Details

Autor Eco, Umberto
Verlag Hanser, Carl
Auflage/ Erscheinungsjahr 17.03.2014
Format 21 × 13,4 cm
Einbandart/ Medium/ Ausstattung gebunden
Seiten/ Spieldauer 272 Seiten
Gewicht 388
ISBN 9783446239999

Zu diesem Buch

Die Texte dieses Bandes stellen eine Auswahl aus dem 2011 bei Bompiani erschienenen Band Costruire il nemico e altri scritti occasionali dar.

Wozu braucht man Feinde? Umberto Eco beschäftigt sich in seinen kurzen, pointierten Texten mit den aktuellen Fragen unserer Gegenwart – aber auch mit dem Mythos der einsamen Insel und der imaginären Astronomie, mit Themen aus Kunst, Religion, Mythos, Geographie und Geschichte. Und so gelingt es ihm, aus dem weit Auseinanderliegenden etwas ganz anderes zu machen: Stellungnahmen eines leidenschaftlichen Essayisten, dem es gelingt, den Leser genau von dem zu überzeugen, was ihm selbst am allermeisten am Herzen liegt.

"Vor Jahren bin ich in New York an einen  Taxifahrer geraten, bei dem es mir schwerfiel, seinen Namen auf dem Schild am Armaturenbrett zu entziffern, und da erklärte er mir, er sei Pakistaner.

Er fragte mich, woher ich käme, und als ich sagte, ich sei Italiener, wollte er wissen, wie viele wir sind, und war erstaunt über unsere geringe Zahl und dass unsere Sprache nicht englisch ist. Schließlich fragte er mich, wer unsere Feinde seien. Auf mein »Wie bitte?« erklärte er mir geduldig, er wolle wissen, mit welchen Völkern wir seit Jahrhunderten im Krieg lägen, wegen territorialer Ansprüche, ethnischer Aversionen, ständiger Grenzkonflikte und so weiter. Ich antwortete ihm, daß wir mit niemandem im Krieg lägen. Geduldig setzte er mir auseinander, er wolle wissen, wer unsere historischen Feinde seien, unsere Erbfeinde, also diejenigen, die uns umbrächten und wir sie. Ich wiederholte, daß wir keine Erbfeinde hätten, daß wir den letzten Krieg vor über fünfzig Jahren geführt haben und daß wir dabei am Anfang einen anderen Feind hatten als am Ende.

Er war nicht zufrieden. Wie kann es sein, daß ein Volk keine Feinde hat? Als ich ausstieg, gab ich ihm zwei Dollar Trinkgeld, um ihn für unseren trägen Pazifismus zu entschädigen, danach fiel mir ein, was ich ihm hätte sagen sollen, nämlich daß es nicht stimmt, dass die Italiener keine Feinde haben. Sie haben keine äußeren Feinde, jedenfalls können sie sich nie darüber einigen, welche das sein könnten, weil sie pausenlos gegeneinander Krieg führen: Pisa gegen Lucca, Guelfen gegen Ghibellinen, Norditaliener
gegen Süditaliener, Faschisten gegen Partisanen, die Mafia gegen den Staat, die Regierung gegen die Richterschaft – und leider gab es damals noch nicht den Sturz der beiden Regierungen Prodi, sonst hätte ich dem Mann besser erklären können, was es heißt, einen Krieg durch friendly fire zu verlieren ...."
(Textauszüge aus dem ersten Aufsatz)

Über den Autor

Umberto Eco wurde 1932 in Alessandria (Piemont) geboren und starb am 19. Februar 2016 in Mailand. Er war Ordinarius für Semiotik an der Universität Bologna und zählte zu den bedeutendsten Schriftstellern und Wissenschaftlern der Gegenwart. Eco war als Sprachwissenschaftler Verfasser zahlreicher Schriften zur Theorie und Praxis der Zeichen, der Literatur und der Kunst, nicht zuletzt der Ästhetik des Mittelalters. Hierzu zählen seine Einführung in die Semiotik (1972), Das offene Kunstwerk (1973) und Zeichen. Einführung in einen Begriff und seine Geschichte (1977). Den Roman 77 nome della rosa (1980) schrieb er, weil er in reifem Alter erkannte: "Wovon man nicht theoretisch sprechen kann, muß man erzählen."

Ecos literarisches Werk erscheint in deutschsprachigen Originalausgaben bei Carl Hanser, zuletzt u. a. Die Geschichte der Hässlichkeit (2007), Der Friedhof in Prag (Roman, 2011), Die Geschichte der legendären Länder und Städte (2013), Die Fabrikation des Feindes und andere Gelegenheitsschriften (2014), Nullnummer (Roman, 2015) und Pape Satàn (Chroniken einer flüssigen Gesellschaft oder Die Kunst, die Welt zu verstehen), 2017).

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