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Novitätenschau Psychoanalyse / Kulturwissenschaften - APRIL 2025 |
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Sehr geehrte Leserin, sehr geehrter Leser der Novitätenschau, zum Ausklang des
Wochenendes, am Gedenktag der Befreiung des Konzentrationslagers
Buchenwald, heute vor 80 Jahren, erreicht Sie mit leichter Verspätung die
April-Ausgabe der ›Novitätenschau‹ Mit Blick auf die aktuellen weltpolitischen Ereignisse und Umbrüche spiegeln sich diese in entsprechenden Themenfenstern wider: Transgenerativ destruktiv wirkende Traumata; ebenso die Entwicklungslinien der internationalen Psychoanalyse mit ihren Brüchen und Umbrüchen. Erich Fromm (1900-1980), dessem 45. Todestag unlängst gedacht wurde, findet hier Raum. - Und da bald Ostern ist und die Natur ringsum erwacht, finden Sie weiter unten in jeder Hinsicht fantastische Lektüren, die in jeder Hinsicht bereichern können. - Da auch der Surrealismus diesmal eine Rolle spielt, bietet unsere Kunstabteilung ein passendes Angebot einer Original-Lithografie Salvador Dalis ›Portrait Sigmund Freud‹ Ihnen einen guten Start in die Woche! - ... und scheuen Sie sich nicht, Ihre Literaturen bevorzugt aus unbedenklicher Quelle zu beziehen. |
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In dieser Ausgabe
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Der kurze
Weg zur SFB: Bestelltelefon (D) 0800 588 78
30
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Transgenerational übertragene Traumata - eine psychoanalytische Sicht |
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»In diesem zeitgemäßen Band erweitern Salberg und Grand den intellektuellen und moralischen Rahmen von Fachleuten, die sich mit generationenübergreifenden Traumata in vielen Kulturen auf der ganzen Welt befassen. Indem sie uns ermutigen, uns unserer eigenen Geschichte zu stellen, einschließlich unserer eigenen internalisierten Täter, erhalten sie unsere Hoffnung auf eine bessere Welt aufrecht.« Judith L. Herman, Autorin von »Trauma and Repair« und »Trauma and Recovery« Transgenerationales Trauma: Eine bahnbrechende Studie zum Problem dere Übertragung von Traumata über Generationen hinweg. Salberg und Grand untersuchen, wie das Trauma in Gestalt unerledigter schwerer Konflikte unserer Vorfahren in den nachfolgenden Generationen destruktiv weiterwirkten kann . Die Autorinnen gehen davon aus, dass Menschen den verschiedensten Formen der soziale Gewalt, denen sie ausgesetzt sind, allzu oft unbewußt wiederholen. Jill Salberg und Sue Grand geben in ihrem Buch einen profunden Überblick über die psychoanalytische Arbeit zu transgenerationalen Traumata, wobei sie ihre Perspektive in der Bindungstheorie und der sozialethischen Wende der relationalen Psychoanalyse verankern. Aus der Einleitung "(...) Bei der Auseinandersetzung mit sozialer Gewalt stützt sich dieses Buch auf eine lange Tradition in der Psychoanalyse; sie begann mit unseren psychoanalytischen Vorfahren und hat Anteil an der gegenwärtigen sozialethischen Wende in der relationalen Psychoanalyse. Das Ergebnis ist eine sich entwickelnde theoretische Expansion der Psychoanalyse, die von Familie, Kultur, Geschichte und Politik geprägt ist. Wir glauben, dass die Psychoanalyse lange Zeit zu stark von dem weißen, männlichen jüdischen Wiener Geist Freuds und seiner Anhänger sowie einem Loyalitätskodex nachfolgender Generationen bestimmt wurde. Viele dieser traditionellen Lehrsätze wurden aus interpersonellen und beziehungstheoretischen Perspektiven kritisiert und erweitert, indem die Subjektivität des Analytikers und die Auswirkungen der Kultur, die feministische Kritik und die Rassismuskritik sowie die Infragestellung durch die Gendertheorie und das »Weißsein« der Psychoanalyse einbezogen wurden. Durch den erneuten Fokus auf Traumata rückten Dissoziationen und Enactments in den Vordergrund. Dieses Buch führt die Leserinnen und Leser ein in den umfangreichen Themenbereich des Traumas und seiner transgenerationalen Weitergabe (...)" Die Autorinnen: Jill Salberg ist Dozentin am New York University Postdoctoral Program in Psychoanalyse. Sie ist Herausgeberin von Psychoanalytic Credos: Professional Journeys of Psychoanalysts (2022) und GoodEnough Endings (2010). - Sue Grand ist Dozentin am New York University Postdoctoral Program in Psychoanalyse. Sie ist Autorin von The Hero in the Mirror: from Fear to Fortitude (2009) und The Reproduction of Evil (2002). |
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Entwicklungen der PSYCHOANALYSE seit den sechziger Jahren |
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»Es gehört wenig prophetische Gabe dazu, weitere Erschütterungen der Weltläufe vorauszusagen, die ihre bedeutendste Ursache darin haben werden, daß mehr Menschen als je zuvor mit mehr Machtmitteln als je zuvor ausgestattet sein werden und daß ihnen zugleich mehr ihrer gewohnten und überlieferten […] Sicherungen gegen ihre eigenen rücksichtslosen Triebkräfte entschwinden.« - Alexander Mitscherlich, 1960 Die renommierte Frankfurter Psychoanalytikerin und Autorin zeichnet quasi als Zeitzeugin die für sie so hoffnungsvolle Zeit des intellektuellen »Aufbruchs« in den 1950er- und 1960er-Jahren in Deutschland nach: ihre Prägungen durch die Psychoanalyse, die Alexander Mitscherlich in Deutschland wieder zugänglich gemacht hat, durch seine eindrucksvolle Persönlichkeit, ihre Zeit am Sigmund-Freud-Institut und ihre Begegnungen mit renommierten Psychoanalytikern, mit denen sie für die Sigmund-Freud-Stiftung gearbeitet hat. Diesem Erbe verpflichtet, gilt ihr heutiges Engagement der Psychoanalyse Sigmund Freuds und der Vermittlung der politischen Implikationen der psychoanalytisch fundierten Aufklärung gegen alle Widerstände in gefährlichen Zeiten. Aus den Vorbemerkungen der Autorin: "(...) Meine Erinnerungen an die Begegnungen mit der Psychoanalyse Sigmund Freuds und einigen ihrer repräsentativen Vertreter sind aufs Engste verbunden mit dem damaligen Sigmund-Freud-Institut und seinen Aktivitäten, vor allem aber mit Alexander Mitscherlich, mit der Sigmund-Freud-Stiftung zur Förderung der Psychoanalyse e.V, der Gründung der Zeitschrift für psychoanalytische Theorie und Praxis und in jüngeren Jahren mit der Gründung des Frankfurter Psychoanalytischen Instituts. Als ich zusammentrug, was ich über diese Zeit erzählen könnte, wurde mir rückblickend klar, eine wie anregende Reise in die Vergangenheit ich da antreten würde, wie viele prägende Begegnungen, Ereignisse und Anregungen ich erlebt und genossen habe und wie froh ich bin, diesen Weg eingeschlagen zu haben. Im Vergleich zur heutigen politischen wie soziologischen Situation, in der sich die Psychoanalyse inzwischen eher mühsam öffentliches Gehör verschaffen muss, öffnete sich für mich damals eine Welt der beflügelnden Erkenntnisse, der aufgeklärten Intellektualität, der Hoffnung auf ein Verständnis von subjektiven und gesellschaftlichen Zusammenhängen. (...)" Die Autorin: Sibylle Drews, Jg. 1941, Dipl.-Bibl., Dipl.-Psych., 1975–1981 psychoanalytische Ausbildung und bis 1992 wissenschaftliche Mitarbeiterin im Sigmund-Freud-Institut, Lehranalytikerin der DPV, Supervisorin, niedergelassen in eigener Praxis und Dozentin am FPI, 1981 Mitglied der Sigmund-Freud-Stiftung zur Förderung der Psychoanalyse e.V., bis 2013 deren Vorsitzende und nun aktives Ehrenmitglied, 1985 Mitbegründerin der Zeitschrift für psychoanalytische Theorie und Praxis, heute Mitglied im Beirat, 2000 Initiatorin des Lacan-Seminars mit Raymond Borens, Autorin, Herausgeberin und Übersetzerin. |
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Die psychoanalytische Bewegung kennt Spannungen und Spaltungen aus allen ihren Entwicklungsschritten. In den Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg kamen diese vor allem zwischen einer sich sehr an Sigmund Freuds Lehre orientierenden Psychoanalyse und einer, die sich deutlicher Revisionen wünschte, zum Ausdruck. International waren viele der streng an Freuds Lehre orientierten Psychoanalytikerinnen und Psychoanalytiker in der International Psychoanalytic Association (IPA) organisiert. Diejenigen, die vermehrt „Weiterentwicklungen“ anstrebten und ihre Form der Psychoanalyse eine „liberale“ Psychoanalyse nannten, verfügten zunächst über keine organisierte internationale Vernetzung. Anfang der 1960er-Jahre jedoch begannen vor allem deutsche, österreichische, US-amerikanische, französische, niederländische und mexikanische Psychoanalytikerinnen und Psychoanalytiker, die nicht der IPA angehörten, gemeinsame Kongresse zu veranstalten. 1962 beschlossen die Gruppen um Werner Schwidder (DPG) aus Deutschland, Igor Caruso aus Österreich und Erich Fromm aus Mexiko, eine Vereinigung zu gründen, die sich den vereinbarten Prinzipien gemäß nicht in die Ausbildungsfragen der Mitgliedsinstitute einmischen sollte, die für Interdisziplinarität offen war und Revisionen der Freudschen Lehre zulassen wollte. Ein Jahr später kam Gerard Chrzanowski mit der William Alanson White Society aus New York zu den genannten drei Gründern der International Federation of Psychoanalytic Societies (IFPS) hinzu. Die hier vorliegende zweite und erweiterte Auflage der Monografie von Andrea Huppke verfolgt die Gründungs- und Entwicklungsgeschichte der IFPS von 1960 bis 1980 und stellt sie in den theoretischen Kontext der Auseinandersetzung zwischen den divergierenden psychoanalytischen Strömungen. Aus dem Vorwort zur 2. Auflage "(...) Das vorliegende Werk wie die Rezensionen betonen, dass auch die Entwicklung der IFPS als eine Art Gegenpol zur Internationalen Psychoanalytischen Vereinigung (IPV/IPA) nicht ohne Entwicklungen und Folgen des Nationalsozialismus in Europa zu denken ist. Es wird deutlich, wie umstritten das von Sigmund Freud nicht allein ausgesprochene, sondern auch gelebte sehr zurückhaltende politische Engagement innerhalb der Welt der Psychoanalyse war und wie lange die IPV politisch konservativ agierte. Hier preschten die Gründerinnen und Gründer der IFPS (Erich Fromm, Igor Caruso, Gerard Chrzanovski, Werner Schwidder) mit sich hinsichtlich dieses Aspekts durchaus unterscheidenden persönlichen und institutionellen Biographien vor. In der Gegenwart des Jahres 2024 ist die IPV in vielerlei Hinsicht politischer und offener geworden, ihre zentralistische Struktur überlässt den Regionen mehr Freiheiten. Die IFPS behielt ihre Struktur bei, in der die Mitgliedsinstitute ihre Politik selbst bestimmen (...) Wurde und wird die IFPS in den öffentlichen Stellungnahmen der IPV bis in die Gegenwart weitgehend ignoriert, nehmen auf der anderen Seite namhafte Vertreterinnen und Vertreter der IPV immer häufiger an den Fora der IFPS teil, selbst als Keynote Speakers. IPV-Mitglieder sind mittlerweile auch Mitglieder in Mitgliedsinstituten der IFPS und vice versa. Aus einer Geschichte, in der Spaltungen und Kränkungen eine wichtige Rolle spielten, wird vielleicht in der psychoanalytischen Bewegung quasi als Gegengewicht zur aktuellen weltpolitischen Lage eine Bewegung der sachlichen Dialoge – Andrea Huppkes Buch zeigt, wie die Psychoanalyse durchaus unterschiedliche Meinungen und Haltungen unter einem Dach zu integrieren verstand, dort, wo sie nicht verängstigt im politischen Konservatismus verharrte, sondern sich – ganz im Geiste ihres Gründers – den Zielen der Französischen Revolution und der Aufklärung verpflichtet wusste. (...)" |
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ERICH FROMM - Gesellschaftsbezug und -auftrag der Psychoanalyse |
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»Die Inhaber der Autorität und jene, die Nutzen daraus ziehen, müssen die Menschen von dieser Fiktion überzeugen und ihr realistisches, das heißt kritisches Denkvermögen einschläfern. Jeder denkende Mensch kennt die Methoden der Propaganda, Methoden, durch die die kritische Urteilskraft zerstört und der Verstand eingelullt wird, bis er sich Klischees unterwirft, die die Menschen verdummen, weil sie sie abhängig machen, und sie der Fähigkeit berauben, ihren Augen und ihrer Urteilskraft zu vertrauen. Diese Funktion, an die sie glauben, macht sie für die Realität blind.« Erich Fromm, aus: Haben oder Sein. Die seelischen Grundlagen einer neuen Gesellschaft |
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Zum 125. Geburtstag (und 45. Todestag) hat Rainer Funk, Fromms letzter Assistent und sein Nachlassverwalter, für diesen Textsammlung bestechend hellsichtige Texte des Autors ausgewählt und mit einem Vorwort eingeleitet. Erich Fromm hat mit seiner psychoanalytisch begündeten Sozialpsychologe ein beeindruckendes und nach wie vor höchst aktuelles Werk geschaffen. Seine Erkenntnisse über die Pathologie der Normalität, über menschliche Destruktivität und den Gruppennarzissmus sind von einer erschütternden Gegenwärtigkeit. Erich Fromm, der Weltbürger und Universalgelehrte, geflohen vor Hitler, hält dem Menschen in der westlichen Zivilisation den Spiegel vor. Seine wichtigen Texte stammen aus den 1960er, 1970er Jahren, die Titel: „Jenseits der Illusionen. Die Bedeutung von Marx und Freud“ (1962); Anatomie der menschlichen Destruktivität“ (1973); „Haben oder Sein. Die seelischen Grundlagen einer neuen Gesellschaft“ (1976). Die vorliegende Anthologie beginnt mit Texten aus seinem Beitrag ´Humanismus in Krisenzeiten`: "Unsere gesamte industrielle Zivilisation (setzt) praktisch all jene Grundhaltungen außer Kraft (…), die von der religiösen Tradition gefordert werden: die Liebe zum Mitmenschen, die Demut, die Überwindung des Narzissmus, der Gier, des Begehrens nach allem. (…) Unsere industrielle Zivilisation nährt den Egoismus des Menschen, seine Gier nach Dingen, nach Macht, nach Prestige; und sie nimmt den Mut für Selbstlosigkeit und Demut in allen Lebensbereichen, außer vielleicht im Krieg. In Wirklichkeit führt sie zum Götzendienst." und an anderer Stelle: "Unter politischen Führern ist ein hochgradiger Narzissmus sehr häufig anzutreffen. (…) Wenn der betreffende Führer von seinen außergewöhnlichen Gaben und von seiner Mission überzeugt ist, wird es ihm leichter fallen, das große Publikum zu überzeugen, das sich von Männern angezogen fühlt, die ihrer Sache absolut sicher zu sein scheinen. (…) Populärer Erfolg ist sozusagen ihre Eigentherapie gegen Depressionen und Wahnsinn. Wenn sie um ihre Ziele kämpfen, kämpfen sie in Wirklichkeit um ihre geistige Gesundheit." - Erich Fromm – Humanismus in Krisenzeiten Der Herausgeber: Rainer Funke, Dr. phil., Jahrgang 1943, ist Psychoanalytiker und lebt in Tübingen. Er studierte Philosophie und Theologie und hat über Erich Fromms Sozialpsychologie und Ethik promoviert. Er war 1974 bis zu dessenTod 1980 Fromms Assistent und gab die 10-bändige Gesamtausgabe seines Werks heraus. Von Erich Fromm als literarischer Rechte- und Nachlassverwalter eingesetzt, hat er aus dem Nachlass und der Bibliothek Erich Fromms das Erich-Fromm-Archiv aufgebaut und ist im Vorstand der Internationalen Erich-Fromm-Gesellschaft. |
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Der vorliegende Band mit Aufsätzen Erich Fromms zur Psychoanalyse der Gesellschaft macht mit den weithin unbekannten, noch deutsch verfaßten Beiträgen Fromms aus den dreißiger Jahren bekannt. Die Texte spiegeln zugleich Fromms eigenen Fortschritt bei der Entwicklung von Theorie und Methode einer Analytischen Sozialpsychologie wider. Dies gilt insbesondere für den erst 1991 wieder aufgefundenen Aufsatz aus dem Jahre 1937 über »Die Determiniertheit der psychischen Struktur durch die Gesellschaft«. Fromm hat als erster Psychoanalytiker versucht, die psychische Struktur als das Produkt eines gesellschaftlichen Beziehungsgeschehens zu begreifen. Es gelang ihm mit seinem Ansatz, nicht nur das Unbewußte des Einzelnen in seiner gesellschaftlichen Determiniertheit, sondern zugleich auch das Unbewußte gesellschaftlicher Größen zu erforschen. Davon zeugen drei größere Beiträge: In dem 1935 entstandenen Text »Die gesellschaftliche Bedingtheit der psychoanalytischen Therapie« zieht Fromm die Konsequenzen, die sich aus dem sozialpsychologischen Theorieansatz für die Therapiepraxis der Freudschen Psychoanalyse ergeben. 1936 wurde Fromms Sozialpsychologie des »autoritären Charakters« erstmals veröffentlicht, und 1937 entstand der Beitrag »Zum Gefühl der Ohnmacht«, der an Aktualität bis heute nichts eingebüßt hat. In einem kleinen, 1949 zuerst in englischer Sprache erschienenen Beitrag »Über psychoanalytische Charakterkunde und ihre Anwendung zum Verständnis der Kultur« resümiert Fromm seinen eigenständigen methodischen Versuch, Kultur und Gesellschaft zum Gegenstand der Psychoanalyse zu machen. So sehr Fromm als der Autor von Die Kunst des Liebens und von Haben oder Sein bekannt geworden ist – seine eigentliche Bedeutung liegt in seinem Versuch begründet, Psychoanalyse sowohl theoretisch als auch methodologisch als Analytische Sozialpsychologie zu begreifen. Der Autor: Erich Fromm (1900-1980) ist als Psychoanalytiker und Sozialpsychologe ebenso bekannt wie als Autor und bedeutender Humanist des 20. Jahrhunderts. Er wurde in Frankfurt am Main geboren, studierte Soziologie und Psychoanalyse in Heidelberg und emigrierte 1934 in die USA. Er lebte einige Jahre in Mexiko und kehrte in den siebziger Jahren nach Europa zurück. |
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KLASSISCHES FACHANTIQUARIAT: Wie (re-)produziert sich ›Hörigkeit‹ ? |
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Sternfeld, Tiedemann 230. - Erste Ausgabe - Extrem seltene Erstausgabe des 1936 im Pariser Exil erschienenen Forschungsberichtes aus dem Frankfurter Institut für Sozialforschung Die Studien über Autorität und Familie sind neben der Zeitschrift für Sozialforschung das wichtigste kollektive Werk des frühen Frankfurter Instituts für Sozialforschung. Sie wurden zum Grundlagenwerk der Familiensoziologie und begründeten die empirische Sozialforschung im deutschsprachigen Raum. Horkheimers Programm einer Durchdringung von Empirie mit materialistischer Theorie wird in ihnen paradigmatisch an der Familie als zentraler Instanz der Sozialisation durchgeführt. Die Studien umfassen drei Abteilungen: - In der ersten Abteilung umreißen Horkheimer, Fromm und Marcuse in großen theoretischen Entwürfen die allgemeine kulturtheoretische, die sozialpsychologische und die ideengeschichtliche Dimension des Verhältnisses von Autorität und Familie. - Die zweite Abteilung dokumentiert die empirischen Untersuchungen des Instituts. Dabei werden nicht nur die Ergebnisse der einzelnen Erhebungen etwa bei Arbeitern und Angestellten, bei Jugendlichen oder bei Arbeitslosen dargelegt, sondern immer auch die angewandten Methoden ausgewiesen und die verfolgten Ziele erläutert. - Die dritte Abteilung enthält verschiedene Einzelstudien und Literaturberichte. Zum Erhaltungszustand: Das Klassische Fachantiquariat der SFB verfügt über ein besonders gut erhaltenes Exemplar der Erstausgabe aus 1936; innen frisch und ohne Anstreichungen, Anmerkungen; der Einband gleichfalls gut und ohne Beschädigungen; beiliegend ein Flyer und drei Original-Zeitungsartikel (vlg. Foto) - Sehr selten! |
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UNMÜNDIGKEIT und DIGITALISIERUNG - eine philosophische Sicht |
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Eine Handvoll Tech-Milliardäre bestimmen in absolutistischer Anmutung die digitale Welt und beuten sie nach eigenen Regeln nach Strich und Faden im Sinne ihrer ´Männerphantasien` aus. Die Tech-Firmen von Mark Zuckerberg, Jeff Bezos, Sundar Pichai, Elon Musk und Co greifen dabei selbstherrlich auf die persönlichsten Daten von hunderten Millionen Menschen auf der ganzen Welt zu. Und die zu ´Konsumenten` abgestempelten Menschen geben diese freigiebigst und freiwillig kostenlos gegen vergleichsweise kleine Gegenleistungen preis. Darüber hinaus sammeln (i.d.R. heißt das: stehlen) die Tech-Giganten seit langem weltweit alle irgendwie erreichbaren Daten - sprich Geistiges Eigentum - , also Bücher, Dokumente, Baupläne, Firmenkonzepte, Bilder, Töne etc, etc, stellen diese doch das unabdingbare ´Rohmaterial` für ihr Großvorhaben ´Künstlichen Intelligenz` (KI) dar. ›Digitalisierung‹ ist in aller Munde: Ihre mangelhafte Umsetzung wird ebenso angemahnt, wie vor ihren Folgen gewarnt wird. Der Autor zeigt in seinem Beitrag, dass die mit der Digitalisierung verbundenen Technologien weder neutrale noch unschuldige Mittel zu beliebigen Zwecken sind und soziale Medien keine Orte des Diskurses. Feige zeigt auf, dass kulturbezogene Begriffe wie Geist, Denken und Handeln KI-Systemen nicht sinnbewährt zugeschrieben werden können und entsprechende Diskurse, die eine solche Möglichkeit bejahen, einer plastischen Umbieging im Sinne von Bagatellisierung eben dieser zentralen Begriffe zuarbeiten. Der Autor entwickelt seine Kritik an der Datifizierung unseres gesellschaftlichen Lebens in drei Schritten: aus technikphilosophischer, anthropologischer und kunstphilosophischer Perspektive. Dabei macht er plausibel, dass Kunst unter den Bedingungen der Digitalisierung eine kritische Rolle erfüllen kann und dass wir auf umstrittene Begriffe wie Autonomie und auch den des ´Genies` nicht unbeschadet verzichten können. Das Buch stellt einen fundierten systematischen Entwurf einer kritischen Theorie der Digitalisierung dar. Dass sich vor dem Hintergrund seiner Diagnose sowohl Analysen, die die Digitalisierung bis in die Vor- und Frühgeschichte verlängern, als auch Diskurse, die der Künstlichen Intelligenz die Fähigkeit zu handeln und zu denken zusprechen, als höchst problematisch erweisen, möchte Feige in seinem differenziert argumentierenden Essay aufzeigen. Stimmen zu diesem Beitrag: "(...) „Dieses Buch zeigt sehr anschaulich, warum digitale Systeme nur etwas Nachgebautes sind. Warum sie das, was menschliche Vernunft leisten kann, eben nicht leisten, auch nicht die sogenannte Künstliche Intelligenz. Und dass es deshalb fatal ist, wenn wir uns der Logik des Digitalen unterwerfen. […] Das ist die Pointe dieses spannenden Buchs von Daniel Martin Feige, seine „Kritik der Digitalisierung“: Nicht dass der Mensch digitale Technik nutzt, ist das Problem. Sondern dass er zugleich beginnt, die eigene Vernunft auszuschalten.“ - Wilm Hüffer auf SWR Kultur vom 10.02.2025 Der Autor: Daniel M. Feige ist Professor für Philosophie und Ästhetik an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart. Seine Forschungs- und Publikationsschwerpunkte sind die philosophische Ästhetik und die philosophische Anthropologie in ihrem Bezug zu klassischen Fragen der praktischen wie theoretischen Philosophie. Letzte Veröffentlichungen: Die Natur des Menschen. Eine dialektische Anthropologie (2022); Philosophie der Musik (2024); Kritik der Digitalisierung (2024). |
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Ausgestattet mit dem Besteck der Kritischen Theorie, unterziehen Johan Frederik Hartle und Gerhard Schweppenhäuser die Logik des digitalen Kapitalismus und der gesellschaftlichen Formbestimmtheit digitaler Medien einer messerscharfen Analyse. Waren es zu Zeiten Adornos noch »Sprache, Waffen, schließlich Maschinen«, die die Instrumente der Herrschaft bildeten, gilt es spätestens seit der forcierten Digitalisierung im Zuge der Covid-Pandemie, diesen ein weiteres hinzuzufügen: Medien. Denn die digitale Kultur ist reelle Subsumtion unter das Kapital. In ihr verdichten sich gesellschaftliche Verhältnisse, wird, was vermittelt wird, zur Ware, die in ihrer Materialität stets dem unendlichen Prozess der Verwertung unterworfen ist. Medialität realisiert sich in der bürgerlichen Gesellschaft, analog und digital, als partikulare, strategische Kommunikation. Gleichzeitig aber schafft sie auch eine Form universaler Vermittlung und damit das Telos universaler Kommunikation: ein Gleichheits- und Emanzipationsversprechen, an dem sich die politischen Kämpfe in kapitalistischen Gesellschaften immer wieder neu entzünden. Der Mitautor: Dr. Gerhard Schweppenhäuser ist Professor für Design-, Kommunikations- und Medientheorie an der Fakultät Gestaltung der Technischen Hochschule Würzburg-Schweinfurt und Privatdozent für Philosophie an der Universität Kassel. |
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EUGEN ROTH: Einbildung Wir sehn mit Grausen ringsherum: Früher wandten sich betroffene Eltern wegen ihrer radikalisierten Jugendlichen an Beratungsstellen. Seit einigen Jahren scheint sich dies umgekehrt zu haben: Immer öfter suchen junge Menschen wegen ihrer radikalisierten Eltern Hilfe. Menschen der Generation 50plus teilen statistisch gesehen mehr Fake News als jüngere Menschen, sie scheinen insgesamt anfälliger für Verschwörungsideologien und tauchen häufiger in Filterblasen ab. - Woran liegt das, fragen sich die AutorInnen dieses Readers? Wie kann mit diesem Phänomen sich radikalisierender ´Best-Ager` umgegangen werden? Neben einem Streifzug durch die Studienlage zu Medienkompetenz und Radikalisierung im Alter beleuchten die Autorinnen individuelle Fallgeschichten und leiten daraus Lösungsideen ab. Es zeigt sich, dass eine Sensibilisierung für die Vulnerabilität in dieser Generation dringlich und von hoher politischer Relevanz ist: Nur so lassen sich Wege finden, der Spaltung innerhalb von Familien und innerhalb der Gesellschaft entgegenzuwirken. Inhalt: Vorwort - Warum dieses Buch? Erster Teil: Generation 50+ und Radikalisierung: Zahlen, Daten und Fakten: Was wissen wir über Radikalisierung bei der Generation 50+, den Best Agern oder Senioren? - Was bedeutet »Radikalität«? - Ist die Wahrnehmung von Fake News altersabhängig? - Glauben ältere Menschen vermehrt an Verschwörungstheorien? - Wie gewaltbereit sind Ältere? - Sind Best Ager leichtgläubiger? - Tendieren ältere Leute eher zu esoterischen Angeboten? - Die Altersstruktur der Querdenker- und Reichsbürgerszene - Medienkompetenz im Zeitalter von Fake News - Wie nutzen ältere Menschen in Deutschland die Medien? - Zusammenhang von Medienkompetenz und Fake News Zweiter Teil: Warum radikaiisiert sich die Generation 50+? Beispiele und Tipps für das soziale Umfeld: Kontrollverlust durch Altern - Engagement und Emotion: Die »ewige« Lehrerin - Einsamkeit im Witwerhaushalt - Sinnsuche in der Informationsflut - Unsicherheit - ins Alter perpetuiert - Bedrohliche Nachbarschaft und Ungerechtigkeitsgefühl - Soziale Einbindung - in Paraguay - Renteneintritt und Chatgruppensog - Lebenskrisen, Corona und Suizidgedanken - Überhandnehmende soziale Beeinflussung - durch den eigenen Sohn - Empty Nest: Eine Leere muss gefüllt werden - Altersstarrsinn und -aggressivität, legitimiert durch Verschwörungstheorien - Fehlende Enkelkinder: Wenn aus einem Wunsch ein Problem wird - Vertrauensverlust durch reale Erfahrungen ist schwer beizukommen - Der Partner als Radikalisierungsmotor - Zu viel Verantwortungsübernahme und Parentifizierung - Randgruppenerfahrung - wenn der Vater Vorräte anlegt - Fehlende Anerkennung: Ein enttäuschter Neurentner - Im Strudel des »Overthinking« - Bindungsabbrüche und Hass auf ganz Afrika - Bloß vermeintliche Radikalisierung Dritter Teil: Was können wir tun?: Ansätze für Gesellschaft, Privates und Beratung - Radikalisierung im familiären Umfeld: Kontakt halten - Warum hat sich mein Angehöriger, Partner oder Freund radikalisiert? - Wie geht es mir mit der Situation? Muten Sie sich zu! - Deeskalative Techniken - Selbstschutz: Was möchte ich in der Beziehung zum Radikalisierten erreichen? - Welche typischen Streit- und Konfliktmuster prägen unsere Beziehung? - Der oder die andere will sich einfach nicht verändern - was nun? - Generationale Gräben und Konflikte - ja und nein - Bin ich verantwortlich für meine Eltern? - Das Thema »Radikalisierung in Therapie und Beratung« - Die therapeutisch-beraterische Grundhaltung Neutralität - Klarheit in Rolle, Auftrag und Setting - Methodisches Vorgehen - kein Rezept für die Deradikalisierung - Deradikalisierung als individueller Weg - Gesellschaftliche Herausforderungen - Zielgruppen besser erreichen - Begegnungsräume gegen Vorurteile schaffen - Niederschwellige psychosoziale Angebote kreieren - Medienbildung stärken - Vertrauens (Wiederaufbau - Wie kann es weitergehen? // Literatur Die Autorinnen: Dr. Sarah Pohl, Diplom-Pädagogin, systemische Paar- und Familienberaterin, Heilpraktikerin für Psychotherapie, leitet die Zentrale Beratungsstelle für Weltanschauungsfragen des Landes Baden-Württemberg. Sie arbeitete acht Jahre in der Parapsychologischen Beratungsstelle in Freiburg und ist seit langem als Referentin und Autorin in diesem Themenfeld tätig. Mirijam Wiedemann hat gymnasiales Lehramt in den Fächern Englisch, Geschichte und katholische Theologie an der Universität Tübingen studiert. Nach ihrer Tätigkeit als Lehrerin in Baden-Württemberg ist sie seit 2017 die Leiterin der Geschäftsstelle für gefährliche religiös-weltanschauliche Angebote in der Stabsstelle Religionsangelegenheiten/ Staatskirchenrecht am Ministerium für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg. |
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KRITISCHE THEORIE und PSYCHOANALYSE: Antisemitismus revisited |
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»Als Ausdrucksgestalt des Unbewussten, die sich einer kulturellen Semantik bedient und transgenerational weitergegeben wird, steckt Antisemitismus als Potentialität in uns allen.« |
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Das Konzept des autoritären Charakters und die These von der Schuldabwehr bestimmen seit Jahrzehnten den Diskurs über Antisemitismus in Deutschland. Aber sind sie wirklich noch hilfreich und vor allem: zeitgemäß? In ihren aufsehenerregenden Adorno-Vorlesungen legt Ilka Quindeau aus psychoanalytischer Perspektive dar, warum das Ihrer Auffassung nicht der Fall ist. Beide Erklärungsmodelle aus dem Denkzusammenhang der frühen Kritischen Theorie dienten, so die Autorin, unterschwellig insbesondere der psychischen Entlastung und liefen Gefahr, von der eigenen Involviertheit bei diesem Thema abzulenken. Anhand von Fallvignetten aus ihrer klinischen Praxis arbeitet Quindeau heraus, dass es sich bei jener latenten, bewussten Überzeugungen widersprechenden Form des Antisemitismus um eine kulturell vermittelte und transgenerationell übertragene Ausdrucksgestalt des Unbewussten handelt. Diese ist keineswegs an einen bestimmten Charakter gebunden und wird in folgenreicher Weise nicht psychisch, sondern vielmehr strategisch abgewehrt. Um ihr zu begegnen, ist der Vorwurf des Antisemitismus allerdings kein probates Mittel, wie Quindeau am Beispiel der hitzigen Debatten um die documenta fifteen und die Berlinale 2024 analysiert. Das Ziel einer produktiven Kritik des Antisemitismus ist nur mittels Selbstreflexion erreichbar. Nur auf diesem Weg, so zeigt dieses Buch, wird Solidarität möglich sowie ein Mitfühlen mit dem Leid der anderen. Aus der umfassenden Einleitung der Autorin "(....) Teil III des Buches ist der Kritik des Antisemitismus gewidmet, die schon immer ein zentrales Anliegen von Kritischer Theorie und Psychoanalyse darstellt, das ganz offenkundig nichts von seiner Dringlichkeit eingebüßt hat. In Kapitel 1 dieses Teils werde ich noch einmal aus der Perspektive des Unbewussten auf den Antisemitismus schauen und ihn als Ausdrucksgestalt des Unbewussten deuten. Gemeint ist damit, dass sich unbewusste Strebungen eines gesellschaftlichen Codes bedienen und so in die antisemitische Semantik übersetzt werden. Dies scheint gerade in den polarisierten, emotional aufgeladenen gesellschaftlichen Debatten über Antisemitismus der Fall zu sein. Als ich mit den Vorbereitungen zu den Adorno-Vorlesungen begann, waren die Kontroversen über antisemitische Kunstwerke auf der documenta fifteen in vollem Gange. Als Psychoanalytikerin interessierte mich daran weniger die Streitfrage, ob die jeweilige Bildsprache als antisemitisch zu bezeichnen war oder nicht. Bemerkenswerter fand ich die affektive Wucht, von der die Debatten getragen waren, die viele Besucher:innen affiziert und sie offenbar zur Positionierung auf der einen oder der anderen Seite genötigt hat. Seit dem Massaker der Hamas in Israel am 7. Oktober 2023 und dem darauffolgenden Krieg in Gaza haben sich die schon während der Documenta spürbare affektive Aufladung, die Härte und die Polarisierung der Debatte noch einmal deutlich gesteigert. Ja, seit vielen Monaten werden die Auseinandersetzungen unerbittlich und deutlich gewaltsamer als zu Zeiten der Documenta geführt. Zu Recht wurde von jüdischer Seite beklagt, dass es zu wenig Mitgefühl und Solidarität mit Israel gibt. Aber auch die hier lebenden Menschen mit palästinensischen Wurzeln vermissen Empathie angesichts der Geschehnisse in Gaza. Erneut schien man sich für die eine oder andere Seite entscheiden zu müssen. Die hohe affektive Beteiligung, das mangelnde Mitgefühl so- wie die Unfähigkeit, die Komplexität, die Mehrdeutigkeiten und Widersprüche in der politischen Situation stehen zu lassen, erschweren einen konstruktiven, reflexiven Umgang mit diesen Problemlagen. Psychoanalytisch lässt sich dies mit dem Konzept der intergenerationalen Transmissionen erklären, das ich in Kapitel 2 dieses Teils vorstellen werde. (...)" Die Kapitel: Einleitung - I Wozu Antisemitismus?: 1 Kritische Theorie und Psychoanalyse: Visionen und Probleme der Zusammenarbeit - 2 Der alteritätstheoretische Ansatz der Psychoanalyse - Psychoanalytische Antisemitismustheorien - 4 Antisemitismus als Antwort auf konflikthaftes Begehren II Schuld und
Abwehr: 1 Gruppenexperiment - 2 Schuldbewusstsein und
Schuldgefühle - 3 Gefühlsbindungen an den Nationalsozialismus - III Der Vorwurf des Antisemitismus: 1 Antisemitismus als Ausdrucksgestalt des Unbewussten - 2 Transmissionen - 3 Ein exemplarischer Diskurs: die Debatte über die documenta fifteen - 4 Antisemitismusvorwurf bei der Berlinale - 5 Transmissionen und Antisemitismus // Schlussbemerkungen / Dank / Ausführliches Inhaltsverzeichnis Die Autorin: Ilka Quindeau, geboren 1962, ist Professorin für Klinische Psychologie und Psychoanalyse an der Frankfurt University of Applied Science. Außerdem arbeitet sie als Psychoanalytikerin in eigener Praxis. Quindeau war von 2018 bis 2020 Präsidentin der International Psychoanalytic University (IPU) in Berlin. Neben psychoanalytischer Theoriebildung zählen Geschlechter-, Biografie- und Traumaforschung zu ihren Arbeitsschwerpunkten. |
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KUNST trifft PSYCHOANALYSE - Surrealismus und SurrealistInnen |
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»Ich glaube an die künftige Auflösung dieser scheinbar so gegensätzlichen Zustände von Traum und Wirklichkeit in einer Art absoluter Realität, wenn man so sagen kann: Surrealität.«André Breton, in seinem ´Manifeste du Surréalisme`, 1924 |
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Dieser interessante und höchst informative Kunstband erschien leider verspätet anläßlich der vor wenigen Tagen beendeten gleichnamigen Ausstellung im Münchner Lenbachhaus 'Aber hier leben? Nein danke. Surrealismus und Antifaschismus' Zu den bekanntesten VertreterInnendes Surrealismus zählen André Breton (1896 - 1966), Salvador Dalí (1904 - 1989), Luis Buñuel (1900 - 1983), Frida Kahlo (1907 - 1954); Joan Miró (1893 - 1983), René Magritte (1898 - 1961), Max Ernst (1891 - 1976), Dorothea Tanning (1910 - 2012), Marcel Duchamp (1887 - 1968), Pablo Picasso (1881 - 1973) und viele andere Der Surrealismus verstand sich als eine politisierte KünstlertInnen- und Intellektuellen-Bewegung von internationaler Reichweite und internationalistischen Überzeugungen. Seine Anfänge liegen in der Kunst und der Literatur, er reicht jedoch weit über beide hinaus. Die Wirklichkeit war für die Surrealist*innen ungenügend: Sie wollten die Gesellschaft radikal verändern und das Leben neu denken, der "armseligen" Vorstellungswelt der Tagespolitik wollten sie den Einlass in ihre Kunst strikt verwehren. Schon seit ihrem Zusammenschluss in den 1920er Jahren prangerten Surrealist*innen die europäische Kolonialpolitik an, später organisierten sie sich gegen Faschisten, kämpften im Spanischen Bürgerkrieg, riefen Wehrmachtssoldaten zur Sabotage auf, wurden interniert und verfolgt, flohen aus Europa, fielen im Krieg. Sie schrieben Poesie, feilten an der Dekonstruktion einer vermeintlich rationalen Sprache in einer vermeintlich rationalen Welt, arbeiteten an Gemälden und kollektiven Zeichnungen, fotografierten und collagierten, realisierten Ausstellungen. Der jetzt verfügbare großformatihe Band dokumentiert diese Ausstellung ganz vortrefflich. Er versammelt in Form einer Anthologie zentrale Texte und Manifeste des politischen Surrealismus von den Anfängen bis zu aktuellen Bezugnahmen in Kunst und Politik. Er bietet somit einen wichtigen Beitrag, den immer noch eng definierten surrealistischen Kanon näher kennenzulernen und besser zu verstehen. Der Band bieten Werke und Texte von: Manuel Álvarez Bravo, Art & Liberté, Die Badewanne, Enrico Baj, Georges Bataille, Hans Bellmer, Erwin Blumenfeld, Victor Brauner, André Breton, Claude Cahun und Marcel Moore, Leonora Carrington, Aimé Césaire, Suzanne Césaire, Chicago Surrealists, Laura Corsiglia, Jayne Cortez, Roberto Crippa, Robert Desnos, Óscar Domínguez, Gianni Dova, Paul Éluard, Max Ernst, Erró, Esteban Francés, Eugenio Granell, Groupe Octobre, John Heartfield, Jindřich Heisler, Jacques Hérold (geb. Herold Blumer), Kati Horna, Pierre Jahan, Ted Joans, Germaine Krull, Erich Kahn, Marion Kalter, Wifredo Lam, Heinz Lohmar, Jean-Jacques Lebel, Dyno Lowenstein, Dora Maar, René Magritte, La Main à plume, André Masson, Roberto Matta, China Miéville, Lee Miller, Joan Miró, Amy Nimr, Wolfgang Paalen, Ronald Penrose, Pablo Picasso, Antonio Recalcati, Ré Soupault, Jindřich Štyrský, Yves Tanguy, Karel Teige, Toyen, Raoul Ubac, Remedios Varo, Wols. |
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Eindruck auf dem Vorsatzblatt ›Alexander Mitscherlich zugeeignet‹ Mit den Illustrationen aus Max Ernsts "Une semaine de bonté" im Text; gesetzt in der Caslon-Antiqua, hergestellt in den Druckereien des ´Darmstädter Echos`, 1950. - Mit der vorliegenden Arbeit erweist sich der Psychiater und Daseinsanalytiker Dieter Wyss als Kenner des Surrealismus und unternimmt in dieser edel gemachten Ausgabe eine kenntnisreiche Ausdeutung auf psychoanalytischer Grundlage", wobei er sich »sowohl der komplexen Psychologie C. G. Jungs als auch der Psychoanalyse Freuds bedient.« Es handelt sich um das Erstlingswerk des bekannten Autors, das eine ganz hervorragende "Einführung [ ] auf psychoanalytischer Grundlage [ ] beruhend auf der Methodik der komplexen Psychologie von C.G.Jung als auch der Psychoanalyse Freuds. [ ] Wesentliche Anregung [ ] danke ich Herrn Dr. Alexander Mitscherlich." (Aus dem Vorwort des Autors). bietet. Das reich bebilderte und informative Werk in Großformat behandelt zahlreiche bedeutenden Autoren und Künstler des Surrealismus, insbesondere Max Ernst, dessen erstes Heft von 'Une Semaine de Bonte' (Le lion de Belfort) umfassend reproduziert ist; aber auch Texte und Interpretationen zu A. Jarry, A. Rimbaud, G. Apollinaire, A. Breton, A. Artaud, R. Char, R. Desnos, P. Reverdy, P. Eluard, Henry Miller u.a. Inhalt: Vorwort - Über einige Tendenzen der modernen Kunst - Die vorsurrealistische Dichtung - Die surrealistische Bewegung - Die surrealistischen Autoren - Die Malerei des Surrealismus - Quellenverzeichnis / Tafeln / Verzeichnis der Tafeln Der Autor: Dieter Wyss (* 21. Dezember 1923 in Addis Abeba; † 6. Juli 1994 San Carlos/Ibiza) war ein deutscher Arzt und Schriftsteller. Von 1969 bis 1989 war er Ordinarius für Medizinische Psychologie und Psychotherapie an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg. Wyss war Mitbegründer der Deutschen Gesellschaft für anthropologische und daseinsanalytische Medizin, Psychologie und Psychotherapie. Er war mehrere Jahre deren Präsident und später deren Ehrenpräsident. Er entwickelte das anthropologische Denken weiter, welches er als Mitarbeiter von Viktor von Weizsäcker und als Lehrstuhlnachfolger von Viktor Emil von Gebsattel aufgenommen hatte. Seine letzte Ruhestätte befindet sich auf dem Südwestkirchhof Stahnsdorf bei Berlin. (Quelle: nach Wikipedia) Zum Erhaltungszustand: Im Klassischen Fachantiquariat der SFB ist die seltene Arbeit des Psychoanalytikers als ein Exemplar in besonders guter Erhaltung und mit dem rudimentär erhaltenen Pappschuber verfügbar. Der empfindliche Broschureinband ist alterungsbedingt geringfügig gebräunt; innen frisch und ohne Anstreichungen, Anmerkungen, Stempel. - Ein zweites Exemplar dieser Arbeit in noch recht guter Erhaltung ist gleichfalls vorhanden. |
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Aus der SFB-Kunstabteilung: Salvador Dali - Sigmund Freud zu Ehren |
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»Eines Tages wird man offiziell zugeben müssen, daß das, was wir Wirklichkeit getauft haben, eine noch größere Illusion ist als die Welt des Traumes.« - Salvador Dali Diese nicht allein bei Psychoanalytikern ausnehmend begehrte Freud-Lithografie Salvador Dalis konnte die Kunstabteilung der SFB in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder einmal in wohlerhaltenen Exemplaren aus weltweit erfolgenden Ankäufen anbieten. Diese Exemplare zieren inzwischen die Räume von renommierten Fachinstituten und glücklichen PsychoanalytikerInnen. - Aktuell verfügt die Kunstabteilung der SFB einmal mehr über ein besonders gut erhaltenes Exemplar dieser detailversessenen und außergewöhnlichen Arbeit des Meisters. Zu diesem Angebot der SFB-Kunstabteilung: eine der gewiss faszinierendsten und detailversessensten lithografischen Arbeiten Salvador Dalis aus dem Jahr 1972 als ein in der Reihenfolge des Druckes besonders früher Abzug ("168/1000", von Hand unten links bezeichnet) und entsprechend gut in Qualität und Farbwiedergabe. Die leichte Braunfärbung des Druckbogens ist vom Künstler bewußt als Hintergrundfarbe gewählt worden. Die Lithografie wurde von Dali handsigniert und wurde vom Erstbesitzer professionell gerahmt. (Der Rahmen versteht sich als kostenlose Beigabe. Bei Bedarf und anderen ästhetischen Vorlieben kann das Kunstwerk natürlich jederzeit neu und anders gerahmt werden.) Details dieser Arbeit
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SCHÖNER LESEN - Tom Seidmann-Freuds - ›(Oster-)Hasengeschichten |
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„ ... die Welt ist so uneben ..."Tom Seidmann-Freud (1892–1930) Im Deutschland der 1920er Jahre kannte fast jedes Kind ihre Bücher: Tom Seidmann-Freud, eigentlich Martha-Gertrud Freud (1892-1930), zählte zu den innovativsten KinderbuchillustratorInnen der Weimarer Republik. Sie sei eine »ans Geniale grenzende Illustratorin«, schrieb ihr Bewunderer, der Religionshistoriker Gershon Scholem über Tom Seidmann-Freud, eine »authentische Bohemienne« mit Bubikopf. Ihr berühmter Onkel Sigmund Freud nannte sie in einem Brief »a gifted artist«, »but more than half crazy« (Brief vom 6. Dezember 1929) Tom Seidmann-Freuds genial illustriertes „Buch der Hasengeschichten“ aus dem Jahr 1924 ist fraglos eines der faszinierendsten und wundersamsten Kinderbücher der Literaturgeschichte. Wobei der Begriff „Kinderbuch“ eigentlich zu kurz greift: Die Märchen und Fabeln, die Tom Seidmann-Freud hier aus aller Welt zusammengetragen und in zarten Pastellfarben bemerkenswert klar und ornamental illustriert hat, sind beseelt von einer ungeheuren Kraft und zum Teil dunkler Symbolik, die Leser aller Altersstufen in ihren Bann zieht. |
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»Daltons klare, umsichtig geschriebene Prosa [sorgt …] für ein wenig Trost in einer Welt, die sich nun in einem noch hektischeren Zustand befindet.« - The New York Times Leute, Leute, stellt euch nur einmal so - als Gedankenspiel - vor: Euch purzelte im Garten ein klitzekleines Hasenbaby vor die Füße, zitternd und mutterseelenallein. Was nun? Was tun? - Und ihr nehmet es ins Haus, füttertet es mit der Flasche und zöget es auf. Es lebte fortan unter eurem Dach, räkelte sich nachts auf dem Boden eures Schlafzimmers und nach über zwei Jahren eilte es immer noch vom Feld herbei, wenn ihr es ruft ... Genau eben das ist Chloe Dalton passiert. »Hase und ich« erzählt diese wahre, herzerwärmende Geschichte einer außergewöhnlichen Freundschaft zwischen einer Frau und einem Feldhasen. Während des Corona-Lockdowns zieht sich die vielbeschäftigte Chloe aufs Land zurück. In der Nähe ihres Hauses findet sie eines Tages einen verwaisten Junghasen – allein und nicht größer als ihre Handfläche. Sie nimmt ihn zu sich, versorgt ihn und beschließt nach anfänglichem Zögern, den Hasen aufzuziehen und seine Rückkehr in die Wildnis vorzubereiten: Doch »Hase«, wie ihn Chloe nennt, bleibt bei ihr – zu seinen eigenen Bedingungen. Er ist nicht zahm, lässt sich nicht streicheln und liebt seinen Freiraum. Die Leser werden Zeuge eines unwahrscheinlichen Bandes von Vertrauen, geschildert mit einer einnehmenden Stille und Respekt vor einem wilden Geschöpf der Natur. Mehr als ein Memoir ist diese Geschichte einanregendes lebensphilosophisches Werk, in dem in einer wunderschönen, beinahe poetischen Sprache über das Miteinander von Mensch und Tier nachgedacht wird. Die Autorin: Chloe Dalton ist Autorin, politische Beraterin und Expertin für Außenpolitik. Sie war über ein Jahrzehnt lang im britischen Parlament tätig und hat zahlreiche prominente Persönlichkeiten beraten. Sie lebt abwechselnd in London und auf dem Land. |
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.... und zum Abschluß dieser Literaturempfehlungen noch ein ganz besonderer Lesetipp: Der in Berlin beheimatete Verlag Favoritenpresse hat jetzt eine wunderbar gestaltete Neuausgabe des erstmals in 1902 erschienen futuristischen Dialogromans von Paul Scheerbart wieder aufgelegt. Ein zum Nachdenken anregendes Lesevergnügen ganz eigener Art. »Die Zeit, die diesen kosmischen Spötter als sich zugehörig erkennen wird, diese Zeit, daran zweifle ich nicht, wird noch kommen ....« .... spekulierte Erich Mühsam über den 1915 in Berlin gestorbenen Schriftsteller und Zeichner Paul Scheerbart Mit dessen nun verlegten Science-Fiction-Klassiker scheint der Autor mitten im Hier und Jetzt angekommen zu sein. Denn die sich in gewaltigen Transformationsprozessen befindliche Erde mit ihren BewohnerInnen erfährt in diesem Text einen supervisorisch-extraterrestrischen Blick, der aktueller kaum sein könnte. In Paul Scheerbarts pazifistischem Roman streiten sich die in zwei Fraktionen gespaltenen Mondmenschen darüber, ob es die Erdmenschen trotz ihrer seit langem schon vom Monde aus beobachteten unentwegten Kriegs- und Zerstörungslust wert seien, weiter studiert zu werden. Statt auf sich gegenseitig einzuschlagen, vereinbaren die beiden Seiten eine Wette, welche die Lernfähigkeit der Menschen thematisiert: Wird das Menschenvolk auf der Erde es schaffen, seinen selbstzerstörerischen Anlagen wirksam zu bändigen? Oder ist es nur eine Frage der Zeit, bis die Erdlinge sich in ihrer Dummheit und Gier selbst abgeschafft haben werden? In den nunmehr 120 Jahren, die seit der Erstveröffentlichung vergangen sind, ist wahrlich viel geschehen. Nicht nur bekämpft sich das Erdvolk weiterhin gegenseitig bis aufs Äußerste, nun hat es auch noch begonnen, sich der eigenen Lebensgrundlage zu berauben. Es steht zu befürchten, dass die Gruppe von Mondleuten, die die Erdbeobachtung zugunsten einer Beobachtung des Kosmos aufgeben wollen, die Wette am Ende gewinnen werden. Mit futuristisch
anmutenden, leuchtenden und lebhaften Illustrationen kommentiert der
Hamburger Zeichner Julian Litschko das Geschehen in Scheerbarts visionärem
Roman und trägt die Geschichte in eine Gegenwart, die uns Menschen zum
schnellen Umdenken zwingt. "(...) Knéppara hielt inne, denn er bemerkte, daß seine Hände noch grüne Flecken zeigten – zwar fuhr er gleich wieder fort in seiner Rede – doch jetzt klangen seine Worte plötzlich leise – wie aus weiter Ferne. »Solche unbefriedigten Zustände«, sagte er, »sind den Erdmännern sehr genau bekannt. Die Erdmänner leiden unter einer unersättlichen Gier nach immer neuen Reizen, wenn ihr Sexualsystem überreizt worden ist. In solchen Zuständen will auch der Erdmann in andere Welten hinein – und würde so den Weltfreunden bei uns sehr gut gefallen. Ich tue daher wohl nicht Unrecht, wenn ich unsre Weltfreunde mal mit den überreizten Erdmännern vergleiche. Wohl haben wir Mondleute ein so primitives dualistisches Sexualsystem, wies die Erdmänner kennen, nicht mehr – aber ich weiß nicht, ob ich in dieser Gier nach den neuen Welten und nach dem großen Fernrohr, das die Länge des ganzen Monddurchmessers wirklich erreichen soll – nicht atavistische Empfindungen wittern dürfte. Jedenfalls gebe ich den Weltfreunden in jedem Falle zu bedenken, daß sie durch ihre Agitation fürs große Rohr die Begehrlichkeit der Mondvölker in gefahrdrohender Weise aufreizen und das beglückende Aufgehen in der Anschauungsfreude verletzend bedrängen. Ich bitte um Verzeihung, daß ich vorhin grün wurde. Ich fühle, daß alles, was die Erdfreunde auf dem Monde schufen und sammelten, in leichtsinniger Weise vernichtet werden könnte – und das erregt in mir Furchtgefühle, die mir zeitweise leider unmoglich machen, die Vergrünung meines Korpers zu verhindern.« Nach diesen Worten legte sich eine bleierne Stille auf die Versammelten – auch an den Wänden bei den Zuhörern schien alles versteinert zu sein – die Mondleute saßen wie Puppen da und bewegten nicht ein Fühlhorn. Alle dachten über das, was Knéppara gesagt hatte, furchtbar eifrig nach. (...)" Der Autor: Paul Scheerbart (* 8. Januar 1863 in Danzig, † 15. Oktober 1915 in Berlin-Lichterfelde) war ein deutscher Schriftsteller und Zeichner. Er war auch unter den Pseudonymen Kuno Küfer und Bruno Küfer bekannt und publizierte unter anderem phantastische Literatur. Seine Gedichtsammlung »Katerpoesie« war eines der ersten Werke des Rowohlt Verlags. Der vorliegende Roman »Die große Revolution« verhalf ihm zu Bekanntheit in damaligen literarischen Kreisen. |
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Wer entscheidet über die Deutung vergangener Vorgänge, wer schreibt deren Geschichte, und was folgt daraus für die Gegenwart? In ihrer Untersuchung erkundete die in Kanada lebende und als Kulturwissenschaftlerin wirkende jüdische Autorin auf einer Forschungsreise durch 4 Kontinente das Thema Krieg und Erinnerung in persönlichen Interviews und umfangreichen Recherchen; Erna Paris macht dabei ganz unterschiedliche Formen des Lebens mit der Vergangenheit, der Formung des kollektiven Gedächtnisses und der Manipulation der Geschichte aus: 2. Weltkrieg und Verarbeitung in Deutschland, Frankreich und Japan; Rassenkonflikte in den USA und Südafrika; Holocaust, Jugoslawien, Bosnien u.a. - Das Werk ist zugleich ein Plädoyer für die Ahndung jedweder Kriegsverbrechen, begangen egal von wem und wo. Stimmen zu diesem Buch »Orwells Diktum, dass derjenige, der die Gegenwart kontrolliere, die Interpretationshoheit über die Vergangenheit habe und damit auch die Zukunft bestimme, steht wohl überlegt am Anfang des Buches von Erna Paris. Dieser Zusammenhang zieht sich wie ein roter Faden durch die Betrachtung der kanadischen Journalistin und Sachbuchautorin. Sie macht dabei überzeugend deutlich, daß jede Gesellschaft über Mythen zu ihrer Legitimation, über ›touchy points‹ ausgeprägter Empfindlichkeit verfügt. Zugleich arbeitet Paris anhand persönlicher Eindrücke und Erfahrungen heraus, daß der Umgang mit Vergangenheit und der Bewältigung derselben als weltweites Phänomen sehr unterschiedlich gehandhabt wird. Deutsche Erinnerungskultur mit ihren facettenreichen Ausprägungen kontrastiert mit japanischer Leugnungskultur, französische Mythenkultur steht neben amerikanischer Vergessenskultur. (...)«. - Manfred Schwarzmeier »(...) Wie können Nationen mit der historischen Erblast von Verbrechen wider die Menschlichkeit diese Vergangenheit bewältigen? Ist angesichts des Holocaust Versöhnung überhaupt denkbar? Wie stehen die früheren Achsenmächte Deutschland und Japan dazu? Oder Serbien heute, wo mancher schon eine Wiederholung der Geschichte wähnte? Und die USA mit ihrem Völkermord an den Indianern? Wie empfinden die Menschen darüber ausserhalb der Geschichtsbücher? (...) Drei Jahre lang ist die kanadische Autorin Erna Paris, 1996 für ihr Buch über die Vertreibung der Juden aus Spanien mit dem Jewish Book Award ausgezeichnet, durch die Länder gereist, die am meisten durch Gewalt und Rassismus hervortraten. Herausgekommen ist ein voluminöses, sehr amerikanisches Buch, dem der Titel der Originalausgabe («Long Shadows») freilich besser angestanden hätte. Die 1940 in Toronto geborene Autorin geht der Frage nach der Erinnerung an die historische Wahrheit oder ihrer Verdrängung nach. Anhand von Gesprächen in diesen Ländern skizziert sie ein facettenreiches Bild der Einstellungen der von ihr ausgewählten Menschen, «Grundlagen des nationalen Gedächtnisses», ohne jede Spur von Ressentiment. (...)« - Konrad Watrin, in der: Neuen Zürcher Zeitung - NZZ Lieferbarkeitshinweis: Bei der SFB in einigen verlagsfrischen und folienverschweißten Archivexemplaren zum Angebotspreis verfügbar; beim Verlag vergriffen. |
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