Novitätenschau Psychoanalyse / Kulturwissenschaften - OKTOBER 2022 |
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Sehr geehrte Leserin, sehr geehrter Leser der Novitätenschau, die Oktoberausgabe der Novitätenschau bietet einmal mehr einen informativen Überblick zu wichtigen Neuerscheinungen im Bereich der Therapeutik und zu aktuellen Themen, die psychoanalytisch und tiefenpsychologisch involvierte Menschen interessieren und beschäftigen dürften. Wer - geschult an den fünfzigminütigen Aufmerksamkeitsfenstern in der eigenen psychotherapeutischen Praxis - die vergleichsweise wenigen Minuten des Sichtens dieser mehrheitlich von der Kollegenschaft als dienlich bis höchst dienlich eingestuften Literaturinformationen aufbringt, wird denn auch in unseren bekanntermaßen ausführlichen und umfassenden Titelvorstellungen die meist weiter unten im Text plazierten interessanten literarischen und antiquarischen Empfehlungen entdecken, für sich nutzen und gegebenenfalls genießen können. - Viel Freude bei der Lektüre und verbunden mit den besten Wünschen aus der Rhön |
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In dieser Ausgabe
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Der kurze Weg zur SFB: Bestelltelefon (Inland) 0800 588 78 30
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FRÜHE STÖRUNGEN - psychodynamisches Verstehen |
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In seiner jetzt erschienen Arbeit des in Basel lebenden und wirkenden Psychiaters und Psychoanalytikers Dieter Bürgin beschäftigt er sich mit den unbewussten psychischen Primärvorgängen. Bürgin diskutiert die
wichtigsten psychoanalytischen Konzepte, deren Verständnis sich auf die
vorödipale Zeit erstrecken. Diese zu kennen und zu begreifen, dürfte,
davon ist er überzeugt, für PsychoanalytikerInnen beim psychodynamischen
Verstehen und Durchdringen von in der Frühkindheit begründeten
Konfliktsituationen insbesondere auch erwachsener PatinteInnen enorm
hilfreich sei. Das Buch möchte mithin theorie- und praxisgeleitete
Ansätze und Hilfen für mögliche therapeutische Veränderungsprozesse
in psychodynamischen Psychotherapien anbieten. 1. Einleitung 2. Früheste Entwicklungskonfigurationen / 2.1 Triebhafte Ausrichtung /2.2 Neurobiologische Anmerkungen zur Gehirnentwicklung /2.3 Weitere neuropsychologische Aspekte der Frühentwicklung und des Gedächtnisses /2.4 Der Aufbau der Psyche /2.5 Die Pikler-Situation (Roussillon, 2008) /2.6 Die Affekte /2.7 Die Spiegelbeziehung /2.8 Die frühe Kommunikation /2.9 Das frühinfantile Trauma /2.10 Die Entwicklung des Selbst (Stern, 1992) /2.11 Konzepte von Bollas über die früheste Kindheit /2.12 Die drei Organisatoren von Spitz, speziell die Verweigerung und das Nein-Sagen (mit einem Fallbeispiel) /2.13 Die Einflüsse der Säuglingsforschung (the competent infant) /2.14 Der Phantasieapparat und das primäre Phantasieren aus kleinianischer Sicht (Fornari, 1970) /2.15 Frühe Entwicklung und Veränderungen (Sternetal., 2012) /2.16 Dyadische und triadische Konfigurationen /2.17 Intersubjektivität, das Dritte und die dritte Person /2.18 Winnicotts Konzept der antisozialen Tendenz (inkl. klinischem Beispiel) und der Illusionsbildung/Desillusionierung /2.19 Die Wiederholung /2.20 Die Halluzination /2.21 Die Konstruktion von Realität /2.22 Mikrowelten (Maser, 2012) /2.23 Die primäre Trauer (Racamier, 1992) /2.24 Der Ant-Ödipus (Racamier, 1979) /2.25 Laplanches »Botschaften« 3. Die frühe Ich-Entwicklung /3.1 Frühe Abwehren, die Omnipotenz und Kinder, die intrafamilial als Patienten designiert wurden /3.2 Die Offenheit von Übergangsbereichen /3.2.1 Fallbeispiel /3.3 Psychopathologische Konstruktionen, Strukturen oder Organisationen /3.4 Die Verleugnung /3.5 Phantasie, Phantasma und Kreativität /3.6 Primäre traumatische Ereignisse /3.7 Wie entwickelt sich die primäre Symbolisierung? /3.8 Aufbau des Symbolisierungsapparates /3.9 Primäre Symbolisierung und Spiel /3.10 Die Wichtigkeit der Objekte für die Symbolisierung /3.11 Das Subjekt und die Symbolisierung /3.12 Der Trieb und der Prozess der Symbolisierung /3.13 Das Bewohnen des Körpers /3.14 Symptome und Spiel /3.15 Der psychoanalytische Prozess /3.16 Fallbeispiel /3.17 Intrapsychische und interaktive Regulationsprozesse in der Säuglingsforschung und in der Psychoanalyse /3.18 Primäre Identifizierung /3.19 Unbewusstes und bewusstes Denken /3.20 Zur psychoanalytischen Technik bei Primärvorgängen / - Literatur - Stichwortverzeichnis. Der Autor: Dieter Bürgin, Prof. em. Dr. med., war Ordinarius und langjähriger Chefarzt der Psychiatrischen Universitätsklinik für Kinder und Jugendliche in Basel. Er ist Ausbildungsanalytiker der Schweizerischen Gesellschaft für Psychoanalyse (IPA), in verschiedenen internationalen Gremien tätig und Autor zahlreicher Fachpublikationen sowie vieler Bücher. |
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Dieser Roman - erstmals in der Novitätenschau Psychoanalyse und Kulturwissenschaften vorgestellt im März 2014 »Mutter-Mutter-Mutter … Er wird es nicht los, dieses ständige Geraune in seinem Kopf. Nicht auf der Couch des Psychoanalytikers, nicht in Berlin, der Stadt seiner Kindheit, und erst recht nicht auf seinen Reisen, sei es nach Mecklenburg-Vorpommern, nach Rom oder gar nach Kalkutta.« Er, das ist Franz, der tragisch-komische Held in Hans-Ulrichs Treichels neuem Roman, in dessen Gehörgängen sich die mütterliche Stimme eingenistet hat wie ein immerwährender Pfeifton. Eine Störung, eine Mutterstörung, ohne Frage, die von weit her kommt, mindestens aus der Kindheit, und wovon ihn Andrea, die jungenhafte und ganz und gar unmütterliche Fotografin, zumindest eine Zeitlang zu heilen versteht. Doch Andrea bleibt nicht bei Franz. Und vor seiner Mutter hält er nicht stand – selbst dann nicht, als längst keine Macht mehr von ihr ausgeht und ihre Stimme verstummt. "Frühe Störung" ist die Geschichte einer verfehlten, schuldhaften und niemals gelösten Bindung eines Sohnes an seine Mutter, eine Geschichte, wie sie nur Hans-Ulrich Treichel zu erzählen versteht: tieftraurig, oft genug komisch und erfüllt von schmerzlicher Ironie. Pressestimmen: »(…) Frühe Störung, ein exzellentes Stück Literatur, entwickelt von Anfang an einen Sog, dem man sich bis zum Schluss nicht entziehen kann. Ein epochales Buch.« - Waltraud Worthmann-von Rode | Saarländischer Rundfunk Der Autor: Hans-Ulrich Treichel, Jahrgang 1952, gebürtiger Westfale, lebt in Berlin und Leipzig. Er studierte Germanistik an der Freien Universität Berlin und promovierte 1984 mit einer Arbeit über Wolfgang Koeppen. U. a. war er Lektor für deutsche Sprache an der Universität Salerno und an der Scuola Normale Superiore inPisa. Seit 1995 ist Treichel Professor am Deutschen Literaturinstitut der Universität Leipzig. |
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GRUPPENPSYCHOTHERPIE - analytisch - tiefenpsychologisch |
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Von den Entwicklungs- und Individuationsprozessen, die durch Träume angestoßen werden, und von der Verwendung von Traummaterial in der Gruppenpsychotherapie berichten die Autorinnen und Autoren dieses Bandes. Nach jungianischer Auffassung ist der Traum zweierlei: ein Naturphänomen und ein Beziehungsphänomen. Er erlaubt einerseits einen unverstellten Blick auf die erfahrungs- und erwartungsintegrierende Arbeit der von ihren Komplexen geprägten unbewussten Psyche und andererseits auf Aspekte der therapeutischen Beziehung. Die Beiträge des Bandes: Stephan Alder: Untergehen und Neubeginn. Träume in der Gruppe als Zwischenwelt - Annette Berthold-Brecht: Traumarbeit in der Gruppensupervision - Claus Braun: Ein Beispiel traumzentrierter Gruppenpsychotherapie - Hildegunde Georg: Inspirierende Wirkung der Arbeit mit Träumen in Gruppen - Elisabeth Grözinger: Zu meiner Funktion als Leiterin einer Traumgruppe therapeutischer Expertinnen - Wolfgang Kleespies: Der Traum in der analytischen Gruppentherapie - Volker Münch: Das Gruppenselbst träumt - Konstantin Rößler: Aktive Imagination in der Gruppe - Gert Oskar Alexander Sauer: Die Akademie der Träume. Berichte aus dem Diesseits - Annette Schulz: Das belebende Element der Gruppe: der erzählte Traum - Van Tricht: Traumtranskripte und Individuation. Der Herausgeber: Claus Braun, Dr. med. Dipl.-Psych., Arzt für Psychiatrie und Neurologie, Arzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Psychoanalytiker, Dozent am Institut für Psychotherapie e. V. Berlin und C. G. Jung-Institut Berlin e. V., Lehranalytiker/ Supervisor DGAP/DGPT, Gruppenlehranalytiker D3G, Redakteur der Zeitschrift Analytische Psychologie, wissenschaftliche Interessen: Intersubjektivität, Traumgeschehen. |
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Seit langem und in den vergangenen Jahren akzeleriert steigt der Bedarf an ambulanter Psychotherapie; inzwischen klafft eine riesige Lücke zwischen Bedarf und dem verfügbaren Angebot. Um das Behandlungsangebot zu verbessern, wurden seit 2017 die Rahmenbedingungen für Gruppentherapie attraktiver gestaltet. Mit diesem Praxisbuch stellen die Autorinnen einen umfassenden Überblick über die Themen vor, die für eine tiefenpsychologisch fundierte Gruppentherapie von Bedeutung sind. Die Gruppen-erfahrenen Autorinnen geben zum einen ihr Wissen zu den theoretischen und methodischen Hintergründen sowie den Rahmenbedingungen und besonderen Herausforderungen von Gruppentherapien weiter und erklären zum anderen praxisnah und anschaulich die psychodynamischen Interventionsschritte. Ein gut gefüllter Werkzeugkoffer lädt neben den klassischen Herangehensweisen auch zu erlebnisaktivierenden Methoden für einzelne Teilnehmer:innen und auch die Gesamtgruppe ein. Inhalt (Unterpunkte in Auswahl) 1 Grundsätzliche Überlegungen: 1.1 Warum Gruppentherapie? - 1.2 Wie funktioniert Gruppentherapie? - 1.3 Wann empfiehlt sich Gruppentherapie? - 1.4 Was macht gute Gruppentherapeut:innen aus? - 2 Theoretische Orientierung // 3 Eine Gruppe in Planung // 4 Die Gruppentherapie beginnt: 4.1 Gemeinsamer Anfang - 4.2 Neue Mitglieder kommen hinzu - 4.3 Patient:innen mit Klinikerfahrung - 4.4 Die Sitzordnung - 4.5 Gruppennormen // 5 Der Ablauf einer Sitzung // 6 Die mittlere Phase der Gruppe // 7 Fokus unserer Aufmerksamkeit // 8 Therapeutisches Vorgehen – psychodynamische Interventionsschritte: 8.1 Klären: die Geschichte verstehen - 8.2 Mitfühlen: Gefühle wahrnehmen und benennen - 8.3 Konfrontieren: Widersprüchliches und Problematisches ansprechen - 8.4 Deuten: Sinn, Funktion und Genese verstehen - 8.5 Durcharbeiten: Hindernisse vor der Umsetzung bearbeiten - 8.6 Umsetzen: Verhalten in der Gruppe und im Alltag verändern // 9 Gruppenbezogene Steuerung // 10 Werkzeugkoffer // 11 Herausfordernde Situationen im Gruppenprozess // 12 Die Gruppentherapie endet // 13 Anhang. Die Autorinnen Sigrid Pape, Dipl.-Psych., Psychologische Psychotherapeutin für tiefenpsychologisch fundierte Einzel- und Gruppentherapie, arbeitet in einer Gemeinschaftspraxis in Hamburg-Altona. Marie-Luise Langenbach, Dr. phil. Dipl.-Psych., Psychologische Psychotherapeutin für tiefenpsychologisch fundierte Einzel- und Gruppenbehandlung, niedergelassen in einer BAG in Hamburg, promoviert über Körperpsychotherapie in Gruppen. |
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Eigentlich suchten sie Linderung und Selbsterfahrung, aber es kam anders: Ein Mann wird erschlagen. Ein Mädchen stirbt durch eine Überdosis Rauschgift, ein anderes wird erwürgt. - So verschieden ihre Todesart - die Ursachen ihres vorzeitigen Ablebens scheinen stets die gleichen zu sein; Sie alle waren zu Lebzeiten in einer Gruppentherapie. Die Autorin: Viel ist nicht bekannt über diese Autorin, obschon sie einige gefragte Romane und Krimis verfasst hat. Carolyn Weston wuchs zur Zeit der großen Depression in den 20er Jahren des vergangenen Jahres in Hollywood auf. Schon als Schülerin war sie in der Theatergruppe und dem Lesekreis ihrer Highschool. Während des 2. Weltkrieges arbeitete sie in einer Flugzeugfabrik und begann parallel dazu mit ersten schriftstellerischen versuchen. |
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FREUDIANA - Sigmund Freud: Tag für Tag |
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Zu den vielleicht bestgehüteten Betriebsgeheimnissen der Sigmund-Freud-Buchhandlung gehören Angaben über die Anzahl und Breite der hier über die letzten Jahrzehnte von ihrer analytisch orientierten Kernkundschaft erworbenen Werk- und Einzelausgaben des alten Herrn aus Wien. - Nur soviel: Der inflationär unentwegt im Munde geführte Name des Begründers der Psychoanalyse findet in den Zahlen der faktischen Aneignung seiner Ideen im Wege des Bücherkaufs und Lesens keinen wirklich überwältigenden Niederschlag. Vor diesem wenig schmeichelhaften Befund ist es großartig, daß es dennoch immer wieder rührige AutorInnen gibt, die ihr Möglichstes versuchen, den Namen des Mannes und seines Werkes lebendig und im Umlauf zu halten und diesbezügliche DauerabstinenzlerInenn, welche "den Freud" nie wirklich durchgearbeitet und also gemieden haben, zu einer Neu-, Wieder- oder Erstbegegnung mit dessen Texten zu verführen - und sei es immerhin in mundgerechten und interessanten Freud-Zitaten. Kai Rugenstein und sein englischer Kollege Tobias Nolte zählen zu diesen quasi missionarisch getönten Optimisten: Die beiden hatten, unterstützt dabei durch zahlreiche KollegInnen, die famose Idee, eine Anthologie starker Freud-Zitate für das ganze Jahr zu komponieren: In 365 feinen und durchweg bedenkenswerten Zitaten des Meisters möchten sie Profis und interessierte Laien gleichermaßen auf diesen bekannten Unbekannten neugierig machen und zur durchgreifenden (Re-)Lektüre seines Werkes anregen. Die gemeinsam ausgewählten Zitate werden ergänzt durch jeweils kurze Anmerkungen und Kommentare von immerhin 250 KollegInnen. Diese kleinen Texte möchten den Lesenden vertiefende Impulse, persönliche Eindrücke und Querverbindungen im Werk Freuds bieten. In die Schar der Mitwirkenden reihen sich Otto F. Kernberg, Peter Fonagy, Jürgen Habermas, Siri Hustvedt, Jonathan Franzen, Iris Hanika, Eva Menasse, Hilmar Klute, Eva Illouz, John Steiner, Mark Solms, Marianne Leuzinger-Bohleber, Christina von Braun, Wolfgang Schmidbauer, Eckart von Hirschhausen und viele mehr.ein. Die Herausgeber Tobias Nolte, MD, Arzt und Psychoanalytiker, ist klinisch-wissenschaftlicher Mitarbeiter am University College London und Senior Researcher am Anna Freud National Centre for Children and Families, London. Er arbeitet als Psychoanalytiker in eigener Praxis und ist Supervisor für mentalisierungsbasierte Therapie. Kai Rugenstein, Dr. phil., Dipl.-Psych., ist Psychoanalytiker (DPG/DGPT) in eigener Praxis und Dozent, Supervisor, Lehranalytiker und Autor. |
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PSYCHE und GESELLSCHAFT - Im Dauerstress: ›Kleiner Mann, was nun?‹ |
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Das unlängst erschienene Buch möchte einen profunden Beitrag dazu leisten, Verunsicherungen und überschießende Emotionalität, die nicht selten inzwischen auch in ´ganz normalen` Psychotherapien, der Praxis des Arztes oder in der Klinik auftauchen angemessen zu begegnen und produktiv damit umzugehen. Mit Blick auf die gesellschaftliche Entwicklungen, die durch Globalisierung, Klimakrise, Kriege, Terrorismus und Digitalisierung und jüngst auch durch das Pandemiegeschehen immer schneller, komplexer und widersprüchlicher werden, benennt und thematisiert Schneider mögliche Gründe für die steigende Tendenz zur allgemeinen Dramatisierung und Emotionalisierung,ebenso auch für das stetige Anwachsen autoritärer Tendenzen wie auch für die zunehmenden Irritationen und Verwerfungen in unserem freiheitlich orientierten demokratischen System. - Wolfgang Schneiders Anliegen ist es auch, einen zweckdienlichen Beitrag zu einer kritischen Selbstreflexion in Bezug auf die eigene Wertorientierungzu leisten. Alle beratend und psychotherapeutisch Tätigen können so die Perspektive eigener Klienten oder Patienten umfassender vielleicht etwas besser beurteilen und angemessener damit umgehen. Der Autor bietet zudem Ideen und Lösungsansätze auf Ebene der Politik, des medizinischen Versorgungssystems und mit speziellem Fokus auf die Psychotherapie. Der Autor: Wolfgang Schneider, Jg. 1952, Studium der Psychologie und Medizin in Marburg/Lahn und Münster. Facharztausbildung für Psychiatrie sowie Psychosomatische Medizin und Psychotherapie in Lübeck und Bochum, Ausbildung zum Psychoanalytiker. Promotion im Fach Psychologie an der Universität Marburg, Dr.med. an der Universität Münster; Habilitation an der Ruhr Universität Bochum. 1995- 2018 Professor für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie an der Universität Rostock und Direktor der gleichnamigen Klinik und Poliklinik. Wissenschaftliche Schwerpunkte: Diagnostik- und Psychotherapieforschung, |
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Dieser Essay des französischen Philosophen und Mathematikers Gilles Châtelet - ein vernichtendes Urteil über die von Marktkräften zunehmend beeinflußte und gegängelte Demokratie; zudem eine Analyse der Prozesse, welche eben diese Dominanz entstehen lassen konnte - lädt zur archäologischen Erkundung der Gegenwart ein: Ressentiment und Populismus finden nach Auffassung des Autors ihren gemeinsamen Ausgangspunkt in einer Allianz von Politik, Wirtschaft und Kybernetik, der es im interessegeleiteten Gleichklang gelang, die befreienden Energien des Aufbruchs von 1968 in die Subjektform des Durchschnittsmenschen umzulenken, der sich mit Surrogaten und Ersatzbespaßungen abspeisen und vom gemeingesellschaftlichen Leben ablenken läßt. In einer Gesellschaft der Konkurrenz, so Châtelets Einsicht, schaffen Chaostheorie und Nomadismus – einst Zauberwörter einer neuen Philosophie der Differenz – am Ende nur Langeweile. Bei seinem Erscheinen 1998 in Frankreich unerwarteter Erfolg und polemisches Vermächtnis zugleich, liegt mit »Leben und Denken wie die Schweine« nun erstmals ein Buch Châtelets in deutscher Sprache vor. Es bietet Einblick in ein hierzulande viel zu wenig bekanntes Denken, dem es auch in seiner epistemologischen Auseinandersetzung mit Physik und Mathematik immer um Individuation, Befreiung, kurz, um das Leben geht. Der Autor: Gilles Chätelet, geboren 1944 in Paris, war ein französischer Philosoph und Mathematiker. Aktiv in der Studierenden- und Homosexuellenbewegung, unterrichtete er ab den späten 1970er Jahren an verschiedenen Universitäten, u.a. an der Universität Paris 8 Vincennes- Saint-Denis. Am 11. Juni 1999 nahm sich Chätelet in Paris das Leben. |
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KULTUR und PSYCHE - Vom seinsentleerten zum sinnfreien Über-Leben? |
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›Heute verwenden wir unsere besten Kräfte darauf, das Leben zu verlängern. In Wirklichkeit verkürzt sich das Leben zum Überleben. Wir leben, um zu überleben. Die Hysterie der Gesundheit und der Optimierungswahn sind Reflexe auf den herrschenden Seinsmangel.‹ ›“ … unterwegs zu einer anderen Zeit, die keine Zeit der Arbeit ist, zu einer Zeit des Langen und Langsamen, die ein Verweilen möglich macht. Die Arbeit ist letzten Endes auf die Herrschaft und Einverleibung aus. Sie vernichtet die Distanz zu den Dingen. Der kontemplative Blick dagegen schont sie. Er beläßt sie in ihrem Eigenraum oder Eigenglanz. Er ist eine Praxis der Freundlichkeit. […] Der lange, kontemplative Blick übt sich in einer Wahrung von Distanz zu den Dingen, ohne jedoch die Nähe zu diesen zu verlieren. Seine räumliche Formel ist die ‚Nähe an Distanz'‹ Byung-Chul Han, Der Geruch des Eichenholzes, in: Duft der Zeit, S. 79-80 |
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Neulich in der Rhön: Schönstes Wetter, drei wandernde pensionierte Lehrer, gewiss nicht senil, die zum weithin sichtbaren Berggipfel mit Aussichtstum strebten. Alle drei mit ihren Smartphones in den Händen und aktiviertem Google-Maps, dennoch verzweifelt, weil sie die Wegweisungen des Gerätes nicht verstanden, indem sie grandios von diesem abgewichen und im Tal herumgestapft waren; - das erhabene Ziel ihrer Wanderung gleichwohl stets vor Augen ... Heute bewohnen wir nicht mehr Erde und Himmel, sondern Google Earth und Cloud. Informationen beherrschen die smarten Lebenswelten der meisten. Wir berauschen uns regelrecht an Kommunikation. - Schon vor Jahrzehnten stellte der Medientheoretiker Vilém Flusser fest: »Undinge dringen gegenwärtig von allen Seiten in unsere Umwelt, und sie verdrängen die Dinge. Man nennt diese Undinge Informationen.« Die Dinge rücken heute immer mehr in den Hintergrund der Aufmerksamkeit. Die Welt als Infosphäre überlagert die Welt als Dingsphäre. Der Übergang vom Ding zum Unding verändert massiv unsere Wahrnehmung und Weltbeziehung. Byung-Chul Hans jüngster Essay kreist um Dinge und Undinge. Der Philosoph und Kulturwissenschaftler bietet etwa eine scharfsichtige Betrachtung, sozusagen eine Philosophie des Smartphones, wie auch eine Kritik der Künstlichen Intelligenz aus entsprechend ungewohnter Perspektive. Dabei wendet er sich auch der Magie, der Faszination der Dinge zu und reflektiert über die Stille, die im Informationslärm verlorengeht. Die Themen des Essays: Vom Ding zum Unding - Vom Besitz zum Erlebnis - Smartphone - Selfie - Künstliche Intelligenz - Ansichten der Dinge - Tücken der Dinge - Rücken der Dinge - Gespenster - Magie der Dinge - Dingvergessenheit in der Kunst - Heideggers Hand - Herzensdinge - Stille - Ein Exkurs zur Jukebox // Anmerkungen. Der Autor: Byung-Chul Han, geboren 1959 in Korea, studierte in Freiburg im Breisgau und in München Philosophie, deutsche Literatur und katholische Theologie. Er veröffentlichte zahlreiche Bücher, darunter Müdigkeitsgesellschaft, Transparenzgesellschaft, Die Errettung des Schönen, Psychopolitik und Die Austreibung des Anderen. Bei Ullstein sind erschienen: Lob der Erde, Vom Verschwinden der Rituale sowie Undinge. Seine Bücher wurden in mehr als zwanzig Sprachen übersetzt. |
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Wie
kommt es, dass wir uns den Verhältnissen unterordnen? Oder mit Spinoza
gefragt: Wie kommt es, dass „die Menschen für ihre Knechtschaft
kämpfen, als sei es für ihr Heil“? Diese Frage gilt es zu allen Zeiten neu zu stellen, erst recht jedoch in Zeiten von Krisen und Verunsicherungen. Die Antwort heute muss lauten: Es ist der Narzissmus, der Narzissmus als gesellschaftliche Forderung an jeden Einzelnen: Du musst mehr werden, als du bist, du musst zu deinem Ideal werden. Was aber bedeutet es für die Gesellschaft, wenn dieses antigesellschaftliche Prinzip zur herrschenden Ideologie wird? Mit beeindruckender Klarheit erklärt die Philosophin Isolde Charim, was uns dazu bringt, uns freiwillig den „Qualen des Narzissmus“ zu unterwerfen. Die Kapitel des Buches: 1
Woher rührt unsere Freiwilligkeit? - 2 Narzissmus als freiwillige
Unterwerfung - 3 Die neoliberale Trompete - 4 Der Wettbewerb und sein
Jenseits - 5 Narziss und die Anderen - 6 Die Autorin: Isolde Charim, geboren in Wien, Studium der Philosophie in Wien und Berlin, arbeitet als freie Publizistin und ständige Kolumnistin der "taz" und des "Falter". 2006 erhielt sie den Publizistik-Preis der Stadt Wien. Seit 2007 ist sie wissenschaftliche Kuratorin am Bruno Kreisky Forum. Bücher u.a.: "Lebensmodell Diaspora. Über moderne Nomaden" (Hrsg. gem. mit Gertraud Auer 2012). Bei Zsolnay erschien im Frühjahr 2018 der Band "Ich und die Anderen. Wie die neue Pluralisierung uns alle verändert", für den sie den Philosophischen Buchpreis 2018 erhält. 2022 erhielt sie den Österreichischen Staatspreis für Kulturpublizistik. |
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Bauchgefühl, Launigkeiten, sinnfreies Plappern, bevor ein Thema auch nur im Ansatz begriffen und durchdacht wurde, in Echtzeit und nicht selten schamlos die Dürftigkeit des eigenen Selbst in alle Welt hinausejakulieren - all dies ist heute im kommunikativen Schnellverkehr eher die Regel, denn die Ausnahme: Durchdachte und faktengeleitet Argumente stören, die Scham ist ganz außer Kurs geraten, Diskretion war gestern. Der Autor konstatiert: Wir leben in einer Gesellschaft der Kindsköpfe, sind unter dem elektronischen Schutzschirm einer ganz ihr eigenes Ding betreibenden Verblödungsindustrie zu selbstverliebten Egoisten und Narzissten mutiert. - Demgemäß verhalten sich viele, sehr viele Erwachsene im Alltag ungeniert wie kleine Kinder in der Trotzphase; nur daß diese Menschen altersmäßig diesem Entwicklungsstadium längst entwachsen sein müßten. Sie halten das Leben für einen großen Spaß mit Ewigkeitsversprechen, eine Erlebnistour, am besten mit All-inclusive-Paket. Passend behandelt und spricht ´Politik` die Menschen nicht selten auf korrespondierendem Niveau. Alexander Kissler nimmt die Politik ebenso wie Teile des Kulturbetriebs, ebenso die wider jede Vernunft auf ein ewiges Mehr und ´Wachstum` verschriebene Weltwirtschaft und andere Interessengruppen in den Blick. Er folgt den nicht selten albern, mal tragikomischen Verrenkungen unreifer Erwachsener und zeigt die bitteren Folgen einer infantilisierten und narzisstisch durchtränkten Gesellschaft. Aus der Einleitung des Autors: »Die Kunst des Erwachsenseins besteht darin, Distanz zu ertragen, von sich selbst absehen zu können, den Unterschied zwischen drinnen und draußen, Privatheit und Öffentlichkeit, Ich und Nicht-Ich ermessen zu können. Der innerlich erwachsene Mensch ist grundsätzlich in der Lage, sein Leben selbstständig und nach eigenen Vorstellungen zu gestalten, ohne zu erwarten, dass er sich mit diesen Vorstellungen immer durchsetzen wird. - Er kennt seine Schwächen und seine Stärken und die lange Strecke zwischen den Polen. Er arbeitet mehr an sich als an anderen, nimmt es mit den eigenen Plänen genauer als mit den eigenen Rechtfertigungen. Er hält weder die Welt für eine Ausformung des Ichs noch das Ich für einen bloßen Wurmfortsatz der Welt. Er weiß, was er will. Er will nicht alles und nicht alles sofort. Er scheitert und verzweifelt nicht, er gewinnt und vergisst sich nicht. Er lässt andere nicht für eigene Niederlagen büßen und bleibt im Triumph nicht allein. (...)?« Der Autor: Alexander Kissler arbeit als Kulturjournalist, politischer Publizist und ist ein erfolgreicher Sachbuchautor (u.a. »Dummgeglotzt«, »Keine Toleranz den Intoleranten«, »Widerworte. Warum mit Phrasen Schluss sein muss«). Er hat für die FAZ, die »Süddeutsche Zeitung« und den »Focus« gearbeitet. Von 2013 bis Sommer 2020 leitete er das Kulturressort beim Monatsmagazin »Cicero«. Seit August 2020 ist er politischer Redakteur im Berliner Büro der »Neuen Zürcher Zeitung«. Alexander Kissler lebt in Berlin. |
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HANS HOPF zum 80. Geburtstag |
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Flucht, Trauma, Psychoanalyse - Wie Leben gelingen kannSymposion zu Ehren des 80. Geburtstages von Dr. Hans Hopf - am 15.10.2022 in Fellbach bei Stuttgart Für die vom Psychoanalytischen Institut Stuttgart ausgerichtete Veranstaltung hat sich Hans Hopf die Mitwirkung der Sigmund Freud-Buchhandlung gewünscht, die dazu einen ansprechenden Büchertisch ausrichten wird. Einen der großen, praxisbewährten und im besten Sinne des Wortes bodenständig gebliebenen Kinder- und Jugendlichenanalytiker, Supervisor und Autor zahlreicher gerfragter Bücher gilt es im Kreis seiner KollegInnen und MitstreiterInnen zu ehren. Die für alle ´irgendwie` analytisch arbeitenden Menschen, - ob in der Erwachsenen- oder der Kinder- und Jugendlichentherapie engagiert - gewiss aufschlußreichen, dienlichen und mithin empfehlenswerten Literaturen des Autors finden sich auf SFB-Online. HIER gelangen Sie zu der von Hans Hopf, Arne Burchartz und Christiane Lutz herausgegebenen und bei Kohlhammer erschienenen Reihe ›Psychodynamische Psychotherapie mit Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen‹ |
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Ein berührendes, ein wichtiges Buch eines am Leben gereiften Mannes, der seine Schaffenskraft als Psychoanalytiker und Pädagoge ohne Dünkel und Allüren ganz in den Dienst von Kindern und Jugendlichen gestellt hat und stellt. Hans Hopf in seinem Vorwort zu diesem empfehlenswerten Buch: "(…) für mich bleibt das Wort »Flüchtling« ein Archetyp für Menschen in Not, denen geholfen werden muss. Das Wort Frühling, mit der gleichen Endung und ähnlich klingend, ist zudem ein Symbol für einen Neubeginn. Ich hatte eine schreckliche Kindheit und eine schlimme Jugend. Rückblickend stelle ich dankbar fest, dass ich danach ein wunderbares Familienleben führen konnte. Ich bin glücklich, einen Beruf gewählt zu haben, der mich erfüllt und den ich gerne und zufrieden ausübe. Vielleicht kann mein Beispiel Kinder und Jugendliche darin bestärken, auch in größter seelischer Not niemals die Hoffnung aufzugeben. Mit diesem Buch solidarisiere ich mich mit allen Flüchtlingskindern dieser Welt. Ich werde immer einer von euch bleiben. - Mundelsheim, im Sommer 2016 Hans Hopf |
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BESSER LESEN - vergessen - verdrängt - wiederzuentdecken |
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Es gilt, das weithin vergessene, verdrängte literarische Werk einer österreichischen Schriftstellerin in Erinnerung zu rufen: MELA HARTWIG (1893-1967) Wie wenige andere Autorinnen und Autoren steht Mela Hartwig zwischen den Polen des Expressionismus, mit seiner überreizten Sinnlichkeit und seinen stilistischen Neuerungen, der nüchternen Beschreibungskunst der Neuen Sachlichkeit - und der Psychoanalyse. Immer aber behandelt sie unerschrocken, mit großer Kunstfertigkeit und gestaltender Intelligenz schmerzhafte und daher verschwiegene Themen; keine Autorin hat in ihren neurotischen Frauenfiguren solche Weiblichkeitsentwürfe gewagt, keine hat aber auch wie sie die sozialen Realitäten ihrer Zeit – Arbeitslosigkeit und mörderischer Antisemitismus – beschrieben. |
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»Mela Hartwigs hauptsächlich erstmals 1928 veröffentlichte und nun neu aufgelegte Kurzgeschichten und Novellen treffen einen Nerv. Rund hundert Jahre nach der Erstveröffentlichung verhandelt Hartwig oft erschreckend zeitgemäß Vaterfiguren und romantische Beziehungsabhängigkeiten, Abtreibungen und Machtverhältnisse, Psychoanalyse und Abgründe, gesellschaftliche Erwartungen und Schönheitsstandards. (…) Hoffentlich endlich die Wiederentdeckung einer Autorin, die in einem Atemzug mit Ingeborg Bachmann und Marlen Haushofer genannt werden sollte.« Teresa Preis, in: Buchkultur Nachdem sie einige Jahre zuvor bereits als Schauspielerin Karriere gemacht hatte, betrat Mela Hartwig 1928 die literarische Bühne mit einem von Alfred Döblin und Stefan Zweig empfohlenen Erzählband, Ekstasen, der von den Zeitgenossen höchst zwiespältig aufgenommen wurde. 'Außerordentlich quälend und unerfreulich' seien ihre Stoffe, Zeugnisse eines 'durch die Psychoanalyse verjauchten Gehirns'. So wurden dann auch (bis auf den Roman Das Weib ist ein Nichts, 1929) ihre weiteren Werke nicht mehr zum Druck angenommen: die Kurzgeschichtensammlung Quer durch die Krise ist bis heute verschollen und der Roman Bin ich ein überflüssiger Mensch? blieb bis lange nach ihrem Tod unveröffentlicht. In diesem Band sind zum ersten Mal alle Erzählungen von Mela Hartwig gesammelt: die Novellen aus dem berühmten Erstling Ekstasen, andere Erzählungen aus deren Umfeld (z. T. nur im Nachlass vorhanden), die 1936 in einem französischen Exilverlag gedruckte Novelle ´Das Wunder von Ulm` und die einzige nach 1945 noch erschienene Prosaveröffentlichung Georgslegende. Wie wenige andere Autoren steht Mela Hartwig zwischen den Polen des Expressionismus, mit seiner überreizten Sinnlichkeit und seinen stilistischen Neuerungen, und der nüchternen Beschreibungskunst der Neuen Sachlichkeit. Immer aber behandelt sie unerschrocken, mit großer Kunstfertigkeit und gestaltender Intelligenz schmerzhafte und daher gerne verschwiegene Themen; keine Autorin hat in ihren neurotischen Frauenfiguren solche Weiblichkeitsentwürfe gewagt, keine hat aber auch wie sie die sozialen Realitäten ihrer Zeit, Arbeitslosigkeit und mörderischer Antisemitismus, gestaltet.Psychoanalyse und Literatur. Die Autorin: Mela Hartwig, Geboren 1893 in Wien, war Mela Hartwig zunächst Schauspielerin, zuletzt am Schillertheater in Berlin. Sie heiratete den jüdischen Rechtsanwalt Robert Spira und verlegte ihren Lebensmittelpunkt nach Graz. Infolge der Veröffentlichung ihrer ersten Erzählungen (auf Fürsprache von Alfred Döblin) sowie des Novellenbands Ekstasen (1928) und des Romans Das Weib ist ein Nichts (1929) hatte sie Schwierigkeiten, als Jüdin von einem Verlag angenommen zu werden. Sie begann zu malen. 1938 emigrierte das Ehepaar – nach der Enteignung durch die Nazis und der Vernichtung von Mela Hartwigs Bildern – nach England, wo sich die Künstlerin mit Virginia Woolf befreundete und wo sie in den Jahren 1946 bis 1948 den Roman Inferno schrieb, der zu Lebzeiten nie veröffentlicht wurde. 1967 starb sie in London. |
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»Beeindruckend, wenn nicht gar schwindelerregend … liest sich Inferno wie ein Vorgriff auf Canettis Masse und Macht. Es ist Zeit, Mela Hartwig endlich den ihr gebührenden Platz in der Literaturgeschichte einzuräumen.« - Kathrin Hillgruber, Deutschlandradio Wien 1938: Der Anschluss Österreichs steht kurz bevor. Es ist die Zeit der Pogrome, der Opportunisten, Denunzianten und überzeugten Nazis. In dieser Welt des Umbruchs muss sich die 18-jährige Ursula zurechtfinden und entscheiden, ob sie Teil des aufkommenden Schreckenssystems wird oder Widerstand leistet. Nirgends kann man mehr sicher sein, denn »in Zukunft werden alle Wände Ohren haben und hinter jeder Tür wird einer horchen«. Ursulas Bruder versucht die Familie für die Nationalsozialisten zu gewinnen, in ihrer Malerschule haben parteitreue Dozenten das Sagen. Nur ihr Freund scheint ein Hoffnungsschimmer in diesen Zeiten zu sein, in denen nicht nur Ursulas Leben durch all die Bedrohungen zu zerfallen droht. Die atemlose Prosa spiegelt Ursulas innere Zerrissenheit, Verzweiflung und existenziellen Ängste. Zwischen 1946 und 1948 verfasste Mela Hartwig in ihrem Londoner Exil den Roman "Inferno", der nun 70 Jahre später zum ersten Mal erscheint. Es ist bemerkenswert, wie scharfsinnig sich Hartwig unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg mit der NS-Zeit auseinandergesetzt hat. |
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KLASSISCHES FACHANTIQUARIAT - Dr. Seltsams atomare Wahnideen ... |
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Karel Capek - KRAKATIT - tschechische Erstausgabe 1924 |
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Extrem seltenes Exemplar der unmittelbar nach dem 2. Weltkrieg im renommierten Bruno Cassirer Verlag, Wien und Berlin, erschienenen deutschsprachigen Neuausgabe des erstmals 1924 in Prag publizierten Romans des berühmten Autors. Hier MIT dem seltenen Schutzumschlag.
Die Story: Der Chemiker Prokop entdeckt einen Sprengstoff mit einer enorm hohen Brisanz, den er Krakatit nennt, in Anlehnung an den indonesischen Vulkan Krakatau. Nachdem kleine Reste des Pulvers auf Prokops Schreibtisch ohne erkennbare Ursache explodiert sind, irrt er verletzt durch Prag, wo er von seinem Studienkollegen Tomesch (im Original: Tomeš) aufgelesen und in dessen Wohnung gebracht wird. Im Fieber verrät Prokop Details über seinen neuen Sprengstoff. Eine verschleierte Frau erscheint mit einem Paket für Tomesch, der jedoch abgereist ist. Prokop verspricht, das Paket zu überbringen, und fährt mit der Bahn aufs Land zu Tomeschs Vater, einem Arzt. Trotz einer Gehirnhautentzündung schafft er es an sein Ziel, wo er zusammenbricht. Der Arzt und seine Tochter Anni (im Original: Anči) pflegen ihn gesund. Eine Liebesbeziehung bahnt sich an, doch ein an ihn gerichtetes Zeitungsinserat ruft Prokop die Porzellandose mit Krakatit wieder in Erinnerung, die er in seiner Wohnung zurückgelassen hat. Die Wohnung findet er aufgebrochen und vollständig ausgeräumt vor. Carson, der Direktor der Rüstungsfabrik auf dem Gelände des Schlosses Balttin hält Prokop dort fest, richtet ihm ein hochmodernes Labor ein und versucht ihn zum Verkauf der Rezeptur von Krakatit zu zwingen. Prokop beginnt eine leidenschaftliche Liebschaft mit Prinzessin Wille. Diese verhilft ihm zur Flucht in Richtung Italien, doch wird er auf dem Weg dorthin vom anarchistischen Kreis Daimons abgefangen. Es stellt sich heraus, dass Daimon mit Radiowellen Krakatit gezielt zur Explosion bringen kann. Jeden Dienstag und Freitag, insgesamt wenigstens acht Mal, schaltet er gegen halb elf abends einen manipulierten Radiosender ein, um Detonationen auszulösen. Unterdessen hat auch Tomesch im Auftrag einer konkurrierenden Rüstungsfabrik die Herstellung von Krakatit vorangetrieben und lässt sich von Prokops Warnungen nicht abhalten .... (Nach Wikipedia) Der Autor: Karel Capek, 1890 – 1938, zählt zu den bedeutendsten tschechischen Schriftstellern des 20. Jahrhunderts. Nach seinem Philosophiestudium arbeitete er als Journalist und Dramaturg. Früh thematisierte er die Bedrohung durch Obrigkeitsgläubigkeit, autoritäre Strukturten und politische Diktaturen; er warnte früh vor Faschismus und Nationalismus und lehnte den Kommunismus ab. Er hinterlässt Erzählungen, Romane, Theaterstücke, Reiseberichte und Feuilletons. |
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Stimmen zur nachfolgend erwähnten Neuausgabe von Carpeks ´Seltsames England` "Man lacht oft, wenn der tschechische Schriftsteller Karel Čapek die Eindrücke seiner Englandreise in kurzen Skizzen fixiert. Und seine scharfsichtigen Bemerkungen über den Isolationismus des Inselvolks treffen den Nerv des Brexit-Debakels – auch wenn sie vor fast 100 Jahren geschrieben wurden." - Angela Schader, in der Neue Zürcher Zeitung NZZ |
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BESSER LESEN - Neulich, am englischen Hofe ... |
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Im Frühjahr 2019 veröffentlichte die Redaktion der "Novitätenschau" eine Extra-Ausgabe, die ganz dem Thema BREXIT gewidmet war. - Aus gegebenem Anlaß heute dazu ein kleines Update, eingeleitet durch ein paar Zitate der ´Eisernen Lady` und ihres Doubles: Zitate "Wir bitten nicht die Gemeinschaft oder sonst jemanden um Geld. Wir wollen einfach unser eigenes Geld zurück." Margret Thatcher einst bei einer Rede auf dem EG-Gipfel 1984 Nach dem Brexit sind wir frei, unsere wirtschaftliche Zukunft selbst zu bestimmen und haben die Kontrolle über unser Geld, unsere Gesetze und unsere Grenzen.. - (And after Brexit, we will be free to determine our economic future, with control over our money, laws and borders.) Ich hasse Nagetiere. Das House of Commons ist voll davon. Wenn ich eins von den Dingern sehe, stehe ich auf meinem Stuhl. - (I hate rodents. I mean, the House of Commons is completely infested. I will stand on a chair if I see one of the things.) Liz Truss, die frisch ins Amt beförderte und dort womöglich nicht arg lang zu haltende neue britische Premierministerin |
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Die Kakerlake ist weg - eine neue ist da! Das war denn womöglich neulich doch etwas zuviel für die hochbetagte, lebenserfahrene königliche Lady im Buckingham Palace, die kaum zwei Tage nach dem entzückenden Antrittsbesuch der neuen Premierministerin im Kreise ihrer Lieben verstarb? Aus aktuellem Anlaß stellen wir hier noch einmal die dem tiefschwarzen britischen Humor entsprungenen Groteske des genialen Ian McEwans vor, die dieser unter dem Eindruck von BREXIT und des Politclowns und Faktenverbiegers Boris Johnson schrieb. Die Storry: Jim Sams hat eine Verwandlung durchgemacht. In seinem früheren Leben wurde er entweder ignoriert oder gehasst, doch jetzt ist er auf einmal der mächtigste Mann Großbritanniens. Eben noch eine Kakerlake, die im Westminster-Palast mit unzähligen Artgenossen hinter der Täfelung geschabt hat, ist Jim nun als Mensch aufgewacht; Nicht als irgendein Mensch, nein - als der britische Premierminister, getrieben von seiner Mission, den Willen des lethargischen Volkes zu exekutieren und wild entschlossen, sich von nichts und niemandem dabei aufhalten zu lassen: weder von der einfältigen Opposition noch von Abweichlern in seiner eigenen Partei, noch von Fakten und parlamentarischen Spielregeln. Ian McEwan verneigt sich mit diesem 2019 erschienenen Roman vor dem großen Franz Kafka, eine Welt persiflierend, die nicht nur in England kopfsteht ... |
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DER GALERIST - Die Kunstabteilung der Sigmund-Freud-Buchhandlung |
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Ein wunderbares Blatt des großen spanischen Künstlers in einem großen Format. - Ein ganz besonderer und augenfälliger Schmuck an der Wand eines großen, hellen Arbeits- oder Behandlungszimmers, einer Klinik oder eines weltgewandten Ausbildungsinstituts Details dieser Künstlerarbeit Titel der Arbeit:
»Suite 63 x 90 - Nr. 4« Der Künstler: Antoni Tàpies, geboren 13. Dezember 1923 in Barcelona, Katalonien; gestorben 6. Februar 2012 ebenda. Als Maler, Grafiker und Bildhauer zählt Tàpies längst zu den bedeutendsten und international anerkannten Künstlern seines Landes. Im Jahr 2010 wurde ihm vom spanischen Königshaus der vererbbare Adelstitel Marqués de Tàpies verliehen. |
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SFB - MEHR als BücherAuf SFB-Online, der Internetseite für die Literaturen der Psychoanalyse und Kulturwissenschaften im Netz, findet sich neben dem Onlineshop mit über 2.000.000 lieferbaren Büchern und Medien zahlreiche weitere Rubriken, etwa unsere beiden Fachantiquariate, die Kunstabteilung und das Newsletterarchiv. |
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»Mark Edmundson spürt den sich immer wieder kreuzenden Wegen Sigmund Freuds und Adolf Hitlers am Vorabend des Zweiten Weltkriegs nach und wirft dabei ein neues Licht auf eines der heute drängendsten Probleme: die verlockung fundamentalistischer (populistischer) Politik und die Bedrohung, die von ihr für unsere Kultur ausgeht. (...)« Michael Pollan In seiner viel beachteten Freud-Biographie nimmt Mark Edmundson insbesondere die letzten beiden Lebensjahre des Begründers der Psychoanalyse in den Blick: beginnend mit dem Jahr 1938, das Freud - inzwischen schwer erkrankt - zunächst noch in Wien verbringt, ehe ihn die Nazis zur Emigration nach England zwingen. Schließlich die Ankunft in London, wo er sein letztes großes Werk vollendet und 1939 stirbt. |
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TagungskalenderUnser überregionaler Kalender zu Tagungen, Konferenzen und Symposien aus dem Bereich der Psychoanalyse |
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