geldtheorie

  1. Freuds Verhältnis zu Geld und Ökonomie
    1.1 Die kommerziellen Berufe von Freuds Verwandten
    1.2 Freuds lange finanzielle Abhängigkeit
    1.3 Freuds Übersetzung von J. S. Mill
    1.4 Freuds Auffassung über das Verhältnis von Psychoanalyse und Ökonomie
    1.5 Rezeption der Psychoanalyse durch die Wirtschaftswissenschaften
  2. Freuds Konzept der psychischen Ökonomie
    2.1 Der ökonomische Gesichtspunkt der Metapsychologie
    2.2 Der Entwurf einer Psychologie (1895)
    2.3 Die Traumdeutung (1900)
    2.4 Der Witz und seine Beziehung zum Unbewußten (1905)
    2.5 Ökonomie des Denkens
  3. Freuds Entdeckung und Erklärung der unbewußten Beziehung von Kot und Geld
    3.1 Teufels-und Hexengeschichten
    3.2 Charakter und Analerotik (1908)
    3.3 »Bedingte Identifizierung« von Gold und Kot
    3.4 Gold oder Geld als Kotsymbol
    3.5 Die ontogenetische Entstehung des Kotsymbols Geld
    3.6 Kot als erstes Geschenk
    3.7 Die unbewußte Gleichsetzung von Kot-Kind-Penis
    3.8 Rationelles und libidinöses Geldinteresse
    3.9 Geld als »Mittel zur Selbsterhaltung und Machtgewinnung«
  4. Psychoanalytische Arbeiten zum Umgang mit Geld als Honorar
    4.1 Die Handhabung der Honorarfrage bei Freud
    4.2 Das Honorar als Opfer des Patienten
  5. Von Freuds Kot-Geld-Gleichung zur psychoanalytischen Geldtheorie
    5.1 Weitere Belege für die Kotsymbolik des Geldes
    5.2 Zur stofflichen Ähnlichkeit von Kot und Gold (Ferenczi)
    5.3 Das »goldene Zeitalter« des Milchkots
    5.4 Der infantile Kot als materielle Gegengabe für die Muttermilch und als erstes Tauschmittel (Abraham)
    5.5 Der Kot-Milch-Tausch als Prototyp des Handels (Roheim)
    5.6 Der infantile Kot als erste Ersparnis
    5.7 Die Rolle des analen Sadismus in der Beziehung zum Geld (M. Klein)
    5.8 Geld, Schuld und Todestrieb (Brown)
    5.9 Psychoanalytische Beiträge zum Geld ohne besonderen Bezug zur Kotsymbolik
  6. Beiträge zur psychoanalytischen Geldtheorie als Kulturtheorie
    6.1 Geld als soziale Institution (Freud)
    6.2 Heiliges Geld in Melanesien (Roheim)
    6.3 Gesellschaftskritische Beiträge (Fenichel, Fromm, Reich, Erikson)
    6.4 Geld als Muttersymbol (Desmonde, Kurnitzky)
    6.5 Geld als Gottersatz (Laforgue, Brown)
  7. Von der psychoanalytischen Geldtheorie zu einer psychoanalytischen Wirtschaftstheorie
    7.1 Der infantile Kot als erste Produktion
    7.2 Der infantile Kot als erste Destruktion
    7.3 Der infantile Kot als erstes Eigentum
    7.4 Der infantile Kot als erste Verkörperung von Arbeitszeit
    7.5 Der infantile Kot als erstes Kapital

II. Anwendung der psychoanalytischen Geld- und Wirtschaftstheorie auf ökonomische Prozesse und Grundbegriffe

  1. Konzept einer psychoanalytischen Wirtschaftstheorie .
    1.1 Die narzißtische oder infantile Ökonomie
    1.2 Der Begriff der Verdrängung und seine biologischen und ökonomischen Wurzeln
    1.3 Die Verdrängung der infantilen Ökonomie
    1.4 Das säkulare Fortschreiten der Verdrängung in der Kulturentwicklung
    1.5 Verdrängung und Entwicklung
    1.6 Die Entwicklung der Ökonomie
  2. Konsum und Produktion
    2.1 Methodische Vorbemerkungen
    2.2 Konsum als Bedürfnisbefriedigung und Wunscherfüllung
    2.3 Infantile Genese von Arbeit und Produktion
    2.4 Unbewußte Bedeutung der Produktionsmittel
    2.5 Infantile und ökonomische Produktivität
    2.6 Infantile Genese der Arbeitsteilung 
  3. Markt und Geld
    3.1 Die Entstehung des Tausches aus der frühen Mutter-Kind-Beziehung
    3.2 Die Entstehung des Geldes aus dem Kot-Milch-Tausch
    3.3 Die antike Geldwirtschaft und die Veränderung der Mutter-Kind-Beziehung
    3.4 Sublimation der Münze zum Papiergeld
    3.5 Der Markt als Ort der Inszenierung frühkindlicher Wünsche und Konflikte
    3.6 Marktpreisbildung und Sauberkeitserziehung
    3.7 Kot und Geld als Wertaufbewahrungsmittel
    3.8 Infantile Genese der Gläubiger-Schuldner-Beziehung . . .
  4. Geld als Kapital
    4.1 Psychoanalytische Aspekte des Wucher- und Kaufmannskapitals
    4.2 Aneignung des mütterlichen und des ökonomischen Mehrprodukts
    4.3 Soziogenese und Psychogenese von Kapitalist und Arbeiter
    4.4 Das Wachstum des Kindes und der Mehrwert 
  5. Akkumulation des industriellen Kapitals
    5.1 Unbewußte Bedeutung der Arbeitsorganisation
    5.2 Unbewußte Bedeutung der Maschinen
    5.3 Reproduktion und Akkumulation des kindlichen Körpers und des industriellen Kapitals
    5.4 Fortpflanzungstrieb, Genußtrieb und Akkumulationstrieb
    5.5 Der manisch-depressive und der konjunkturelle Zyklus
    5.6 Ziele und Grenzen der langfristigen Kapitalakkumulation
  6. Akkumulation des Geldkapitals
    6.1 Unbewußte Bedeutung des zinstragenden Kapitals
    6.2 Analer Narzißmus und Kreditsystem
    6.3 Modernes Geld und seine unbewußte anale Bedeutung
    6.4 Realisierung der anal-narzißtischen Ökonomie im fiktiven Kapital.

Der Autor

Wolfgang Harsch, Jg. 1942, Studium der Medizin in Heidelberg, Ausbildung zum Nervenfacharzt und Psychoanalytiker in Berlin. Seit 1979 Mitglied der Deutschen Psychoanalytischen Vereinigung. 1980 Promotion an der Universität Berlin über den psychoanalytischen Strukturbegriff. Seit 1981 als Psychoanalytiker in Karlsruhe niedergelassen.

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