Details

Herausgeber Borck, Cornelius; Schäfer, Armin (Hg.)
Verlag Brill | Fink
Auflage/ Erscheinungsjahr 2019; 26.10.2015
Format 23,3 × 15,7 cm
Einbandart/ Medium/ Ausstattung Paperback
Seiten/ Spieldauer 271 Seiten
Abbildungen 22 s/w Abb
Gewicht 471
ISBN 9783770557738

Zu diesem Buch

Die Psychiatrie entwickelte im Ausgang des 19. Jahrhunderts ein komplexes Aufschreibesystem. Die Beiträge dieses Bandes zeichnen nach, wie diese psychiatrischen Aufzeichnungspraktiken zugleich Wissen formieren, Machtkonstellationen errichten und Ontologien des Wahnsinns herstellen.

In den Verfahren des Notierens, Ordnens und Schreibens lässt sich eine Eigenlogik des Beobachtens, Sammelns, Protokollierens, Begutachtens und Interpretierens in der Psychiatrie freilegen. Schreibakte werden zumeist von der Verwaltung in Gang gesetzt, eröffnen der Psychiatrie Zugang zur juristischen Dienstbarkeit und beschleunigen die interne Ausdifferenzierung der Disziplin. Schreibszenen wirken auf die Äußerungen der Patienten zurück und reizen wiederum Phänomene an, die ihrerseits aufgezeichnet werden. So entsteht eine Dynamik, welche das Fach vorantreibt, seine Position in der Gesellschaft austariert, einmal gefundene Differenzierungen permanent über sich hinaus treibt und Klinik, Forschung und gesellschaftliche Praxis zu einem unabschließbaren Projekt geraten läßt.

Inhalt

  • Cornelius Borck, Armin Schäfer: Das psychiatrische Aufschreibesystem

I. NOTIEREN

  • Sophie Ledebur: Verstetigen eines Moments. Zum Verfahren des stenographischen Protokollierens in der Psychiatrie
  • Volker Hess: Die Buchhaltung des Wahnsinns. Archiv und Aktenführung zwischen Justiz und Irrenreform
  • Max Gawlich: Tabellen, Kurven, Schocks. Somatische Therapien und ihre Aufschreibesysteme

II. BEOBACHTEN

  • Johannes Kassar: Ein Fall, zwei Aken, zwei Seelen. Über die psychiatrische Formatierung eines infamen Lebens
  • Birgit Stammberger: Der psychologische Versuch als Schreib-Experiment. Erkundungen von Aufschreibepraktiken im Spannungsfeld von Psychiatrie und Psychoanalyse
  • Petra Fuchs / Wolfgang Rose: „Unter Wahrung der gegenseitigen Kompetenzen". Pädagogische Beobachtungen in den Krankenakten der psychiatrischen Kinderbeobachtungsstation an der Charité (1921-1933)

III. SCHREIBEN

  • Sonja Mählmann: Der Realitätstest. Die Zeitung von gestern in der Psychiatrie um 1900
  • Rupert Garderer: ,Querulantenwahnsinn4. Papier ut, Graphologie und Rechtsgefühl
  • Sophia Konemann: Anamnesen Anekdoten Abenteuer. Fabulieren im Aufschreibesystem der Psychiatrie

IV. AUFMERKEN / SORTIEREN

  • Novina Gohlsdorf: Wie man aufschreibt, was sich nicht zeigt. Autismus als Widerstand und Anreiz früher kinderpsychiatrischer Aufzeichnungen
  • Marietta Meier: Progredienter Verlauf. Koordinaten einer Krankengeschichte

Die Herausgeber

Cornelius Borck ist Direktor des Instituts für Medizingeschichte und Wissenschaftsforschung der Universität zu Lübeck. Nach einem Studium der Medizin, Philosophie und Religionswissenschaften in Hamburg, Heidleberg und Berlin waren Stationen seines Werdeganges das MPI für Wissenschaftsgeschichte in Berlin, die Bauhaus Universität Weimar und die McGill University in Montreal. Zu seinen Arbeitsschwerpunkten zählen die Zeitgeschichte der Medizin und Psychiatrie; Hirnforschung zwischen Medientechnik und Neurophilosophie; Mensch-Maschine-Verhältnisse in Kunst und Wissenschaft; Ästhetik und Epistemologie des Experiments.

Armin Schäfer ist Professor für Neuere deutsche Literaturwissenschaft und Geschichte der Medienkulturen an der FernUniversität in Hagen. Mitglied der Forschergruppe "Kulturen des Wahnsinns. Schwellenphänomene der urbanen Moderne (1870-1930)". Studium der Neuren deutschen Literaturwissenschaften, Philosophie und Psychologie in München, Bern und Siegen. Forschungsschwerpunkte liegen auf der Literatur des 17. und des 20. Jahrhunderts.

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