Details

Autor Maaz, Hans-Joachim
Verlag dtv Verlagsgesellschaft
Auflage/ Erscheinungsjahr 9. Aufl. der EA 01.08.2014
Format 19,1 × 12 cm
Einbandart/ Medium/ Ausstattung Paperback
Seiten/ Spieldauer 240 Seiten
Gewicht 231
ISBN 9783423348218

Zu diesem Buch

Diese Gesellschaft hat über die Jahrzehnte Regelwerke und Verkehrsformen entwickelt und gefördert, die neben möglichen punktuellen Vorzügen einem rasanten Ausbreiten von Entfremdungsstrukturen Vorschub geleistet haben: Überschaubare Einheiten in Wirtschaft, der Verwaltung, bei Kommunen, im Bereich der Schulen und der Infrastuktur wurden aufgelöst. Durch Förderung etwa der Ansiedlung von Gewerbeparks oder trist betonierten und Kommunikation per se erstickenden Einkaufshallen auf der Grünen Wiese, selbst in kleinsten Marktflecken, wurden und werden noch immer einstmals intakte Lebens- und Arbeitszusammenhänge atomisiert. Innenstädte und ehedem bunt-lebendige Gemeinden veröden in und an ihrer Substanz.

Diese fortschrittlichen Bestrebungen, zusammen mit vielen anderen in der Summe ähnlich wirkenden, haben inzwischen bei vielen Menschen ihren Niederschlag gefunden: Der die gespürte Belang- und Bedeutungslosigkeit kompensierende Narzissmus mit seiner immer häufiger zu beobachtenden Kehrseite, der Depression, greift um sich. Dabei ist Schablonendenken im Zusammenspiel mit dem Dauereinsatz des Ellebogens, sind Konsum- und Ichsucht, das fidele Entsorgen von gemeinschaftgründenden und -stabilisierenden Räumen, noch immer das Geschäftsmodell dieser offenbar aus dem Gleichgewicht geratenen Gesellschaft. Das Land, so der Hallenser Psychoanalytiker Hans-Joachim Maaz, sitzt längst in der "Narzissmusfalle".

Wo die Fetische "Geld" und "Geltung" so irreal und menschenverachtend hoch in Kurs gebracht worden sind, braucht es nicht eben viel Phantasie, um sich auszumalen, was eine wirkliche Zuspitzung der aktuellen finanz- und wirtschaftspolitischen Problemlagen (die ja ebenfalls sich einer erstaunlichen Inkompetenz in Tateineinheit mit Größenphantasien bei erheblichen Teilen der politischen und wirtschaftlichen "Eliten" verdankt), wohl für das - insbesondere deutsche - Gemüt bedeuten dürfte ...

Solange diese Gesellschaft keine Mittel und Wege findet, den strukturbedingten Narzissmus und die ihm zugrunde liegende Bedürftigkeit zu zähmen, so lange gleichen alle Versuche, die Krise zu überwinden und die gesellschaftlichen Verhältnisse doch noch zum Besseren zu verändern, einem Stühlerücken auf der Titanic.

Eine Patentantwort vermag Maaz für das Großproblem nicht zu geben: Wie viele Couchen für Politiker, Manager, Banker müßten bereitstehen? Wieviele Selbsterfahrungsgruppen eröffnet werden? - Und bedenklicher noch: Schauen wir in die Runde der paar Tausend Psychoanalytiker und Psychotherapeuten? Finden sich in diesem privilgierten Kollektiv nicht längst häufig ebenso erstaunlich ähnliche Strukturen, bei denen Konkurrenzdenken, Realitätsausblendungen, gesellschaftspolitische Ahnungslosigkeit und ein sich daraus speisendes Werkeln am kontextgelösten Symptom zu häufig das Maß der Dinge zu sein scheinen...?

Aus dem Inhalt

  1. Narziss - der Mythos
  2. Narzissmus - ein Begriff: Gesunder Narzissmus · Pathologischer Narzissmus
  3. Die Symptome der narzisstischen Störung
  4. Größenselbst und Größenklein
  5. Die narzisstische Störung als Basis der narzisstischen Gesellschaft
  6. Die Folgen narzisstischer Störungen: Die individuelle narzisstische Not · Die unvermeidbaren sozialen Konflikte · Die Träger gesellschaftlicher Fehlentwicklung
  7. Die narzisstischen Beziehungsangebote
  8. Die Angst vor Nähe
  9. «Ich halte das Gute nicht aus!»
  10. Der Schatten des Narzissmus. Die narzisstische Regulationsnotwendigkeit · Die Notwendigkeit des Ersatzleides
  11. Die Abwehr des narzisstischen Makels: Kompensation und Ablenkung
  12. Ethik und narzisstische Abwehr
  13. Männlicher und weiblicher Narzissmus
  14. Narzisstische Regulationsformen in der Folge von Mütterlichkeits- und Väterlichkeitsstörungen
  15. Durch Narzissmus beförderte Erkrankungen
  16. Narzissmus und Pubertät
  17. Die narzisstische Elternschaft
  18. Die narzisstische Partnerschaft
  19. Der narzisstische Sex
  20. Narzissmus und Altern
  21. Die Therapie der narzisstischen Störungen
  22. Liebe versus Narzissmus
  23. Politik ist narzissmuspflichtig
  24. Bankrott der narzisstischen Gesellschaft
  25. Das Leben auf der Titanic
  26. Vision einer demokratischen Revolution

Epilog: Die Angst zu lieben - Fluch meines Narzissmus. Ein authentischer Lebensbericht

Über den Autor

Hans-Joachim Maaz, seit 40 Jahren praktizierender Psychiater und Psychoanalytiker, war lange Zeit Chefarzt der Klinik für Psychotherapie und Psychosomatik des Diakoniekrankenhauses Halle.

Lieferbarkeitshinweis

Bei der SFB als Archivbestand; beim Verlag vergriffen.

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