Der Rabe

»Wenn man die Unredlichkeit der Deutschen in ihrer ganzen Größe kennen lernen will, muß man sich mit der deutschen Literatur bekannt machen.«

Goethe

»Keine Sau will mehr rühmen, jedes noch so dumme Schwein möchte berühmt werden.«

Gernhardt

Zu dieser Ausgabe

Den Raben beneiden? Welch schlechter Geschmack! Was hat er denn nun? Daß er schwarz, daß er häßlich, daß sein Fleisch unschmackhaft ist und zu gar nichts nütze? Was ist Gutes an ihm?

Baltasar Gracián, Criticón, 1637

Nur Raben fliegen geradeaus.

Russisches Sprichwort

Kluge Buhler rufen Heute, Wenn der Rabe Morgen schreyt.

Johann Christian Günther, Als er bey Zeiten zu Lieben ermahnte, 1724

In der Graffschaft Mannsfeld hielt man auf einem adelichen Hofe einen Kolkraben. Er war zahm, lief auf dem Hofe herum, und begab sich Abends wieder in seinen Bauer. Er konnte allerley sprechen, unter andern auch diese Worte: »Sage, wer bist du?« Was er

sprach, das sprach er sehr deutlich, stark und pathetisch aus. Als er einst mals im Garten im hohen Grase herumspazierte, begegnete ihm der Hühnerhund. Sobald dieser die Bewegung im Grase merkte, schlich er herbei, und stand vor dem Raben. Der Rabe kehrte sich anfänglich nicht daran, sondern gieng weiter. Der Hund kam vorsich tig nach. Endlich mochte es dem Raben ungelegen seyn, einen solchen Spürer neben sich zu haben. Er kehrte sich schnell um, und redete den Hund an: »Sage, wer bist du?« Der Hund er schrack, ließ den Schwanz hängen, und machte sich schweigend davon. Als er schon weit weg war, schimpfte er erst mit Paf-Paf dem Raben.

Museum des Wundervollen oder Magazin des Außerordentlichen in der Natur, der Kunst und im Menschenleben, hrsg. v. J. A. Bergk und F. G. Baumgärtner, Leipzig, Bd. 1, 1806

Zum Erhaltungszustand

Im Modernen Fachantiquariat der SFB Band 4 des Magazins für jede Art von Literatur gut erhalten; der Einband minimal bestoßen; innen absolut frisch und ungelesen.