Details

Autor Gruen, Arno
Verlag Klett-Cotta
Auflage/ Erscheinungsjahr 6. Druckaufl. 02.06.2022
Format 20,5 × 12,5 cm
Einbandart/ Medium/ Ausstattung Paperback
Seiten/ Spieldauer 208 Seiten
Gewicht 236
ISBN 9783608986464

Zu diesem Buch

Das Bewusstsein und die Alltagswirklichkeit des westlich domestizierten Menschen sind beherrscht durch die in den gesellschaftlichen Strukturen systematisch beförderte Vereinzelung - in der Masse muß sich der Pseudo-Indivdualist als Größter fühlen, seine Selbstinszenierung und -umwölkung betreiben, um die Nähe zum Abgrund zu kaschieren: Der Leere, dem Nichts, dem Fehlen von Sinn und Ziel des eigenen Lebens entfliehen ...

Die substanzlose Selbstaufschäumung ist in den aktuellen gesellschaftlichen Strukturen angelegt, von dort implizit erwünscht und für das Tagesgeschäft der Maximierung von allem und jedem vor allem auch unverzichtbar. Die Dressur vollzieht sich auf der Folie zunehmender Zukunftsängste und Krisenszenarien und geht einher mit der allenthalben beförderten Sprach-, Dialog- und Kommunikationsunfähigkeit, die im Ganzen und auf Dauer Heerschaaren von reizüberfluteten, in ihrem Kern dabei grundhaft erschöpften, latent depressiven Menschen generiert, die sich entsprechend selbst ein Rätsel sind. Der Selbstentfremdete vermag nicht, und das ist die Crux, mit sich reflexiv Zwisprache zu halten und aus Erfahrungen zu lernen. (Damit werden a priori die Erfolgsaussichten einer analytischen, also auf Reflexion und Bewußtwerdung abzielenden Therapie, geringer oder gehen gegen Null, wenn bei diesem Sozialisationstypus die für ein Arbeitsbündnis unabdingbaren Voraussetzungen weitestgehend fehlen: Leidensdruck, Problembewußtsein, Sprachverständnis.) Es scheint bei den Selbstentfremdeten und narzisstisch Strukturierten, die bereits das Begehren nach Veränderung, womöglich über eine Therapie, verleugnen und verdrängen müssen, „Sprachverwirrung zwischen dem Erwachsenen und dem Kind“ (Ferenczi, 1933) der höheren Art zu herrschen, wenn diese „Verwirrung“ erst gar nicht mehr in den analytischen Raum gelangt, wo alleine sie bearbeitet und in der Folge Bewußtwerdungsprozesse angestoßen werden könnte. Der an sich Leidende konstatiert allenfalls an & bei sich eine Störung, die es folgerichtig von einem auf die Beseitigung derselben spezialisierten Fachleuten zu beseitigen gilt; ähnlich, wie er es mit seinem defekten Automobil unternehmen würde.

Kurzum: In der Synthetisierung von „Gefühlen“ und Emotionen und dem gegenläufigen Verhältnis von inflationär rund um die Uhr digital versprühten Gerede, welches eben oft kein dialogisches Begehren enthält und verfolgt, vielmehr Zwiesprache und forschende (Selbst-)Erkenntnis unterminiert, sieht Arno Grün Gefahr und Herausforderung für die Zivilisation zugleich: Den so Sterilisierten entgleitet zunehmend die Fähigkeit zu Empathie, zu nicht vernutzungsorientierter Begegnung und zu erkenntnisgeleitetem Widerstand gegen oktroyierte Sachzwänge und gesellschaftlich verordneter Entmündigung: Viele von uns nehmen die Faktizität des eigenen, langfristig selbstzerstörerisch wirkenden Tuns und Handelns daher gar nicht (mehr) wahr.

Über den Autor

Arno Gruen, 1923 in Berlin geboren, emigrierte 1936 in die USA. Nach dem Studium der Psychologie leitete er ab 1954 die psychologische Abteilung der ersten therapeutischen Kinderklinik in Harlem. 1961 promovierte Arno Gruen als Psychoanalytiker bei Theodor Reik. Es folgten Professuren in Neurologie und Psychologie. Daneben führte er seit 1958 eine psychoanalytische Privatpraxis in Zürich, wo er seither lebt und praktiziert. In seinen zahlreichen Veröffentlichungen beschäftigt sich Arno Gruen mit dem plötzlichen Kindstod, mit den psychologischen Ursachen für Gewalt und Fremdenhaß, mit den Voraussetzungen für Autoritätsgläubigkeit und Demokratie.

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