Details

Autor Vinnai, Gerhard
Verlag VSA
Auflage/ Erscheinungsjahr 09.2017
Format 13,9 × 1,5 × 21,1 cm
Einbandart/ Medium/ Ausstattung Paperback
Seiten/ Spieldauer 144 Seiten
ISBN 9783899657876

Zu diesem Buch

Die Kritik des Konzepts von Privateigentums scheint seit dem universellen Triumph des Kapitalismus in seiner neo­liberalen und weltumspannenden Ausprägung nicht mehr wirklich en vogue; in den Wirtschafts- und Gesellschaftswissenschaften findet ein kritischer Diskurs kaum statt, denn: Wer möchte schon als Neider, Sozi, Kleingeist und rückständig abgestempelt werden?

Was aber heißt es für eine Gesellschaft, wenn eine Handvoll an Familien und Einzelpersonen allein in Deutschland über ein Vermögen von weit über 1 Billion EUR (das sind 1000 Milliarden oder 1.000.000.000.000) verfügen, eie Summe, mit der sich rechnerisch über annähernd drei Jahre hinweg der gesamte Bundeshaushalt finanzieren ließe? Was sagt es über ein Gemeinwesen aus, wenn rund ein Drittel über weit mehr an Kapital und Vermögenswerten verfügt, als es der einzelne auch bei zehn Leben nicht für sich zu verleben, zu verbrauchen könnte ...?

Für den Sozialwissenschaftler Vinnai stellt sich die Frage, warum derlei Befunde über die von Jahr um Jahr extremer auseinander klaffende Verteilung des Privateigentums bezüglich seiner Legitimität nicht in großem Ausmaß diskutiert und infrage gestellt wird. Dies habe, so Vinnai, nur nebenher mit den politischen Machtverhältnissen zu tun. Vielmehr sei jeder einzelne, auch wenn er wenig verdient und über keine Vermögenswerte verfügt, psychisch ungeheuer stark gebunden und fixiert an die Idee des Eigentums – dies nicht zuletzt in Gestalt des Geldes, das die Individuen als Tauschpartner miteinander verbindet, sie aber auch bei der Verfolgung ihrer egoistischen Privatinteressen voneinander isoliert.

Der Autor untersucht, welche Interessen, Bedürfnisse und Wünsche mit dem Privateigentum verknüpft sind und ob und wie diese Bindungen mithilfe alternativer Eigentumsformen überwunden werden können.

Gerhard Vinnai zu seinem Buch

"Die seelische Verfasstheit von Menschen in unserer Gesellschaft mit dem Privateigentum verknüpft. Das Buch versucht mit den Mitteln einer psychoanalytisch orientierten Sozialpsychologie zu ergründen, welche seelischen Kräfte Menschen bewusst und unbewusst an das private Eigentum binden. Die gegenwärtigen Beziehungen zum Privateigentum sind mit seinen Krisentendenzen verknüpft. Der Kapitalismus hat nicht nur in der Geschichte das Privateigentum durchgesetzt, er bringt es zugleich in der Gegenwart in vielen gesellschaftlichen Sphären durch seine Konzentration zunehmend zum Verschwinden und lässt es seine überkommenen Funktionen verlieren. Das macht ein neuartiges kritisches Nachdenken über das Privateigentums und mögliche Alternativen zu diesem notwendig.

Das verlangt es, sich mit der Geschichte der Eigentumskritik in einer sozialpsychologischen Perspektive auseinanderzusetzen, die die europäischer Kultur über viele Jahrhunderte begleitete hat, aber auch in einer veränderten Perspektive zu fragen, welche neuartigen sozialen und psychischen Möglichkeitsräume für gemeinsame Eigentumsformen in bestehenden Verhältnissen potentiell enthalten sind.
Ein Nachdenken über Alternativen zum Privateigentum fordert vor allem auch, die Hemmnisse genauer ins Blickfeld zu nehmen, die seiner Kritik entgegenstehen. Hier kommen nicht nur sehr machtvolle soziale Interessen ins Spiel, sondern nicht zuletzt auch kollektivierte, sehr ausgeprägte psychische Fixierungen an dieses. Die psychische Verfasstheit ist heute bei Vielen so sehr an das Privateigentum gebunden, dass seine Abschaffung als Bedrohung durch den sozialen Tod erfahren würde.

Die Suche nach Alternativen zum Privateigentum muss nicht zuletzt auch die Freiheitsversprechen sehr ernst nehmen, die mit dem Privateigentum für seine Besitzer verknüpft sein können. Für seine Verteidiger von Rousseau bis Kant kann das Privateigentum Freiheit stiften, indem es Eingriffe des Staates und der Gesellschaft in die Rechte Einzelner abzuwehren hilft. Es stellt sich die Frage, wie diese Freiheitsrechte in zu entwickelnden kollektiven Eigentumsformen nicht bloß negiert, sondern in anderer Gestalt weiterentwickelt aufgehoben werden können. Das Scheitern des östlichen Staatsozialismus ist nicht nur in seiner ökonomischen Ineffizienz begründet, sondern auch in der Missachtung von Freiheitsrechten, die notwendig bei der Entwicklung von vergesellschaftetem Eigentum berücksichtigt werden müssen.
Das Buch versucht keineswegs nur eine allgemeine theoretische Kritik, es bemüht sich darum, verbunden mit materialen Analysen, auf mit dem Eigentum verbundene psychische Probleme hinzuweisen, die bisher viel zu wenig analysiert wurden. Nicht zuletzt weist es in einem Kapitel darauf hin, dass das Verhältnis der Psychoanalyse zu an den Geldbesitz gebundene Subjektformen bisher zu wenig begriffen wurde."

Inhalt

Einleitung

Kapitel 1: Zur Geschichte der Eigentumskritik

  • Was ist Privateigentum?
  • Antike Eigentumskritik
  • Christliche Eigentumskritik
  • Klassische Sozialutopien
  • Rousseaus Kritik am Privateigentum
  • Marxistische Eigentumskritik
  • Kropotkins anarchistische Eigentumskritik
  • Theorien zur Verteidigung des Privateigentums
  • Zur Kritik des Besitzindividualismus
  • Antinomien der Eigentumskritik
  • Eigentum und Habsucht
  • Anfang ohne Privateigentum

Kapitel 2: Zur Aktualität der Kritik des Privateigentums

  • Die Abschaffung des Privateigentums im Kapitalismus
  • Das Verschwinden des Privateigentums durch seine Konzentration
  • Das Verschwinden des Privateigentums durch den Verlust seiner Funktion
  • Gründe des Mangels an Kritik
  • Elemente der psychologischen Eigentumsbindung
  • Besondere Objekte von Eigentümern
  • Zur psychischen Bedeutung von Kleidung und Haus

Kapitel 3: Wie kann man über Alternativen zum Privateigentum nachdenken?

  • Ausgangspunkt Subjektive Ebene
  • Gemeinsames Eigentum als Konfliktfeld
  • Gesellschaftstheoretische Perspektive

Kapitel 4: Geldsubjekt, Geldbesitz und Psychoanalyse

  • Geld und Ware
  • Geld - Freiheit und Unfreiheit
  • Geld und Psychoanalyse
  • Geld und Liebe
  • Zur analytischen Sozialpsychologie des Geldes
  • Die Rationalität des Geldes und
  • die Funktionsweise des Unbewussten
  • Zur Überwindung des Geldes

Nachbemerkungen

  • 1. Was ist Sozialisierung?
  • 2. Schwierigkeiten der Theoriebildung
  • 3. Die Konzentration von Privateigentum
  • 4. Dingliches Eigentum und Geldeigentum
  • 5. Über Alternativen zum Privateigentum nachdenken ..

Literatur.

Der Autor

Gerhard Vinnai war bis 2005 Professor für analytische Sozialpsychologie an der Universität Bremen. Sein besonderes Interesse gilt der Verbindung von Psychologie und kritischer Gesellschaftstheorie

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