Details

Autor Kristof, Agota (1935–2011)
Herausgeber Lontkjievic, Tatjana (Illustrationen) (Hg.)
Verlag Büchergilde Gutenberg
Auflage/ Erscheinungsjahr 1999
Format 22,0 cm
Einbandart/ Medium/ Ausstattung Leinen
Seiten/ Spieldauer 451 Seiten
SFB Artikelnummer (SFB_ID) SFB-004025_GL

Zu dieser Romantrilogie in einer bibliophilen Ausgabe

Im ERSTEN Teil (»Das grosse Heft«) der Trilogie wird die Leserin, der Leser mit einer Kriegskindheit konfrontiert, die ihren kindlichen Protagonisten alles an Überlebenswillen. Selbstschutz und Unverfrorenheit abverlang und so gar nichts mit dem Behütetsein eines iIdyllisch-infantilisierenden Elternhauses an sich hat:  Da werden zwei - im ersten Romanteil noch namenlose - Zwillingsbrüder von ihrer Mutter wegen der zunehmenden Bombenabngriffe auf die Stadt zur Großmutter aufs Land, in die tiefste Provinz, geschickt. Zwei Dinge schärft sie ihnen ein: Immer weiter zu lernen und um jeden Preis zu überleben.

Niemals zuvor haben die beiden Jungs diese Frau gesehen, die im Provinzstädtchen als sonderliche, gar als Hexe, verschrieen ist und in einer kümmerlichen Kaute an einem Waldstück, nahe der streng bewachten Landesgrenze haust. Die Zwillinge nennen sie »Großmutter«, sie nennt sie »Hundesöhne« und lässt die beiden Kinder hart arbeiten. Das Leben in dieser einsiedlerischen Klause ist so rau wie auch der Ton der unnahbaren Alten. Ihre gesammelten Erlebnisse und Erfahrungen in dieser sonderbaren Umgebung, weit weg von der Mutter, halten die beiden in einem Schreibheft fest: Eingetragen, so vereinbaren es die beiden, wird nur, was sich in einem knappen Aussagesatz festhalten lässt. Das, was wahr ist, nichts anderes!

Die Jungen beschließen, sich in immer neuen Übungen abzuhärten, um dieser Welt der Erwachsenen standzuhalten. Übungen, um den Schmerz auszuhalten, die Beleidigungen, den Hunger, die Kälte, die schönen Erinnerungen und die Sehnsucht nach der Zärtlichkeit der Mutter in Schach zu halten. Sie lernen schnell, die Doppelbödigkeit, das Hintertriebene, das Berechnende bei so vielen der Erwachsenen zu durchschauen. Und sie ziehen ihre eigenen Schlüsse aus diesen so früh gewonnenen Lebenserfahrungen: Allmählich verlieren sie die ihnen anerzogene Gläubigkeit, den Respekt und die selbstverständlich gewesene Devotheit vor den Erwachsenen; sie prüfen kritisch und nehmen die meisten der Alten nicht mehr ernst; sie glauben ihnen nicht mehr. Die Brüder legen allmählich ihre Skrupel ab und sie können jetzt schmeicheln, betteln, stehlen, lügen für ihr Überleben .... Die beiden entwickeln ihre ganz eigene erfahrungsgeleitete Moral des Überlebens, die sie auf ihre Weise wahr und falsch, gut und böse unterscheiden und konsequent danach handeln lässt. - Die Leser werden Zeugen eines ganz eigenen  Entwicklungs-, Reifungs- und Bewußtwerdungsprozesses ...

Der ZWEITE Roman (»Der Beweis«) beginnt, wo Agota Kristofs Roman »Das große Heft« endet: Die Zwillinge, jetzt Claus und Lucas genannt, trennen sich - der eine verschwindet über die Grenze. Lucas bleibt im Haus der Großmutter, im stalinistischen Niemandsland, gefangen in der Erinnerung an seinen Zwillingsbruder. Seine Versuche, Liebe zu finden, scheitern in subtiler Einsamkeit.

Im DRITTEN Teil (»Die dritte Lüge«) sehen wir Lucas nach Jahrzehnten in die Stadt seiner Kindheit zurückkehrend. Er erinnert sich an die Jahre der Einsamkeit, getrennt von seinem Zwillingsbruder Claus, an den Krieg, an den gemeinsamen Unterschlupf bei der Großmutter ›Hexe‹. Nun sucht er seinen Zwillingsbruder.

Die Autorin

Agota Kristof, geboren 1935 in Ungarn, verließ ihre Heimat 1956 nach dem Volksaufstand und ließ sich in der französischsprachigen Schweiz nieder, wo sie im Juli 2011 starb. Sie arbeitete zunächst in einer Uhrenfabrik, wo sie die neue Sprache erlernte, in der sie fortan alle ihre Werke verfasste. Ihr erstes und zugleich berühmtestes Buch, Das große Heft, erschien 1986 und wurde in mehr als zwanzig Sprachen übersetzt.

»›Schade‹, sagte sie, mehr wollte oder konnte Ágota Kristóf wohl nicht hervorbringen, als sie einmal für einen Dokumentarfilm über sie selbst mit nach Ungarn gereist war und ihren Blick über die Weiten ihres Heimatlandes schweifen ließ. Nur ihre Antwort auf die Nachfrage des Filmemachers ließ den großen Schmerz dieser Frau erahnen: "Dass ich gegangen bin." Insgesamt fünf Worte wählte sie also für den Verlust ihres Lebens. Hätte Ágota Kristóf mehr ausgesprochen, sie wäre nicht die großartige Autorin gewesen, die sie war.

Der Krieg, die Flucht und ihre Folgen waren ihr Lebensthema; die Entwurzelung, die Einsamkeit, die Grausamkeit, den Hass, den Verrat und die Gewalt, die erleiden musste, wer blieb - und die im Gepäck mitnahm, wer ging. Sie selbst war gegangen. (...)

Die ersten literarischen Arbeiten in der Fremde blieben poetische Versuche, die Kristóf später als "sentimentale Gedichte" abtat, verfasst in ihrer Muttersprache, veröffentlicht in einer Zeitschrift für Exilliteratur. In den Siebzigern jedoch begann sie auf Französisch zu schreiben, in der "Feindessprache", die sie sich mühsam hatte aneignen müssen; ab 1962 studierte sie Französisch an der Uni, arbeitete nebenbei in einer Textil - und in einer Uhrenfabrik in der Nähe des Städtchens Neuchâtel.

Wunden in die Haut der Zivilisation reißen

Doch warum ›Feindessprache‹? Weil sie als Autorin genau wusste, dass sie das Französische nie mit annähernder Perfektion beherrschen würde, wie das Ungarische - und zugleich weil das fremde Idiom ›allmählich meine Muttersprache tötet‹, wie sie später einmal sagte.

Fast sprachlos zu sein, sich auf das Wesentliche beschränken zu müssen - was ihr großes Unglück war, war das Glück des Publikums. Kristóf hatte die 50 schon überschritten, als ihr erster Roman erschien; es sollte gleich ihr bestechendster, wahrhaftigster und brutalster sein, denn er brachte all das zur größten Geltung, was Kristóf als Erzählerin auszeichnete. (...)

Eiskalt, präzise und lakonisch schreibt Kristóf, ihre Sätze gleichen chirurgisch gesetzten Dolchstichen, mit sparsam gewählten Worten reißt sie empfindliche Wunden in die dünne der Haut der Zivilisation - und dort, wo sie bewusst schweigt, wird der Schmerz am größten. Wie eine Insektenforscherin blickt sie gnadenlos herab auf ihre Figuren - und auf uns; auch Charakterzeichnungen fehlen, sich um ›das Innenleben der Figuren zu kümmern‹ hielt sie für überflüssig, sogar für falsch. (...)« (aus einem Nachruf von Thorsten Dörting, Spiegel Online, 27.07.2011)

Lieferbarkeitshinweis

Bei der SFB der geradezu bibliophil gestaltete Band in einem gut erhaltenen antiquarischen Archivexemplar verfügbar. Die typografisch-buchgestalterisch edel gemachte Ausgabe der beeindruckenden Romantrilogie der ungarischen Schriftstellerin AGOTA KRISTOF in der LEINENGEBUNDENEN Ausgabe erschien in der Büchergilde Gutenberg im Jahr 1999. In DIESER feinen Druckvariante RAR und beim Verlag seit Jahren vergriffen; die ersten 100 Seiten an der oberen linken Ecke leicht gewellt; im Inneren ohne Anstreichungen und Anmerkungen

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