Details

Autor Groddeck, Georg (1866–1934)
Verlag Limes Vlg.
Auflage/ Erscheinungsjahr 1961
Format 19,6 × 12,6 × 3,4 cm
Einbandart/ Medium/ Ausstattung Gebunden
Seiten/ Spieldauer 307 Seiten
Gewicht 410
SFB Artikelnummer (SFB_ID) 9783837930771

Die Erstausgabe dieses Buches befand sich auf der »Liste des schädlichen und unerwünschten Schrifttums (1938)« der Nationalsozialisten.

Zu diesem Buch

Georg (Walther) Groddeck (1866–1934), als Arzt behandelte er überwiegend chronisch Kranke u. gilt als Begründer der Psychosomatik: „Wer daraus den Schluss zieht, daß ich einen Menschen, der sich das Bein gebrochen hat, psychisch behandle, der hat ganz recht, nur freilich richte ich den Bruch erst ein und verbinde ihn. Aber dann, nun ja, dann massiere ich ihn, mache Übungen mit ihm, lasse das Bein eine halbe Stunde lang täglich in 45 Grad warmen Wassers baden, sorge dafür, dass er weder frisst noch säuft, und gelegentlich frage ich ihn: Warum hast du dir das Bein gebrochen, du dir?“

Ein genial-klarsichtiges Buch um die Frage nach dem ›Warum‹? Aus dem »Buch vom Es« übernahm Sigmund Freud den Begriff des ›Es‹ für das ›Untergründige‹ der Seele.

Pressestimmen

»Als Sigmund Freud 1923 in ›Das Ich und das Es‹ sein bisher ›topologisches‹ Modell des psychischen ›Apparats‹ (Unbewusstes - Vorbewusstes - Bewusstes) durch das ›strukturell› genannte (Es – Ich – Über-Ich) ersetzt und dabei den Terminus ›das Es‹ einführt als Ausdruck für die ›unbekannten, unbeherrschbaren Mächte‹, von denen wir, unser ›passives Ich‹, ›gelebt werden‹, da nennt er Georg Groddecks gerade zuvor erschienenes ›Buch vom Es‹ als Quelle.

Schon in seiner 1909 publizierten Schrift ›Hin zur Gottnatur‹ hatte Groddeck (1866-1934, Arzt, ›Vater‹ der psychoanalytisch orientierten Psychosomatik, seit 1900 Leiter des Sanatoriums ›Marienhöhe‹ in Baden-Baden, Herausgeber der fast namensgleichen Sanatoriumszeitschrift ›Satanarium‹, Erzähler und Romanautor) verkündet: ›Es gibt gar kein Ich, es ist eine Lüge, eine Entstellung, wenn man sagt: ich denke, ich lebe. Es sollte heissen: es denkt, es lebt. Es, nämlich das grosse Geheimnis der Welt.‹

›Wilder Analytiker‹: Ein orthodoxer Freudianer war der genialische Autodidakt und Wissenschaftsverächter Groddeck freilich nie gewesen, vielmehr nach eigenem Bekenntnis seit je ein ›wilder Analytiker‹.

So nimmt es denn kaum Wunder, daß bei Freud auf das Zuckerbrot der Anerkennung einer Priorität unverzüglich die Peitsche in Gestalt einer Anmerkung folgt: Groddeck seinerseits steht für Freud wie alle Zwerge auf den Schultern von Riesen, in diesem Fall von Nietzsche, den Freud angeblich zwar nie richtig gelesen hat, von dem er aber nichtsdestoweniger weiss, daß «dieser grammatikalische Ausdruck» (das Es) bei ihm «für das Unpersönliche und sozusagen Naturnotwendige in unserem Wesen durchaus gebräuchlich ist». Verständlich, daß die beliebte Prioritätsforschung sich unter diesen Umständen nicht lumpen lassen wollte. So wie sie dem angeblichen «Nachdenker» Freud nachwies, nicht er habe das Unbewusste entdeckt, so ist sie beim «Es» vor Groddeck und Nietzsche bei etlichen anderen Autoren fündig geworden: bei Lichtenberg und Karl Philipp Moritz, bei Sulzer und Herder, Lessing und Goethe, Mesmer und Carus, Jean Paul und Büchner, Schopenhauer und Eduard von Hartmann . . .

Nimmt man noch hinzu, daß bei Groddeck das «Es» auf dem Hintergrund eines monistisch-pantheistischen Welt- und Menschenbildes weit über das Psychische ins Organische und Somatopsychische, ja tief in den Grund der «Gottnatur» reicht, so sind die Bezüge Groddecks zur romantischen Naturphilosophie und zu ihren Ahnen im aufklärenden 18. Jahrhundert näherliegend als diejenigen zu Freuds psychoanalytischem Begriff.

Auf diesem Hintergrund sind zwischen Groddeck und Freud von vornherein nur ambivalenteste Beziehungen zu erwarten. Die umfängliche kommentierte Edition, die jetzt Samuel Müller in Verbindung mit dem Groddeck-Nachfahren Wolfram Groddeck vom «Buch vom Es» einschliesslich einer aufwendigen Manuskriptedition vorlegt, gibt dieser Erwartung reichlich Nahrung. Freud zu Weihnachten 1922 an Groddeck: «Ich denke, Sie haben das Es (literarisch, nicht assoziativ) von Nietzsche hergenommen. Darf ich das auch so in meiner Schrift sagen?»

Groddeck revanchiert sich gegenüber seiner zweiten Frau Emmy am 15. Mai 1923: «‹Das Ich und das Es› ist hübsch, aber für mich gänzlich belanglos. Im Grunde eine Schrift, um sich der Anleihen bei Stekel und mir heimlich bemächtigen zu können. Dabei hat sein Es nur bedingten Wert für die Neurosen. Er macht den Schritt in das Organische nur heimlich …»

Das «Läuslein», das Groddeck über die Seele kriecht, ist «eine gewaltige Laus». Im Übrigen: Wie Freuds «Anerkennung belebt», so «tötet» sein «Tadel». Im «Buch vom Es» selber liegt die «Eitelkeit» fortwährend mit dem Werben um Freuds Anerkennung im Kampf. Die Eitelkeit verlangt durchaus danach, «des Höchsten Kind zu sein»: Welches Kind stammt schon gerne von seinen Eltern statt von den Göttern ab? Aber eben die Eitelkeit erschwert auch die Beschäftigung mit der wissenschaftlichen Psychoanalyse. Auf dem Hintergrund dieses wissenschaftspsychologischen Dramas kommt der Leser freilich eher bei Freuds Narzissmus-Theorie als bei Groddecks «Gottnatur» an. (...)«

(Ludger Lütkehaus in der Neuen Zürcher Zeitung zu der in 2006 bei Stroemfeld erschienenen textkritischen Neuausgabe des Briefwechsels Groddeck – Freud)

Lieferbarkeitshinweis

Bei der SFB als verlagsfrischer und in Folie eingschweißter Archivbestand zum Angebotspreis; beim Verlag vergriffen.

Kaufoption

15,80 €statt  24,80 €

mit Rabatt für Stammkunden